Jekaterinburg: Wo Sonderbares auf Geschichte trifft

Jekaterinburg. Foto: : Getty Images/Fotobank

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Jekaterinburg, 33 Zugstunden östlich von Moskau hinter dem Ural gelegen, war Russlands erste Stadt in Asien. Während der Sowjetzeit trug sie den Namen Swerdlowsk und war ein Industriezentrum mit zahlreichen Fabriken, die Rauch und Smog in Unmengen ausstießen. Heute hat Jekaterinburg vor allem als der Ort traurige Berühmtheit erlangt, an dem der letzte russische Zar, Nikolaus II., und seine Familie und Dienerschaft 1918 von den Bolschewisten erschossen wurden.

Obwohl der Lonely Planet Guide über ein Defizit an billigen Unterkünften berichtet, haben wir über die Seite hostelbookers.com eine kleine Herberge namens Meeting Point in der Nähe des Zentrums gefunden. Die nette Empfangsdame in der kleinen Wohnung mit acht Betten klärte uns geduldig über alle möglichen Sehenswürdigkeiten auf.

Jekaterinburg ist eine Art Mischung zwischen den beiden größten Städten Russlands: Es vereint Moskaus Umtriebigkeit mit der vorrevolutionären Architektur, den Wasser- und den Grünflächen St. Petersburgs. Auf der asiatischen Seite des Urals scheinen die städtischen Behörden mehr Wert auf den Erhalt der historischen Holzbauten zu legen, die sich Seite an Seite an Hochhäuser und zweistöckige Bauten schmiegen. Jekaterinburg fühlt sich anders an als viele andere russische Städte.

Jekaterinburg ist eine Stadt, die zu langen Spaziergängen einlädt. Meine Freundin Juliet und ich sind dem Kanal entlang spaziert, wo einige interessante Kunstwerke ausgestellt sind. So sind wir zuerst an einer riesigen Tastatur aus Stein vorbeispaziert, wonach wir auf eine Beatles-Ecke gestoßen sind. Zwar bin ich mir nach wie vor im Unklaren darüber, weshalb es in Jekaterinburg ein den Beatles gewidmetes Denkmal gibt, doch es ist zweifellos ein schrulliges Schmankerl für eine attraktive Stadt.

In Jekaterinburg gibt es eine große Auswahl an verschiedenen Geschäften und Lokalen, die für Gäste aus Moskau als unglaublich preiswert erscheinen. Ein Mittagessen bestehend aus Salat, Pizza und Dessert hat uns für zwei Personen 350 Rubel (ca. 8,50 Euro) gekostet. In einer ziemlich leeren Bar hat uns der Kellner den Tipp gegeben, ein besseres Lokal ein paar Straßen weiter aufzusuchen. Die New Bar ist, wie der Name schon sagt, vor Kurzem eröffnet worden und bietet eine reichhaltige Auswahl an perfekt zubereiteten Cocktails.

Natürlich legen die vielen Transsib-Touristen nicht auf der Suche nach schrulligen Sehenswürdigkeiten oder kulinarischen Höhepunkte einen Stopp ein, sondern um den Ort zu besuchen, an dem die Zarenfamilie ihren Tod fand.

Das Ipatiev-Haus, in dem die Tat begangen worden war, wurde 1977 auf Anordnung von Boris Jelzin (damals Parteifunktionär in Swerdlowsk) abgerissen, um zu verhindern, dass das Haus zu einem Pilgerort werde. Heute steht am Ort des Kellers, in dem die Zarenfamilie erschossen wurde, eine große, schwer zu übersehende Kirche, stets brechend voll mit Pilgern.

Man kann sich nur schwer vorstellen, wie die Gegend in jener Nacht 1918 ausgesehen haben mag, da vom Haus nichts übrig geblieben ist. Dafür gibt es heute eine Krypta (an jener Stelle, wo sich der Keller des Ipatiev-Hauses befand) mit Schreinen für jedes der sieben erschossenen Mitglieder der Zarenfamilie und darüber eine orthodoxe Kirche. Die Kirche selbst ist groß, aber ansonsten nicht sehr bemerkenswert, außer dass darin die angeblich teuersten Ikonen des Landes aufbewahrt werden.

Für Liebhaber der russischen Geschichte ist auch der Ort Ganina Jama unweit von Jekaterinburg von Interesse. Genauso wie das Ipatiev-Haus, ist auch dieser Ort, an dem die Zarenfamilie begraben wurde, zu einer Pilgerstätte geworden – besonders nach der Heiligsprechung der Zarenfamilie durch die orthodoxe Kirche im Jahr 2000. Bus Nr. 17 verkehrt zwischen dem Bahnhof und dem Kloster; zudem werden dreistündige Touren mit Extrabussen angeboten.

Ganina Jama ist im Stil eines alten russischen Dorfes gebaut. Die Kirchen sind aus Holz gebaut und mit goldenen Kuppeln verziert, was dem ganzen eine märchenhafte Atmosphäre verleiht. Da dies ein funktionierendes Kloster ist, müssen Frauen Kopftücher und die Beine verdeckende Schürzen tragen (Hosen sind verboten, nur Röcke sind erlaubt). Durch das Kloster gibt es kostenlose Führungen, jedoch nur auf Russisch. Der Fokus dieser Führungen liegt eher auf religiösen als historischen Aspekten.

Interessanterweise gibt es beim Schacht, in dem die Familie begraben und mit Säure übergossen wurde, keinerlei Denkmäler, außer einem daneben stehenden Kreuz. Die Grabstätte selbst ist eine unscheinbare begraste Senke mit einem Blumentopf. Es ist nicht einfach, die Wichtigkeit dieses Ortes in seiner Gänze zu begreifen; die danebenstehenden glänzenden Kirchen lenken fast komplett von diesem Ort ab, den viele als einen der wichtigsten in der gesamten russischen Geschichte erachten.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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