Auf der Suche nach der schwindenden Tundra

In der Tundra lebt das indigene Volk der Nenzen,deren Lebensraum von Klimawandel und Zivilisation bedroht ist. Foto: Lori/Legion Media.

In der Tundra lebt das indigene Volk der Nenzen,deren Lebensraum von Klimawandel und Zivilisation bedroht ist. Foto: Lori/Legion Media.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf das sensible Ökosystem der Tundra aus? Deutsche Wissenschaftler suchen mit russischen Partnern im hohen Nordosten nach Antworten.

Das Sammeln von vitaminreichen Moltebeeren und der vergebliche Kampf gegen Mücken prägten den Alltag der Forscher, 5300 Kilometer nordöstlich von Potsdam. Im russischen Norden waren bis in den September mehrere Teams des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI) unterwegs.

Über Wochen in der Wildnis

Gemeinsam mit russischen Kollegen von der Nordöstlichen Föderalen

Fernsehberich über Jakutien


Eine Dokumentation über die Arbeit der deutschen und russischen Forscher wird im Dezember im RBB ausgestrahlt. Auf der Samoylow-Insel im Lenadelta nahe der Laptewsee war in diesem Sommer ein Fernsehteam des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) zu Gast und hat die Wissenschaftler bei ihrer Arbeit begleitet.

Herausgekommen sind eindrucksvolle Bilder vom ewigen Eis und über den Klimawandel. („Geheimnisse im Eis der Erde – Expedition in die sibirische Arktis"; 17. Dezember um 22.15 Uhr, RBB)

Universität in Jakutsk untersuchten sie seit Juli die Auswirkungen des Klimawandels auf die dortige Natur. Über Wochen lebten Professoren, Doktoranden und Studenten in der Tundra, nahmen Bodenproben, vermaßen Bäume und dokumentierten die Veränderungen. Ulrike Herzschuh, Juniorprofessorin für Paläoökologie und -klimatologie an der Uni Potsdam und Mitarbeiterin am AWI, bearbeitet derzeit die ersten Ergebnisse. Von besonderem Interesse ist für die Wissenschaftler aus beiden Ländern: Wie schnell verschiebt sich die Waldgrenze durch den Klimawandel in Richtung Norden? Laut Herzschuh sei dies insbesondere an der Meeresküste Jakutiens sehr deutlich zu beobachten: Zwischen Küste und Waldgrenze gebe es nur noch einen schmalen Tundrastreifen. „In absehbarer Zeit wird die Tundra in dieser Zone ganz verschwunden sein", so Herzschuh. Interessant für die Forscher sind jedoch auch die sogenannten Polygone, kleine Seen mit Erdwällen, die sich im Permafrost der Tundra aufgrund von Tauprozessen bilden und an Risse in ausgetrockneten Böden erinnern.

Deutsch-russische Zusammenarbeit mit Tradition

In der arktischen Region ist der Klimawandel in besonderem Maß spürbar. Aus diesem Grund existieren Pläne, in dem ebenfalls in der arktischen Region gelegenen Kreis der Jamal-Nenzen im Laufe der nächsten Jahre ein internationales Zentrum für Arktisforschung zu gründen. Neben der Permafrostnatur sollen dort auch die Fördermöglichkeiten von Erdöl, Erdgas und anderen Bodenschätzen unter extremen klimatischen Bedingungen erforscht werden.

„Nenez", von dem sich die Nenzen ableiten, bedeutet „der Mensch". Foto: Lori/Legion Media.


Die deutsch-russische Zusammenarbeit in Jakutien hat eine jahrzehntelange Tradition: Schon zu DDR-Zeiten brachen Forscher beider Länder zu gemeinsamen Expeditionen gen Norden auf. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion stemmte vor allem die deutsche Seite die Finanzierung, weil es in Russland an Geldern fehlte. Seit einigen Jahren teilt man sich die Kosten wieder. „Das hat den Projekten sehr gut getan", sagt Ulrike Herzschuh vom Alfred-Wegener-Institut.

Beide Seiten teilen sich auch die Auswertung der Proben: Die Bohrkerne aus dem Tundraboden werden nach Deutschland geschickt und untersucht. Die Bohrkerne aus den Bäumen, die Auskunft darüber geben, wann und wie schnell der Baum gewachsen ist, werden in Jakutsk ausgewertet. Die Daten tauschen die beiden Partner später aus.

Berichte von der Expedition gibt es unter dem „Expeditionsblog Tundrastorys" auf der Seite des AWI www.awi.de

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