Besucher des "Jahrmarkts am Eislaufplatz" am Roten Platz. Foto: ITAR-TASS
In einem gusseisernen Topf kocht ein köstlich aussehendes Hähnchen vom Bauernhof in einer Rotweinsoße. „Ist das wirklich Hähnchen? Oder doch Kapaun? Und welcher Wein ist das?", fragt ein anspruchsvoller Gast. „Was macht das für einen Unterschied?", ertönt es drängelnd von hinten. „Na, wenn auf dem Schild ‚Ferma‛, also Bauernhof, steht, dann muss das für alle Speisen gelten." Gespräche dieser Art kann man am Wochenende im Gorki-Park in der Schlange vor dem Imbissstand „Ferma" häufiger hören.
Alle Lebensmittel, die Maksim Liwsi, der Besitzer des Imbissstands „Ferma", für seine Gerichte verwendet, stammen aus seinem eigenen Laden „Ferma at Home". Diesen hat auch der Catering-Service „Williamsburg" für sich entdeckt. So kam es, dass Liwsi und Fjodor Tardatjan, die Gründer des Catering-Services, im Sommer zu Festivals in den Gorki-Park kamen, um Hamburger mit Rosmarin-Aioli und Maiskolben mit Manchego-Käse-Soße zur Stärkung hungriger Besucher anzubieten. Schließlich schlug man ihnen vor, dort einen eigenen Imbissstand zu eröffnen.
Irish Stew, gebratene Ente mit Dörrpflaumen und Truthahnfleischbällchen
„Williamsburg" befindet sich am Eislaufplatz des weitläufigen Gorki-Parks und verwöhnt seine Gäste mit Kakao, Hamburgern mit Hereford-Rindfleisch
Weihnachtliches Festival der kulinarischen Genüsse in Moskau
und Maissuppe mit mexikanischen Gewürzen. „Ferma" liegt auch nicht weit entfernt und lädt an Wochenenden stets zur Verkostung neuer Gerichte ein, die es zusätzlich zum normalen Menü gibt. Im Januar soll es Irish Stew, gebratene Ente mit Dörrpflaumen und Truthahnfleischbällchen mit Fenchel in Tomaten-Basilikumsoße geben – und das alles für rund 6 Euro pro Portion. „Wir haben uns eine außergewöhnliche Speisekarte ausgedacht, denn das war eine der Auflagen von Seiten der Parkleitung", erklärt Fjodor Tardatjan. „Das Streetfood der neuen Generation, das momentan die Parks und Eislaufplätze erobert, geht aus individuellen Projekten hervor, die vom normalen Fastfood wenig halten. Die Menschen vertrauen den Kettenrestaurants nicht mehr, sondern lieber den einzelnen Restaurants, in denen der Koch alles von Grund auf selbst zubereitet und sämtliche Kochetappen überprüft."
Der Gorki‑Park bietet eine reiche Auswahl an Imbissständen. So lockt beispielsweise „Vokker" Gäste mit einer Speisekarte an, deren Fokus auf Reis- und Nudelgerichten liegt und die in einer Pappbox mitgenommen werden können. „Chatschapuri" bietet den Parkbesuchern eine erlesene Auswahl an georgischem Streetfood wie das imeretinische Chatschapuri (warmes, mit Käse überbackenes Fladenbrot) oder Hühnchen im Teigmantel. In der Bar kann man sich auch mit heißem Wasser aus einem russischen Samowar etwa drei Dutzend erlesene Teesorten aufbrühen und diese noch mit hausgemachtem Sirup, Tannenzapfen, Fichtensaft oder Beeren versüßen.
Zuckerhahn am Stiel
Wer mit Schlittschuhen zum Roten Platz kommt, erhält als Belohnung den Olivier-Salat, Borsch und Boeuf Stroganoff, denn der „Jahrmarkt am Eislaufplatz" ist speziell für Touristen gedacht. „Viele kommen zum Roten Platz, um Geschenke und Souvenirs zu kaufen. Deshalb haben wir eben hier einen Jahrmarkt in russischem Stil errichtet, auf dem es eine traditionelle Bewirtung, nationale Kleidung und Spielsachen gibt", erklärt Natija Pchakadse, die Leiterin des Projekts. Gegenüber der Basilius-Kathedrale kann man zudem auch einen Kokoschnik, einen traditionellen Kopfschmuck für Frauen, für nur rund 18 Euro ergattern und am Ende der Kioskschlange lassen sich Walenki, traditionelle Filzstiefel, entdecken.
Neben den Verkaufsständen duftet es nach Kuchen, die nach „altrussischen Rezepten" gebacken wurden. Die großen sind mit Äpfel und Preiselbeeren, Brombeeren, Heidelbeeren, Hühnchen und vielem mehr gefüllt, und die kleinen mit weiteren Fleischsorten sowie Käse, Erdbeeren, Kirschen, Äpfeln und Zimt. Gebacken werden sie in einem kleinen Ofen, der in der Auslage des Standes steht. Zu den Kuchen werden noch Tee aus einem Samowar oder verschiedene Sorten Sbiten angeboten, ein traditionelles warmes Getränk, das beispielsweise mit Wacholder, verschiedenen Gewürzen, Beeren oder Minze zubereitet wird. Demnächst soll es auch Zuckerfiguren in Form eines Hahns am Stiel geben – genau so wie vor der Oktoberrevolution.
Palatschinken und Tschebureki im Park Sokolniki
Im Park Sokolniki ist man an die Organisation der winterlichen Gästebewirkung rational herangegangen. Jeder Imbissstand am „Bolshoi krug" (Großer Kreis), wo sich ein Eislaufplatz befindet, hat sich auf je eine Spezialität konzentriert. So verkauft ein Imbissstand Donuts, ein anderer Tschebureki (in Öl frittierte Teigtaschen mit Fleischfüllung), wieder ein anderer Palatschinken und ein weiterer Wraps mit Fleischfüllung.
Gegen Ende des Jahres soll auf dem Platz Fontannaja Ploschtchad das größte Projekt des Parks Sokolniki gestartet werden: das Restaurant „Four Kitchens". Zur Eröffnung wurde auf der Webseite des Restaurants ein Voting gestartet: Welche vier Küchen möchten die Besucher probieren? Gewonnen haben die amerikanische, europäische und panasiatische Küche. Der vierte Bereich ging an die Patisserie.
Die „mobilste" Küche ist scheinbar die amerikanische, denn Hamburger, Sandwiches, Pommes Frites und Maiskolben lassen sich ohne Probleme auf den Eislaufplatz mitnehmen. Reis und Nudeln mit Schweinefleisch in einer süß-sauren Soße oder mit Garnelen in Austernsoße, Hühnchen in Sahne-Curry-Soße und Lachs mit Ingwer lassen sich aber dank einer Pappbox auch ganz gut auf der Straße verzehren. Die europäische Speisekarte lockt mit Maultaschen, Ravioli und Wareniki. Wer diese gern unterwegs essen möchte, kann eine Einwegthermoschale nehmen, die das Essen für etwa zehn Minuten warm hält.
Der Garten eines Kleintransporters
Am Eislaufplatz im Ermitage-Garten lädt ein Café müde Eisläufer mit warmen Getränken und einer einfachen Speisekarte zum Verweilen ein. Das beste Streetfood lässt sich allerdings etwas weiter entfernt entdecken, in einem Kleintransporter mit der Aufschrift „Früchte der Natur". Dieser von der Firma „Delicatessen" konzipierte Imbissstand auf Rädern war den ganzen Sommer und Herbst über auf Festivals und Picknicks unterwegs und erhielt nun im Winter einen fixen Standplatz im Zentrum Moskaus.
Hier verwöhnt er seine Gäste nun mit Speisen wie Fischstäbchen aus Weißmeer-Kabeljau in feiner Panade, Hotdogs mit Würstchen, die von einem Bauernhof im Gebiet Tula stammen, Hähnchen-Confit, Kartoffelspalten mit Selleriesalz oder Pfannkuchen mit Ingwermarmelade. Wer aufmerksam die Facebook-Seite des Imbissstands „Früchte der Natur" verfolgt, kann auch schon einmal ein Gericht probieren, das die normale Speisekarte nicht enthält. Denn fast jedes Wochenende gibt es für neugierige Schleckermäuler spezielle Angebote wie warme Käsesandwiches, Kimchi und Speck oder französischer Toast mit Karamellkruste und Marmelade.
Halwa und Lebkuchen
Neben dem Springbrunnen "Kamennyj Tsvetok" ("Steinblume") am Allrussischen Ausstellungszentrum WWZ befindet sich ein Eislaufplatz, der von einem Jahrmarkt umgeben ist. Dort kann man neben Geschenken auch Essen kaufen und gemütlich kasachische Süßigkeiten sowie Lebkuchen aus Tula mit Tee oder Kaffee genießen.
Zudem gibt es dort auch etwas exotischere Süßigkeiten: „Ajgerim", Milchcreme mit Kognak umhüllt von einer Schokoladenglasur, „Gulder", Crème brûlée mit Rumaroma und gesüßter Kondensmilch sowie die nach Vanille und Erdnuss schmeckenden „Pesni Abaja" (Lieder Abais).
An einem blauweißen kleinen Haus hängt ein Schild mit der Aufschrift „Östliche Süßigkeiten", das ständig Naschkatzen zur Einkehr verführt, denn dort werden 20 Sorten Halwa aus einer azovischen Konditorei verkauft. Der köstlichste ist wohl der einem Soufflé gleichkommende Takhin-Halwa mit Pistazien, Mandeln und Lamberthaselnüssen oder mit Schokolade und Nusssorbet aus geriebenen Nüssen und in Honig eingelegten Trockenfrüchten. Guten Appetit!
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Vedomosti.ru
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