Georg Wilhelm Henning und Wassilij Tatischtschew gründeten die Stadt Jekaterinburg (links).
PressebildNoch bevor Katharina die Große in den sechziger Jahren des 18. Jahrhunderts massenweise deutsche Landsleute zur Erschließung des weiten Hinterlandes nach Russland holte, zogen bereits unterschiedlichste „Pioniere“ aus dem deutschsprachigen Raum in den Osten.
Der Ural war dabei stets die erste Station auf dem Weg ins wilde Sibirien. Peter der Große wusste die Abenteuerlust der Europäer zu schätzen und zu nutzen – er lud Fachleute verschiedener Spezialisierungen ein, um sein wachsendes Imperium, beispielsweise in Technik und Wissenschaft, auf den neuesten Stand zu bringen.
Georg Wilhelm Henning und Wassilij Tatischtschew. Foto: Lori/Legion-Media
Georg Wilhelm Henning, der sich in Russland später modisch in De Gennin umbenannte, ist ein solches Beispiel. Henning, geboren 1676 im Siegerland in Westfalen, absolvierte seine Ausbildung als Eisengießer noch in seiner Heimat. Später ging er nach Amsterdam und diente dort in der Armee, wo er für die Wartung der technischen Ausrüstung zuständig gewesen sein soll.
Zu ebenjener Zeit reiste Peter der Große durch Europa. Auf der Suche nach vielversprechenden Fachkräften traf er auf Henning und stellte diesen 1698 in seine Dienste. Nach dem Großen Nordischen Krieg gegen Schweden wurde Henning 1721 geologi scher Berater – und sein „Steckenpferd“ zur Karriere-Chance: die Metallverarbeitung.
Nach einem Jahr schon wurde er Chef der entstehenden Ural-Werke, der Eisenhütten, welche wiederum ein Jahr später, 1723, das Zentrum des von De Gennin und seinem Kollegen Wassilij Tatischtschew gegründeten Jekaterinburg bildeten. Der Name huldigte der mittlerweile regierenden Zarin Katharina I. sowie der Heiligen Katharina, der Schutzpatronin der Bergleute. Von der Fabrik- und Festungsstadt aus wurde die gesamte Region erkundet und erschlossen.
Nach seiner Rückkehr in die Hauptstadt allerdings wurden dem vom vielen Reisen physisch und psychisch angeschlagenen Forscher von seinem Vorgesetzten in der Medizinischen Kanzlei sämtliche Aufzeichnungen, selbst private, abgenommen und jegliche selbstständige Veröffentlichung verwehrt.
Die Archive der Russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg sollen bis heute viele von Messerschmidts Arbeiten, Skizzen und Tagebucheinträgen bergen. Erst 250 Jahre später wurden einige seiner Sibirien- Berichte verlegt.
Der Naturwissenschaftler Johann Georg Gmelin. Foto: Pressebild
Die meisten seiner Erkenntnisse sind deshalb über Arbeiten seiner Kollegen publik geworden. Ein besonders berühmter unter ihnen war der württembergische Naturwissenschaftler Johann Georg Gmelin. Im Rahmen der Zweiten Kamtschatkaexpedition oder auch Großen Nordischen Expedition war Gmelin zuständig für Botanik, Tierwelt und Bodenschätze und kannte seinen später erfolgreich in Göttingen verlegten Aufzeichnungen zufolge auch Messerschmidts Arbeiten. Über Jekaterinburg, welches er 1742 besuchte, schrieb Gmelin: „Innerhalb der Festung gab es schon über 400 Wohnhäuser, außerhalb der Stadtmauern bereits erste Vororte.“
Messerschmidt selbst versuchte später mit seiner Frau die Rückkehr nach Danzig, geriet jedoch in Seenot und starb letztlich vergessen und verarmt in Sankt Petersburg. Über den Pechvogel sagte der berühmte russische Naturwissenschaftler Wladimir Wernadskij über 100 Jahre später: „Messerschmidt war Deutscher, aber er hat sein ganzes Leben für Russland gegeben.“
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