Russische Tierschützer fordern endlich harte Strafen für Tierquäler. Foto: Shutterstock
Katzen mit ausgestochenen Augen, Hunde mit abgehackten Pfoten, Pferde, die bei lebendigem Leibe verbrannt wurden, ein Affe, der von einem Dompteur aus purem Sadismus halbtot geprügelt wurde – in Russland sind Tiere in Lebensgefahr. Artikel 245 des Strafgesetzes, der Tiere gegen Misshandlung schützen soll, wird kaum angewandt. Von Tausenden Fällen landen nur wenige vor Gericht. Ein Gesetz über den verantwortungsbewussten Umgang mit Tieren wird seit Langem diskutiert, ist aber noch immer nicht verabschiedet worden.
Ein Gesetz wird dringend gebraucht
Der Gesetzentwurf über Tierschutz wurde schon vor knapp 20 Jahren vorbereitet, aber seitdem hat sich nichts getan. Immer wieder werden Arbeitsgruppen gebildet und Initiativen entwickelt, doch vergeblich.
Im Moskauer Nikulin-Zirkus am Zwetnoj Boulevard trafen sich nun Mitglieder des Föderationsrats, dem Oberhaus des russischen Parlaments, mit Vertretern regionaler Vereine, die das Thema „Tierschutzgesetze: Probleme und Perspektiven" diskutierten. Dabei ging es nicht nur um Haus-, sondern auch um Wildtiere.
„Das Verhalten gegenüber unseren vierbeinigen Freunden muss sich ändern", sagte Ludmilla Bokowa, stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für den Staatshaushalt und Finanzmärkte im Föderationsrat. „Vor anderthalb Jahren hat das Oberhaus des Parlaments einen Gesetzentwurf in der Staatsduma eingereicht. Neu daran ist, dass Tiermisshandlung nicht nur als Ordnungswidrigkeit, sondern auch als Straftat zu verurteilen ist", so Bokowa. Tierquälern sollen endlich empfindliche Strafen drohen. „Tiermisshandlungen durch Rowdies oder aus Eigennutz sollen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden", erklärt sie. Auch verantwortungslose Tierhalter, die ihre Tiere als Waffe gegen andere Menschen missbrauchen, sollen künftig nicht mehr nur mit einem geringen Bußgeld davonkommen. Wer zum Beispiel sein Tier auf einen Menschen hetzt, soll künftig angemessen bestraft werden.
Keine Lobby für die Tiere
Leider ist über den Gesetzentwurf immer noch nicht verhandelt worden. Das hat mehrere Gründe. Einer liegt darin, dass Russland bislang noch nicht das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren ratifiziert hat, das es bereits seit 1987 gibt. Die ukrainischen Nachbarn hingegen sind längst einen Schritt weiter und haben Fakten geschaffen.
Beispielsweise wurde der Tierquäler Alexej Wedula aus Kiew, der bestialische Morde an Welpen verübt und seine grausamen Videos in soziale Netzwerke gestellt hat, zu vier Jahren Haft verurteilt.
In Russland ist der Tierschutz in Artikel 245 des Strafgesetzes geregelt. Er umfasst nicht alle Bereiche, in denen Tiere schutzbedürftig sind. Vor nicht allzu langer Zeit schockierte ein mit versteckter Kamera hinter den Kulissen im Zirkus von Sankt Petersburg gedrehter Film die Öffentlichkeit. Es war eindeutig nachzuweisen, dass Tiere gequält wurden, doch Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft blieben erfolglos.
Vertreter des Jugend-Tierschutzvereins in Dserschinsk im Gebiet Nischni Nowgorod sind zum Treffen mit den Parlamentsmitgliedern gekommen, um ihnen eine Geschichte zu erzählen, die deutlich macht, wie dringend notwendig eine Gesetzesänderung ist. Vor drei Jahren wurde dort wegen der afrikanischen Schweinepest ein ganzer Pferdestall niedergebrannt. Den Pferden wurden nicht einmal Blutproben entnommen, um sich davon zu überzeugen, dass sie wirklich eine Gefahr darstellen. Diese großangelegte Vernichtungsaktion spielte sich vor den Augen zahlreicher Zeugen ab, unter denen auch Kinder waren. Sie werden wohl kaum vergessen können, wie die Pferde bei lebendigem Leibe verbrannt wurden, und wie Tiere, die sich zu retten versuchten, mit Spaten totgeschlagen wurden. Alle Einwohner von Dserschinsk verlangten, dass die Mörder zur Verantwortung gezogen werden. Aber laut Bürgerrechtlern haben die Ordnungskräfte niemanden bestraft.
Ein Altersheim für Zirkustiere
Valentina Pantelejenko, die älteste Dompteurin von Braunbären in Russland, wies auf ein Thema hin, das ihr besonders am Herzen liege: das Schicksal ausgedienter Zirkustiere. Diese Tiere arbeiten bis zu 20 Jahren im Zirkus, erzählte sie, und würden, wenn sie nicht mehr gebraucht
werden, mit Strom getötet und zu Fellen verarbeitet. Ein unwürdiges Ende für die Artisten, findet Pantelejenko und schlug vor, für solche Tiere ein Heim zu errichten, in dem sie ihren Lebensabend verbringen können.
Für den vernachlässigten russischen Tierschutz gibt es kleine Hoffnungsschimmer. Kaluga hat als erste russische Region das Gesetz „Über die Regelung von einzelnen Rechtsverhältnissen im Bereich des verantwortungsbewussten Umgangs mit Heimtieren" verabschiedet. Tatjana Gontar, Vorsitzende der regionalen Abteilung des Tierschutzvereins „Fauna", die an der Vorbereitung dieser rechtsverbindlichen Norm unmittelbar teilgenommen hat, sagte, dass darin die Grundsätze für einen humanen Umgang mit Vierbeinern festgelegt worden seien. Dies könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein, um Tierquäler endlich zu bestrafen.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei der Zeitung "Moskowskij Komsomoljez".
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