Englisch und Deutsch: Die beliebtesten Fremdsprachen in Russland

Als wichtigste Sprache gilt laut Umfrageergebnissen Englisch (92 Prozent), gefolgt von Deutsch (17 Prozent), Chinesisch (15 Prozent) und Französisch (zehn Prozent). Foto: Alexey Kudenko / RIA Novosti

Als wichtigste Sprache gilt laut Umfrageergebnissen Englisch (92 Prozent), gefolgt von Deutsch (17 Prozent), Chinesisch (15 Prozent) und Französisch (zehn Prozent). Foto: Alexey Kudenko / RIA Novosti

Die Mehrheit der Russen ist überzeugt, dass es wichtig ist, Fremdsprachen zu lernen – das ergab eine aktuelle Umfrage des WZIOM. Englisch und Deutsch stehen hoch im Kurs, während Italienisch eher ein Ladenhüter ist. Bei der Sprachauswahl achten die Russen vor allem auf den beruflichen Nutzen.

Erstmals führte das Allrussische Zentrum für die Erforschung der öffentlichen Meinung (WZIOM) eine Umfrage zum Thema Fremdsprachenerwerb in Russland durch. Insgesamt nahmen 1 600 Personen aus 130 Orten teil. 92 Prozent der Befragten erklärten, dass in den Schulen Fremdsprachen unterrichtet werden sollten. In den größten Städten Russlands, Moskau und Sankt Petersburg, lag dieser Wert sogar bei 98 Prozent. Aber auch in den russischen Regionen finden lediglich vier Prozent der Befragten das Erlernen einer Fremdsprache überflüssig, in Moskau nur ein Prozent.

Fast drei Viertel der Russen (74 Prozent) erwarten, dass Fremdsprachenkenntnisse ihren Kindern und Enkelkindern Vorteile bringen werden. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen sind davon 82 Prozent überzeugt. Die meisten (81 Prozent) hatten einen höheren Bildungsabschluss. Der Anteil derer, die denken, dass Fremdsprachenkenntnisse für die kommenden Generationen keine Rolle spielen werden, lag in allen Gruppen unter fünf Prozent.

Als wichtigste Sprache gilt laut Umfrageergebnissen Englisch (92 Prozent), gefolgt von Deutsch (17 Prozent), Chinesisch (15 Prozent) und Französisch (zehn Prozent). Arabisch, Finnisch und Italienisch betrachten lediglich jeweils ein Prozent der Befragten als wichtige Fremdsprachen der Zukunft.

 

Englisch ist Pflichtsprache

Für Irina Jakuschewa, Professorin für Fremdsprachen an der Fakultät für Weltwirtschaft der Higher School of Economics, decken sich die Ergebnisse der Umfrage mit ihren Erfahrungen.  Englisch sei ohnehin verpflichtend, und darüber hinaus interessierten sich die Studenten tatsächlich vor allem für

Deutsch, Chinesisch, Französisch und Spanisch. „Seit dem Aufbau des Lehrstuhls hat sich die Nachfrage in jedem Jahr geändert. Für die zweite Sprache gibt es acht Wahlmöglichkeiten. Die Mehrzahl der Studenten entscheidet sich für Deutsch und Spanisch“, berichtet Jakuschewa.

Zur Jahrtausendwende sei Chinesisch noch stark nachgefragt worden, doch das Interesse sei seitdem deutlich zurückgegangen. „Die Absolventen haben festgestellt, dass es kaum Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, die interessant sind und mit denen sich auch Geld verdienen ließe. Diese Sprachspezialisten werden vor allem von kleineren Unternehmen gesucht, die keine großen Gehälter zahlen können“, erklärt Jakuschewa. Einige der Absolventen würden aber doch erfolgreich in China arbeiten.

Italienisch stößt bei den Studenten auf wenig Gegenliebe, obwohl italienischsprachiges  Personal gesucht werde und die Berufsaussichten gut seien, sagt Jakuschewa und gibt zu: „Wir müssen die Studenten schon sehr überreden, Italienisch zu studieren“.  Die Leitung der Universität habe darauf bestanden, Italienisch anzubieten. Zuletzt wurde auch Portugiesisch in den Lehrplan mit aufgenommen, aber auch für diese Sprache finden sich kaum Lernwillige. In der letzten Zeit gab es Vorschläge, das Sprachenangebot um Koreanisch, Hindi und Finnisch zu erweitern, doch mangels Perspektiven wurden diese Pläne verworfen.

 

Sprachen lernen nutzt beruflich und privat

Meist ließen sich die Studenten bei der Auswahl der Fremdsprache von ihrer Familie beeinflussen, doch einige träfen ihre Entscheidung auch aus pragmatischen Gründen, weiß Jakuschewa: „Deutsch wird oft gewählt, weil es schon lange und noch immer enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen

Russland und Deutschland gibt. Deutschkenntnisse werden als Arbeitsplatzgarantie betrachtet.“ Zudem wollten einige nach dem Studium noch ihren Master machen und das sei zum Beispiel in Deutschland und Spanien kostenlos oder zumindest deutlich preiswerter. Die Masterprogramme selbst würden zwar in Englisch durchgeführt, aber um auch im Alltag zurechtzukommen und Kontakte zu knüpfen, wollten die Studenten die Sprache des Gastlandes lernen.

Wer sich für Arabisch oder Japanisch einschreibt, dem wird an russischen Universitäten nicht viel zugetraut: „Diese Studenten schaffen den Abschluss oft nicht, sie sind wenig erfolgreich, nicht nur in den Sprachkursen, sondern auch in anderen Bereichen ihres Studiums“, verrät Jakuschewa und fügt hinzu: „Die Sprachenwahl ist für uns ein Indikator, um die weitere Perspektive eines Studenten vorauszusagen.“

Russen lernen Sprachen aber nicht nur für berufliche Ziele. Die Russin Nina erzählt, dass sie Sprachen lernt, um sich auf Reisen mit den Einheimischen austauschen zu können. Sie verfügt über Grundkenntnisse in Deutsch, Spanisch, Französisch und Italienisch. „Ich beherrsche diese Sprachen nicht gut“, gibt sie zu. „Aber man versteht mich und das reicht mir“, sagt sie. Semjon hat während seines Studiums Spanisch gelernt. Er hat auch nach der Universität damit weitergemacht, als Gedächtnistraining. Er lernt via

Skype mit einem Privatlehrer und schaut spanische Filme oder liest spanische Bücher. „Als ich jünger war, hatte ich ein besseres Gedächtnis, aber leider noch nicht so viel Lust, die Sprache zu lernen“, bedauert er. Oleg begann Deutsch zu lernen, weil er in Russland als Journalist gearbeitet hat und für die deutschsprachige Presse schreiben wollte.

Die exotischste Sprache, die von RBTH befragten Russen gelernt wird, ist übrigens Persisch. Wiktorija studiert unter anderem Politik des Mittelasiatischen Raums. Sie sagt, dass sie Persisch deshalb lerne, weil ihr der Klang der Sprache gefällt.

 

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