47 Tage vegan: Die Große Fastenzeit beginnt in Russland

Weder Fisch noch Fleisch, kein Alkohol und kein Sex: Für fast drei Millionen Russen steht für die kommenden sieben Wochen die Große Fastenzeit an. Damit bereiten sie sich für das wichtigste christliche Fest – Ostern – vor. Doch auch weniger Gläubige wollen ihre irdischen Genüsse einschränken.

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Auf die Pfannkuchen-Völlerei während der Masleniza folgt seit Montag die Große Fastenzeit – die längste und strengste ihrer Art. Wie die Presseagentur Interfax unter Berufung auf Meinungsumfragen des Lewada-Zentrums mitteilte, planen zwei Prozent aller Russen – das sind fast drei Millionen Menschen –, sieben Wochen lang bis zum 16. April streng zu fasten.

Wer den Fastenregeln streng folgen will, muss auf alle tierischen Produkte wie Fleisch, Eier, Fisch, Meeresfrüchte und Milcherzeugnisse sowie Öl verzichten. Am ersten und vorletzten Fastentag sollte man gar nichts zu sich nehmen, am zweiten Tag sind lediglich Brot und Wasser erlaubt. Ansonsten gilt an den meisten Tagen Alkoholverbot – nur am Wochenende ist ein wenig Wein erlaubt. Außerdem sind Rauchen, Sex, Fluchen und böse Gedanken tabu.

Den Umfragen zufolge wollen etwa 18 Prozent der Befragten zumindest einige Fastenregeln einhalten, beispielsweise ohne Fleisch und Alkohol auskommen. 30 Prozent der Russen sind bereit, ihren Alkoholkonsum in der Fastenzeit zu reduzieren, ohne sexuellen Kontakt können 15 Prozent auskommen und 19 Prozent erklärten sich bereit, in dieser Zeit auf Unterhaltung wie beispielsweise Fernsehen zu verzichten.

„Das Weihnachtsfasten und die Große Fastenzeit vor Ostern versuche ich mitzumachen, weil es aus meiner Sicht die Zeit ist, über sich selbst und seine Beziehungen zu anderen, zur Welt und zu Gott nachzudenken“, erzählt die junge Russin Tatjana Schramtschenko RBTH. Doch einfach ist das nicht: „In letzter Zeit fällt es mir schwer, allen Fastenregeln zu folgen – ich denke mehr ans Essen und weniger an meine innere Welt. Deswegen werde ich diesmal nicht auf die Lebensmittel verzichten, die in der Fastenzeit verboten sind, sondern auf die, die ich sehr mag. Das sind Süßigkeiten, Gebäck und Käse. Fleisch- und Milchprodukte esse ich sowieso selten. Und ich werde versuchen, öfter in die Kirche zu gehen, um mich selbst daran zu erinnern, wozu ich das Ganze auf mich nehme“, sagt Tatjana.

Fasten ist keine Diät

Damit handelt die junge Frau ganz im Sinne der russisch-orthodoxen Kirche. Die nämlich betont die Bedeutung des Fastens, etwa im Gegensatz zu einer Diät: „Es geht hier nicht einfach um den Verzicht auf Fleisch- und Milchprodukte oder Fisch während der Großen Fastenzeit. Durch den Verzicht stärken wir unseren Willen bei Kleinigkeiten, wir zeigen uns glaubenstreu und erklären uns bereit für die größeren Herausforderungen“, schrieb Erzpriester Maxim Koslow auf dem Portal „Prawoslawny Mir“ („Orthodoxe Welt“).

„Dabei ist zu beachten, dass die neuen Kräfte, die sich dank dem Verzicht aufs Essen oder Fernsehen entfalten, für das geistliche Leben und für andere Menschen verwendet werden“, heißt es weiter.

Manche Gläubige sind indes mit praktischen Fragen beschäftigt. Auf der Webseite pravmir.ru fragen einige beispielsweise, ob man Sojaprodukte verzehren dürfe. Ja, lautet die Antwort der Kirche, wenn medizinisch nichts dagegen spricht. Mehr noch – in Kirchenläden kann man Sojaprodukte kaufen, auch Wurst oder Würstchen. Die Kirche warnt jedoch: Sowohl in Menge als auch Qualität solle Maß gehalten werden. Und schiebt natürlich hinterher: „Zu vermeiden sind Leckerbissen oder andere Arten der Selbstbelohnung.“

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