Die deutsche Malerin Antje Majewski hat eine Science-Fiction-Geschichte entworfen, die uns von einem zukünftigen Museum und der Zeremonie der Übergabe eines Kunstobjektes erzählt. Foto: Pressebild
In dem großen Saal der Kaliningrader Kunstgalerie ist alles anders und ungewöhnlich: merkwürdige Töne erklingen irgendwo in der Ferne, eine Pappmaché-Skulptur schlängelt sich wie eine Liane empor an die Decke. Hinter jeder Ecke erwartet die Besucher eine neue Überraschung.
Die zwei deutschen Kuratoren, Angelika Stepken und Philipp Ziegler, arbeiteten seit 2011 an ihrem Projekt. Wie Stepken erzählt, ist der Name der Ausstellung „Future Perfekt“ doppeldeutig: „Es geht nicht um die perfekte Zukunft, sondern um die grammatische Zeitform, in der etwas gewesen sein wird. Es geht also um die Zukunft, die bereits in der Vergangenheit liegt.“
Von dem Ausstellungsraum in der Kaliningrader Kunstgalerie sind die beiden begeistert: „Das Projekt wird zum ersten Mal in einem so großen Raum
gezeigt“, sagt Philipp Ziegler bei einem ersten Rundgang und fügt hinzu: „Bisher haben wir die Ausstellung in mehreren kleineren Räumlichkeiten vorgestellt. Jetzt haben wir alle Arbeiten in einem Raum – das gibt uns Kuratoren neue Möglichkeiten, die Arbeiten in eine Beziehung miteinander zu setzen.“
Die 16 Künstler, die an diesem Projekt beteiligt sind, befassen sich auf ganz unterschiedliche Art und Weise mit der Zukunft. Sie kommen unter anderem aus Deutschland, Vietnam, Griechenland und Israel – das, was sie verbindet, ist die Kunst und die Stadt, in der sie ihre Kunst erschaffen: Berlin. Doch mehr auch nicht. „Future Perfekt“ versammelt ganz verschiedene Kunstformen, von interaktiven Installationen bis zu traditioneller Malerei und Fotografie. Und natürlich wird auch das Thema unterschiedlich behandelt: Jeder Künstler sucht nach seinem eigenen Weg in die Zukunft.
Wie wird die Zukunft?
Die deutsche Malerin Antje Majewski beispielsweise macht sich Gedanken über die Rolle der Kunst in der Zukunft. Welchen Platz wird die Kunst einnehmen? In welchen Formen wird sie existieren? Die Arbeit der Künstlerin besteht aus fünf Teilen, die alle diese Fragen aus verschiedenen Sichtweisen untersuchen. Majewski hat eine Science-Fiction-Geschichte entworfen, die uns von einem zukünftigen Museum und der Zeremonie der Übergabe eines Kunstobjektes erzählt. Die Künstlerin stellt sich eine reine, abstrakte Kunstform für die Zukunft vor. Es ist „das Wesen“, ein lebender Stoff, der sich selbst verdaut und die reine Existenz der Kunst als „Ding an sich“ metaphorisch zeigt.
Die Papiermaché-Skulpturenserie "Uncomfortable Objects" von Mariana Castillo Deball verfolgt das Verhalten von Orchideen und Bromelien, die an anderen Gewächsen hinaufklettern, aber keine Schmarotzer sind. Foto: Pressebild
Im Film „Die Probe“ von Clemens von Wedemeyer sieht man einen Politiker, der sich für seine erste Rede nach einer Wahl vorbereitet. Im Laufe des Films wird dem Zuschauer bewusst, dass er absagen wird. Der Film endet, wenn der Politiker auf die Bühne geht. Man hört den Applaus, aber es bleibt die Frage, was er sagen wird – bleibt er oder geht er? In diesem Moment befinden sich der Politiker und der Zuschauer wie Schrödingers Katze gleichzeitig in zwei möglichen Positionen. Es ist ein historischer Moment, in der die Zukunft entschieden wird.
Die Fotos von Armin Linke zeigen die Prozesse, die schon heute unsere Zukunft bestimmen, wie Globalisierung, Einfluss durch die Finanzmärkte und transnationale Produktionszusammenhänge. In seiner Kunst wird die Veränderung der wirtschaftlichen und natürlichen Landschaften dargestellt. Der Künstler stellt die Frage, ob es der einzige mögliche Weg der Entwicklung ist. Seine Fotografien zeigen, womit wir unseren Fortschritt bezahlen.
Die Fotos von Armin Linke zeigen die Prozesse, die schon heute unsere Zukunft bestimmen, wie Globalisierung, Einfluss durch die Finanzmärkte und transnationale Produktionszusammenhänge. Foto: Pressebild
Am Ausgang der Ausstellung befindet sich eine ausdrucksvolle Installation des vietnamesischen Künstlers Danh Wo. Zwei Fragmente aus Kupfer blitzen vor einer weißen Wand. Danh Wo kopiert seit Jahren die Freiheitsstatue in New York im Maßstab eins zu eins. Da man weiß, woher diese Formen stammen, überlegt man, von welcher Stelle der Skulptur diese Fragmente entnommen wurden. Der Künstler bietet uns mit der Freiheitsstaute ein ganz besonders globalisiertes Symbol an. Die Fragmente der Freiheitsstatue werden in Südasien hergestellt – bedeutet das, metaphorisch gesehen, dass das neue Konzept der Freiheit aus der dritten Welt kommen wird? Oder ist diese Zerstückelung, die das Fragmentarische ja auch ist, eine Entmythologisierung, weil frei zu sein heute nur eine Illusion ist?
Die Antworten auf diese Fragen gibt bis zum 9. November die Kaliningrader Kunstgalerie. Weitere Informationen über die Ausstellung „Future Perfekt“ sind im Internet auf der Webseite des ifa zu finden.
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