Heute vor 220 Jahren verstarb die berühmteste Herrscherin Russlands.
PressebildAm 2. Mai 1729 wurde im preußischen Stettin, heute die polnische Stadt Szczecin, Sophie Auguste Friederike von Anhalt-Zerbst in die Familie eines kleinen deutschen Fürsten geboren. Den Namen Katharina erhielt sie nach ihrer Konvertierung zum orthodoxen Glauben und der Verlobung mit dem russischen Thronfolger Peter III.
Peter III. regierte nicht lange: 1761 kam er an die Macht, betrieb jedoch eine preußenorientierte Politik und war sehr unpopulär unter den Adligen. Seine bescheidene und charmante Frau Katharina war hingegen sehr beliebt. 1762 versicherte sie sich der Unterstützung ihrer Garde und kurz danach wurde Zar Peter festgenommen und ermordet – wenn nicht auf Befehl Katharinas, dann zumindest mit ihrer Zustimmung. Mit der Erklärung, es sei „der echte und unübersehbare Wunsch aller Untertanen”, ließ sich Katharina schließlich zur Zarin Russlands krönen.
“Sie wurde ihr ganzes Leben lang von Machtgier heimgesucht und als sie endlich den Thron bekam, versuchte sie, diese Macht mit allen Mitteln zu behalten”, schrieb der Geschichtswissenschaftler Alexander Orlow über Katharina. Die frischgekrönte Zarin wollte alle Macht in ihren Händen vereinen: Mit einer Reform des Senats war dieser seiner Gesetzgebungsbefugnisse beraubt. Gleichzeitig wurde die Kirche säkularisiert und verlor ihr wirtschaftliches Gewicht.
Allerdings wollte Katharina II. keine Despotin sein. Genauso wie die anderen Herrscher des 18. Jahrhunderts war sie von der Idee des aufgeklärten Absolutismus fasziniert. Laut dieser besaß ein Monarch zwar alle Macht, herrschte aber stets zum Wohlergehen des Volkes.
Eine entscheidende Rolle für die militärischen Erfolge Katharinas spielten ihre hervorragenden Kriegsherren. Foto: Alamy / Legion-Media
Eines ihrer aufwändigsten Projekte wurde die Gründung der Legislativen Kommission, eines vorübergehenden Kollegialorgans im Russland des 18. Jahrhunderts. Die Kommission wurde mit der Erarbeitung eines Gesetzentwurfes beauftragt, der die Interessen aller Klassen unter ein Dach bringen sollte. Sogar die Abschaffung der Leibeigenschaft diskutierte man. Die Legislative Kommission wurde letztendlich ergebnislos aufgelöst. Geschichtswissenschaftler Orlow wertete dies als Zeichen, dass die Zarin besorgt gewesen sei, der Adel könne sich gegen sie auflehnen.
Die Herrschaft Katharinas nannte man „das goldene Jahrhundert für den russischen Adel“. Er wurde von der Wehrpflicht und Steuern befreit und durfte eigene Manufakturen bauen sowie Handel treiben. Die privilegierteste Klasse des Russischen Reiches war sehr gut ausgebildet, gehörte zur Militärelite und den höchsten Vertretern der Politik. Ihre Freizeit verbrachten die Adeligen auf großen Tanzabenden, die in riesigen Schlössern stattfanden.
Bauern machten die Mehrheit der russischen Bevölkerung aus und unter Katharina II. wurden sie der letzten Freiheiten beraubt: Jeder Gutsherr durfte seine Bauern ins Arbeitslager schicken und Bauern durften sich nicht über ihre Gutsherren beklagen. So wenig Freiheit für Leibeigene hatte es zuvor noch nie gegeben. Letztendlich führte dies zu den Bauernaufständen der 1770er-Jahre. Der größte Aufstand von 1773 bis 1775 wurde von Jemeljan Pugatschow angeführt. Alle Unruhen wurden letztlich jedoch niedergeschlagen.
Katharina führte nicht nur innerhalb des eigenen Landes erfolgreiche Kriege, sondern weltweit. Ihr Ziel war es, den Einfluss Russlands in Europa zu stärken. Unter Katharina II. wurde die Krim von der Türkei getrennt und zu einem Teil Russlands gemacht. Nachdem Polen unter Russland, Österreich und Preußen geteilt worden war, bekam Russland die Territorien der heutigen Ukraine, Weißrusslands, Litauens und Lettlands zugesprochen.
Eine entscheidende Rolle für die militärischen Erfolge Katharinas spielten ihre hervorragenden Kriegsherren. Zu ihnen zählten Alexander Suworow, einer der besten Heerführer in der russischen Geschichte, sowie Grigori Potjomkin, einer der Liebhaber der Zarin, der die russische Armee nach europäischem Vorbild reformierte.
Unter Katharina II. wurde die Eremitage mit üppigen Kunststücken – Gemälden, Zeichnungen und Plastiken – geschmückt. Heute gehört die Eremitage zu den größten Museen weltweit. Auf Einladung der Zarin kamen bekannte europäische Architekten nach Russland und bauten weltberühmte Paläste und Kirchen in Sankt Petersburg. Katharina gründete eine ganze Reihe von Berufsschulen und das erste Institut für Frauen.
Die Zarin selbst war künstlerisch begabt: Sie war Herausgeberin der Satirezeitschrift “Wsjakaja Wsjatschina” (Krimskrams), in der auch ihre eigenen Schriften veröffentlicht wurden. Katharina dichtete belehrende Komödien und stand im Briefwechsel mit den französischen Philosophen und Aufklärern Voltaire und Diderot. „Er und vor allem seine Werke haben meine Denkweise und meine Weltansicht beeinflusst”, schrieb Katherina über Voltaire. Der Philosoph hatte seinerseits großen Respekt vor der russischen Herrscherin und war nach heutigen Maßstäben ein PR-Agent der Zarin in Europa.
Laut vielen Legenden sei Katharina II. sehr pervers gewesen: Sie soll einige Hundert Liebhaber und sogar sexuellen Kontakte zu Tieren gehabt haben. Heute weiß man, dass an diesen Vorwürfen nichts dran ist. Es stimmt allerdings, dass Katharina sehr viele Liebhaber hatte, insbesondere nach dem Tod ihres Mannes. Laut dem Geschichtswissenschaftler Petr Bartenew belief sich deren Zahl auf 23.
Katharinas Liebhaber genossen großen Einfluss bei Hofe, bekamen teure Geschenke, vor allem Paläste und Grundstücke, und machten eine steile Karriere, der sie nicht immer gewachsen waren. Der letzte Liebhaber der Zarin war 22, als seine Beziehung mit der 60-jährigen Katharina begann. Diese Beziehung fand erst mit dem Tod der Herrscherin Russlands im Jahr 1796 ihr Ende.
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