Kunst in Ost und West: Ausstellung ohne ideologisches Contra

A model of the monument in the Mauthausen concentration camp, "O Germany, Pale Mother!" by Fritz Cremer at the opening of the exhibition, Facing the Future: Art in Europe 1945-1968, at the Pushkin State Museum of Fine Arts in Moscow.

A model of the monument in the Mauthausen concentration camp, "O Germany, Pale Mother!" by Fritz Cremer at the opening of the exhibition, Facing the Future: Art in Europe 1945-1968, at the Pushkin State Museum of Fine Arts in Moscow.

Vladimir Vyatkin/RIA Novosti
Kommunisten- und Kapitalisten-Kunst haben sich in Moskau getroffen. Erstaunlich, wie ähnlich sich die Beiden sind.

„Der Zukunft zugewandt. Europas Kunst 1945-68“ – diese Ausstellung im Moskauer Puschkin-Museum hat eine lange Vorgeschichte. Vor über vier Jahren hat sich der russische Künstler und Schriftsteller Maxim Kantor eines in den Kopf gesetzt: Zeigen, dass die Nachkriegskunst der UdSSR und des gesamten Ostblocks sich in ihrer Entwicklung von dem, was die westeuropäischen Künstler damals machten, praktisch nicht unterschied. Die Leiterin des Puschkin-Museums Marina Loschak und ihre Kollegin aus der Tretjakow-Galerie Selfira Tregulowa haben die Idee unterstützt. Die Partnersuche für ein derart großes, mehrteiliges Projekt wurde dem berühmten Berliner Kurator Dr. Eckhart Gillen anvertraut. Im vergangenen Jahr fand die Ausstellung dann im Brüsseler BOZAR und im Karlsruher ZKM statt.

Fritz Cremers „O Deutschland, bleiche Mutter“ (1961-1965) und „Treblinka“ (1966) des Russen Wadim Sidur (links im Hintergrund). / Vladimir Vyatkin/RIA NovostiFritz Cremers „O Deutschland, bleiche Mutter“ (1961-1965) und „Treblinka“ (1966) des Russen Wadim Sidur (links im Hintergrund). / Vladimir Vyatkin/RIA Novosti

Die Ausstellung sei „ohne die gewöhnlichen ideologischen Gegensätze zwischen freiem Westen und kommunistischem Osten“ gestaltet worden, schrieb „The Art Newspaper Russia“, sondern „als einheitlicher Raum“, wo gemeinsam nach einer neuen Kunstsprache zur Beschreibung einer neuen Realität gesucht worden sei, „einer Welt nach dem Horror des Faschismus, des GULAGs und Hiroshimas“. So korrespondieren beispielsweise die Arbeiten des deutschen Bildhauers Fritz Cremers „O Deutschland, bleiche Mutter“ und „Treblinka“ des Russen Wadim Sidur. Ihre Skulpturen gelten ein und demselben Trauma: dem Holocaust.

1963 erschafft der russische Maler Dmitri Krasnopewzew seine „Eingepackten Gegenstände“. Im selben Jahr malt sein bulgarischer Kollege Christo das „Päckchen“: Etwas in groben Stoff Eingewickeltes und von einer Paketkordel Zugeschnürtes. „Genau das gleiche Päckchen, nur die Technik ist anders. Dabei haben die beiden Künstler voneinander nie gehört“, sagt der Ausstellungskurator Gillen dem russischen TV-Sender „Perwyj kanal“.

Die "Streichholzschachtel" (1966) von Michail Roginski. / Puschkin-Museum MoskauDie "Streichholzschachtel" (1966) von Michail Roginski. / Puschkin-Museum Moskau

Dass die Pop Art in den Sechzigerjahren auch die Sowjetunion erreichte, dürfte fürs breitere Publikum eine Überraschung sein. „Nur statt der berühmten ‚Soup‘ von Warhol wurde die ‚Streichholzschachtel‘ von Roginski zum Symbol jener Zeit“, so die Korrespondentin des „Perwyj kanal“.

Heinz Mack, ein Bild aus der Zeitschrift der Gruppe ZERO (1961).\nPuschkin-Museum Moskau<p>Heinz Mack, ein Bild aus der Zeitschrift der Gruppe ZERO (1961).</p>\n
Wjatscheslaw Kolejtschuk, &quot;Mast&quot; (1966).\nTretjakow-Galerie Moskau<p>Wjatscheslaw Kolejtschuk, &quot;Mast&quot; (1966).</p>\n
 
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Vom ersten Weltraumflug des Menschen beeindruckt fangen westliche Künstler zu experimentieren an – mit Licht, Schal und Bewegung. So würden sich damals Zukunftstechnologien in die Kunst einmischen, erklärt der Kurator Danila Bulatow.

„Gegen Atomtod“ (1958) des ostdeutschen Malers Hans Grundig. / Eremitage Sankt Petersburg„Gegen Atomtod“ (1958) des ostdeutschen Malers Hans Grundig. / Eremitage Sankt Petersburg

Nach Picassos „Massaker in Korea“ (1951) wird die Kriegsbrutalität und vor allem die atomare Bedrohung zum gemeinsamen Leitmotiv für die Künstler in Ost und West. So entsteht „Gegen Atomtod“ des ostdeutschen Malers Hans Grundig (1958).

„Die Bauarbeiter“ (1951) von Fernand Léger. / Puschkin-Museum Moskau„Die Bauarbeiter“ (1951) von Fernand Léger. / Puschkin-Museum Moskau

Der Kampf für den Frieden spiegelt sich auch in den Zukunftsbildern der Künstler wider. Selbst für einen unvorbereiteten Ausstellungsbesucher sind sich „Die Bauarbeiter“ von Fernand Léger und „Die Friedensbaustellen“ von Alexander Dejneka (1959-60) sehr ähnlich.

„Die Friedensbaustellen“ (1959-60) von Alexander Dejneka. / Tretjakow-Galerie Moskau„Die Friedensbaustellen“ (1959-60) von Alexander Dejneka. / Tretjakow-Galerie Moskau

Die Moskauer Ausstellung ist im Vergleich zu Karlsruhe eine Kurzfassung: In Deutschland war die Exposition dreimal so groß. Der Dreh- und Angelpunkt der gesamten Präsentation sind der „Blaue Globus“ von Yves Klein und der „Blaue Segel“ des US-Amerikaners Hans Haacke. Die Idee hinter dieser Installation: Was morgen kommt, wissen wir nicht. Aber wir leben alle auf einem Planeten, unabhängig von Sprach- und Staatsgrenzen.

Der „Blaue Globus“ von Yves Klein und der „Blaue Segel“ des US-Amerikaners Hans Haacke sind die Symbole der Ausstellung. / Puschkin-Museum MoskauDer „Blaue Globus“ von Yves Klein und der „Blaue Segel“ des US-Amerikaners Hans Haacke sind die Symbole der Ausstellung. / Puschkin-Museum Moskau

Insgesamt werden über 200 Arbeiten von Künstlern aus 18 Ländern im Moskauer Puschkin-Museum präsentiert, darunter die Werke solcher Weltstars wie Pablo Picasso, Henri Matisse, Fernand Léger, Alexander Dejneka und viele andere. Bis 21. Mai ist die Ausstellung geöffnet.

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