Warum Alexander Puschkin starb: Fünf Fakten zu seinem Duell

Am heutigen Freitag jährt sich der Todestag Alexander Puschkins, dem Meister der russischen Literatur und Begründer der modernen russischen Literatursprache, zum 180. Mal. RBTH erinnert an fünf wenig bekannte Umstände des verhängnisvollen Duells vom 8. Februar 1837, das für Puschkin tödlich enden sollte.

1. Zwei Herausforderungen zum Duell                

"Alexander Puschkin's Duell mit Georges d'Anthes" von Alexej Naumow, 1884. / Freie Quellen "Alexander Puschkin's Duell mit Georges d'Anthes" von Alexej Naumow, 1884. / Freie Quellen

Georges d'Anthès, ein 25-jähriger französischer Offizier der russischen Garde, und Alexander Puschkin forderten einander zwei Mal zum Duell auf. Bereits im November 1836, einige Monate vor dem tragischen Duell, wollte Puschkin sich dem Zweikampf mit d'Anthès stellen, der nach Gerüchten der Petersburger Gesellschaft seiner Frau Natalja Gontscharowa nachstellte. Auslöser war eine anonyme Spottschrift an Puschkins Adresse, ein „Diplom des Ordens der Gehörnten“, das unmissverständliche Anspielungen auf die Untreue seiner Frau enthielt. Man konnte das Schreiben so auslegen, dass seine Gattin ihn mit dem Zaren betrog – angeblich nämlich hatte auch Nikolaus I. ein Auge auf Gontscharowa geworfen. Puschkin ging davon aus, dass der Verfasser des Briefs d'Anthès’ Adoptivvater, der niederländische Gesandte Baron van Heeckeren, sei und forderte d'Anthès zum Duell heraus. Der aber hielt bald darauf unerwartet um die Hand der Schwägerin Puschkins Katharina Gontscharowa an. Der Dichter zog daraufhin seine Aufforderung zurück.

Kurz nach der Hochzeit von d'Anthès und Katharina warfen erneut schmutzige Gerüchte einen Schatten auf die Familie Puschkin. Daraufhin schrieb der Dichter, der ein weiteres Mal van Heeckeren hinter dem Salonklatsch vermutete, diesem zornentbrannt einen bissigen Brief. In wenig schmeichelhaften Worten teilte er ihm mit, was er von ihm und seinem Adoptivsohn halte. Jetzt war es van Heeckeren, der erklärte, Puschkins Herausforderung zum Duell bestünde weiterhin.

2. Unbarmherzige Bedingungen

"Puschkin am Schwarzen Meer" von Ilja Repin und Iwan Aiwazowskij, 1877. / Pushkin-Museum Moskaui"Puschkin am Schwarzen Meer" von Ilja Repin und Iwan Aiwazowskij, 1877. / Pushkin-Museum Moskaui

Das Duell wurde am Rande Sankt Petersburgs ausgetragen: Die Duellanten begegneten sich am Tschornaja Retschka, dem „Schwarzen Flüsschen“. Die Bedingungen des Zweikampfes waren hart. Nicht mehr als zehn Schritte trennten die Duellanten. In anderen europäischen Ländern wurde zu dieser Zeit meist aus einer Entfernung von 25 bis 30 Schritten geschossen.

Als erster feuerte d'Anthès einen Schuss ab und verletzte Puschkin schwer am Bauch. Der fiel und schoss auf dem Boden liegend, seine Kugel aber streifte nur d'Anthès‘ rechten Arm. Zwei Tage nach dem Duell verstarb Puschkin.

3. Die Reaktion des Zaren

Duelle waren bereits seit Peter dem Großen verboten. Noch auf seinem Sterbebett konnte Puschkin über den Hofarzt Nikolaus I. eine Strafmilderung für seinen Sekundanten Konstantin Dansas erwirken. Dieser kam mit einer zweimonatigen Gefängnisstrafe davon.

Zar Nikolaus nahm sich der Familie des verstorbenen Dichters an: Er beglich Puschkins Schulden, veranlasste eine einmalige Hilfeleistung an die Familie in Höhe von 10 000 Rubel, richtete für die Witwe und ihre Töchter eine Altersversorgung ein und ließ die Söhne zum Pagendienst antreten.

D'Anthès wurde des Landes verwiesen und büßte seinen Offiziersrang ein. Seine Frau, Puschkins Schwägerin, begleitete ihn. Sie brachte vier Kinder zur Welt und starb 1843.

Zurück in Frankreich begann d'Anthès eine politische Karriere und arbeitete in geheimen Missionen für Charles Louis Napoléon in Russland, der ihn nach seiner Rückkehr zum Senator auf Lebenszeit ernannte. Einem überlieferten Zeugnis zufolge sagte d'Anthès, er habe dank seines Wegzugs aus Russland in seiner Heimat eine „glänzende politische Karriere“ machen können.

4. Die Rolle Natalja Gontscharowas

Natalja Gontscharowa (1812-1863). Ein Porträt von Wladimir Gau.  / RIA NovostiNatalja Gontscharowa (1812-1863). Ein Porträt von Wladimir Gau. / RIA Novosti

Nach Puschkins Ableben wurde wiederholt die Meinung vertreten, Puschkins Ehefrau Natalja Gontscharowa trage auf gewisse Weise eine Mitschuld am Tod des Dichters, weil sie den Gerüchten um ihre Affaire mit d'Anthès keinen Einhalt gebieten wollte oder diese nicht aus der Welt schaffen konnte. Auch die zwei berühmten russischen Dichterinnen Anna Achmatowa und Marina Zwetajewa belegten sie mit diesem Vorwurf. Achmatowa bezeichnete sie als „Kumpanin des Barons van Heeckeren und seines Sohnes in der Geschichte vor dem Duell“. Zwetajewa schrieb: „Nur eine Schönheit, einfach ein schönes Mädchen, ohne ein Korrektiv durch Verstand, Geist, Herz, Begabung. Die nackte Schönheit, tödlich, wie ein Schwert. Und – sie traf.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg tauchten in Paris zwei Briefe von d'Anthès aus dem Jahr 1836 auf. Er schreibt in ihnen von seiner Verliebtheit in die „reizendste Erfindung von Petersburg“. Ihr Mann sei „rasend eifersüchtig“, heißt es dort außerdem. Sie selbst erwidere seine Zuneigung, sei aber nicht bereit, wegen ihm „ihre Pflicht zu verletzen“.

Die Fachwelt ist sich bei der Bewertung der Briefe nicht einig. Einige Forscher gehen davon aus, dass die in den Briefen erwähnte Frau nicht Gontscharowa sei. Andere glauben, d'Anthès habe die Welt über seine Liaison mit der schönen Gontscharowa unbedingt in Kenntnis setzen wollen. Das sei ihm vor allem wichtig gewesen, um Gerüchte über eine homosexuelle Beziehung zu Baron van Heeckeren zu zerstreuen.

5. Der Duellant Puschkin

Georges d'Anthès, ein 25-jähriger französischer Offizier der russischen Garde, und Alexander Puschkin forderten einander zwei Mal zum Duell auf. / RIA NovostiGeorges d'Anthès, ein 25-jähriger französischer Offizier der russischen Garde, und Alexander Puschkin forderten einander zwei Mal zum Duell auf. / RIA Novosti

Das Duell mit d'Anthès war keinesfalls Puschkins erster Zweikampf. Der Dichter dürfte vor diesem Ereignis in mehr als 20 Herausforderungen involviert gewesen sein. Puschkin selbst forderte mindestens 20 Mal einen Kontrahenten zum Duell auf, er selbst wurde sieben Mal herausgefordert. Vier Zweikämpfe fanden statt, die übrigen konnten, meist durch das Eingreifen von Freunden des Dichters, abgewendet werden.

Erstmals wollte sich Puschkin im Alter von nur 17 Jahren duellieren. Er fühlte sich von seinem Onkel Pawel Hannibal in seiner Ehre verletzt, nachdem dieser ihm beim Tanz ein Mädchen ausgespannt hatte. Das Duell aber fand nicht statt, der Streit konnte bald durch eine Aussöhnung der Beteiligten beigelegt werden.

Puschkin galt als herausragender Schütze. Er schoss allerdings nie als erster und vergoss nicht einmal das Blut seines Gegners. Die einzige Ausnahme bildete das Duell mit d'Anthès.

IN BILDERN: Winterpromenade in der Romanow-Residenz Zarskoje Selo

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