A group of State Department announcers huddle around the microphone after the initial shortwave broadcast in Russian to Russia from New York City on Feb. 17, 1947. The announcers, Russian-born American citizens, are (front row) Boris Brodenov; James Schigorin; Elena Bates (seated); Victor Franzusoff; (rear row) Katherine Elene; Vladimir Postman and Tatiana Hecker. Sign in Russian on the microphone means "The Voice of the United States of America."
APEine Übertragung auf Russisch aus New York am 17. Februar 1947. Auf dem Mikrofon steht geschrieben: „The Voice of America“. / AP
“Hören Sie, hören Sie! Hier spricht New York! Sie hören die erste Radiosendung der „Voice of America“!” Diese Worte erklangen am 17. Februar 1947 aus sowjetischen Radiogeräten, ein Jahr nach dem Beginn des Kalten Krieges. „Voice of America“, auch „VOA“ genannt, war der erste amerikanische Radiosender, der tägliche Übertragungen auf Russisch einführte.
Bereits die erste Sendung formulierte die Aufgabe des Radiosenders klar: „den Zuhörern in der Sowjetunion das amerikanische Leben zu schildern” und die Freundschaft zwischen den zwei Völkern zu fördern. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion glaubte allerdings nicht an den Altruismus der USA und begann bereits 1948 damit, die Übertragungen zu stören.
Die sowjetische Einstellung war kompromisslos: Westliche Radiosender würden mit ihrer Propaganda Gehirnwäsche betreiben und sowjetische Bürger dürften sie deshalb nicht hören. Man baute im ganzen Land Störsender – spezielle Anlagen, die die Frequenzen der „feindlichen Stimmen” mit starken Signalen störten. Anfang der 1960er-Jahre existierten 1 400 solcher Anlagen.
Der Journalist Oleg Rogow, der in der Sowjetunion lebte, erinnert sich, dass die Störsender nachts schlechter funktionierten als tagsüber. Deswegen saßen jene, die alternative Informationen wollten, abends an ihren Radiogeräten und versuchten, die westlichen Frequenzen zu empfangen.
Alternativ konnte man westliche Radiosender außerhalb der Großstädte hören: Auf dem Land gab es weniger Störsender. Die „VOA“, das „Radio Free Europe“ und „BBC“ konnte man in Dörfern oder sogar am Strand verfolgen. Oder man kaufte ein Radiogerät, das auch kurzwellige Signale empfangen konnte, denn diese wurden nicht gestört. Solche Radiogeräte waren aber teurer als konventionelle, weshalb sie sich nicht jeder leisten konnte.
Die Karikatur mit dem Titel „Radio…aktivität“ erschien in der Zeitung „Sowjetestland“ im Januar 1970 als Teil einer sowjetischen Medienkampagne gegen die tägliche Ausstrahlung von „The Voice of America“./ AP„Amerikanische Radiosendungen sind kein Geschenk für die Welt. Es ist ein Propagandainstrument internationaler Politik. Es ist die Verbreitung demokratischer Werte”, meint der Medienanalyst Donald Jensen und erklärt, dass die „VOA“ sowie andere Radiosender damals ein bewusstes Mittel im Kampf gegen den Kommunismus waren.
„Feindliche Stimmen” wurden in der Sowjetunion als eine alternative Meinung wahrgenommen, die durchaus sehr interessant war. „Wir trauten sowjetischen Medien nicht, sowjetische Zeitungen waren langweilig und nutzlos. Natürlich war es spannender, die Stimmen von der anderen Seite zu hören, obwohl man sie ebenso als Propaganda einstufte”, erzählt Pavel Baldizyn, Professor an der journalistischen Fakultät der Moskauer Lomonossow-Universität.
Laut Baldizyn wurden die westlichen Radiosender auch von jenen kritisiert und angezweifelt, die sie gerne hörten und diskutierten. Schließlich war man an sowjetische Propaganda gewöhnt. „Und dennoch meinte man, das die Informationen der „VOA“ einigermaßen echt waren”, erzählt er. Das Portal Lenta.ru schreibt unter Berufung auf amerikanische Studien, dass von allen „feindlichen Stimmen” die „VOA“ am populärsten war: Der Sender erreichte etwa 30 Millionen Zuhörer wöchentlich.
Die „VOA“ war nicht nur wegen ihrer abweichenden politischen Haltung attraktiv. Zuhörer wollten westliche Frequenzen auch wegen ihrer musikalischen und literarischen Sendungen empfangen. Baldizyn erinnert sich, dass er während des Bereitschaftsdienstes beim Militär nachts die Lesungen aus „Archipel Gulag”, dem Roman des Dissidenten Alexander Solschenizyn, hörte. Dieser Roman wurde in Russland erst 1990 offiziell veröffentlicht.
Menschenrechtler Boris Pustynzev sieht in den „VOA“-Sendungen den Ursprung seiner Vorliebe für Jazz: „Swing, Bebop in seinen frühen Zeiten und so weiter: Ich konnte nicht einschlafen, bis ich die neue Folge nicht gehört hatte.”
Das Schicksal der „VOA“ war zu Sowjetzeiten eng mit den politischen Realitäten verbunden. Als sich die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen verbesserten, schaltete man die Störsender seltener ein oder gar vollständig ab. Dies begann während der Entspannungspolitik Ende der 1970er-Jahre und dauerte an bis die Sowjetunion in Afghanistan einmarschierte. Als die Beziehungen der beiden Supermächte deshalb eine neue Krise erlebten, wurden die Störsignale wieder verstärkt.
Unter Michail Gorbatschow hörte man auf, „feindliche Stimmen” zu bekämpfen: 1986 erlaubte ein Erlass des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der „VOA“ die Übertragung in der Sowjetunion. Nach weiteren fünf Jahren, 1991, zerfiel die Sowjetunion und die Popularität der einst verbotenen „VOA“ begann zu sinken. Es gab neue Informationsquellen und das Interesse an Radiosendungen nahm ab. Im Juli 2007 stellte die russische Redaktion der „VOA“ ihre Übertragungen ein und verlegte ihre Tätigkeit ins Internet.
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!