Die Twerskaja-Straße: Was es auf der Hauptstraße Moskaus zu entdecken gibt

Moskva Agency
Seit dem 18. Jahrhundert ist sie die Hauptstraße Moskaus – und hält diesen Titel bis heute, trotz des ständigen Wandels, dem die Twerskaja-Straße seitdem ausgesetzt ist. Neben vielen neuen Bauten gibt es aber noch immer viele historische Gebäude zu entdecken. Diese erzählen oft fantastische Geschichten über die Vergangenheit der Stadt.

Die Twerskaja-Straße ist eine der ältesten Straßen Moskaus. Bereits im 12. Jahrhundert verband sie die Stadt mit Twer, etwa 200 Kilometer nordwestlich von Moskau gelegen. So erhielt die Straße auch ihren Namen. Zwischen der Twerskaja und dem Kreml lag früher der Fluss Neglinnaja, der seit Anfang des 19. Jahrhunderts unterirdisch umgeleitet wird. Die Brücke über den Fluss führte bis dahin direkt zum Roten Platz, wo das übliche Marktleben tobte. Auch nachdem Sankt Petersburg zur russischen Hauptstadt wurde, fanden die Krönungen der russischen Zaren weiter im Kreml statt. Über die Twerskaja-Straße fuhren sie dann zu ihrer Residenz. Deshalb wurde die Twerskaja im 18. Jahrhundert zur Hauptstraße der Stadt – und hält diesen Status bis heute.

RBTH berichtet von den interessantesten Sehenswürdigkeiten auf der Twerskaja-Straße, die jeder Tourist in Moskau unbedingt besichtigen sollte.

Das Hotel National und die Staatsduma

Die Staatsduma / Konstantin Kokoshkin/Global Look PressDie Staatsduma / Konstantin Kokoshkin/Global Look Press

Direkt am Beginn der Twerskaja-Straße, ganz nah beim Kreml, fallen Besuchern sofort zwei Gebäude auf, die in ihrer Entstehung nur 30 Jahre auseinanderliegen und dennoch sehr unterschiedlich sind – wie die Epochen, die sie repräsentieren. Wenn man mit dem Rücken zum Kreml steht, kann man auf der linken Seite der Straße das Hotel National sehen – eines jener luxuriösen Hotels der Stadt, die Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden. Auf der rechten Seite befindet sich das Symbol der sowjetischen Macht: das Haus des Rates für Arbeit und Verteidigung, in dem heute die Staatsduma tagt.

Das Hotel National / Konstantin Kokoshkin/Global Look PressDas Hotel National / Konstantin Kokoshkin/Global Look Press

Seine Türen öffnete das Hotel 1903 und obwohl die Preise hoch waren, war das National sehr gut besucht. Neben der günstigen Lage und dem luxuriösen Interieur war auch die technische Ausstattung wichtig: Das Hotel verfügte über elektrische Fahrstühle, Telefonanschlüsse und eine Dampfheizung. Im National wohnten einflussreiche Industrielle und ausländische Botschafter sowie die damaligen Berühmtheiten – vom Schriftsteller Iwan Bunin bis zur Balletttänzerin Anna Pavlova. Nach der Revolution war auch Revolutionsführer Lenin im National zu Gast.

Dem Hotel gegenüber befindet sich ein bedeutendes Symbol der Sowjetunion: ein riesiges Gebäude der heutigen Staatsduma mit konstruktivistischen Fassaden. Um es zu bauen, riss man eine alte Kirche und Gemächer aus dem 17. Jahrhundert ab und baute von 1932 bis 1935 an ihrer Stelle das Paradebeispiel eines sowjetischen Regierungsgebäudes. In einem Reiseführer aus dem Jahr 1937 wird es als eines der schönsten Gebäude im neuen Moskau bezeichnet.

Sawwinskoje Metochi: Das umgezogene Haus (Haus 6, Gebäude 6)

/ Legion Media/ Legion Media

Das architektonisch faszinierende Haus mit seinem einzigartigen Schicksal befindet sich im Hof des Hauses 6. Um es zu sehen, muss man deshalb durch einen Torbogen gehen. Satteldach, Türme an den Gebäudeecken und bunte Kacheln auf der Fassade – dieses Mietshaus gehörte einst zum Sawwino-Storoschewski-Kloster. Gebaut wurde es Anfang des 20. Jahrhunderts im damals populären pseudorussischen Stil, so dass manche Dekorelemente an Gemächer aus dem 16. und 17. Jahrhundert erinnern. Im Haus konnte man eine Wohnung oder ein Büro mieten.

1939 stand das Gebäude neuen Bauplänen im Weg. Es wurde jedoch nicht abgerissen, sondern um 50 Meter in die Tiefe des Viertels verschoben. In Moskau war das damals ein übliches Verfahren: Etwa 70 Häuser wurden auf diese Art und Weise „umgezogen“. Das Sawwinskoje Metochi war dabei der komplizierteste und wortwörtlich schwerste Fall – es galt, ein Gewicht von 23 000 Tonnen zu verschieben. Für den „Umzug“ musste keiner der Bewohner ausziehen, die Verschiebung wurde mehrere Monate lang vorbereitet und über Nacht durchgeführt. Eine Legende besagt, dass ein Kind in einer der Wohnungen in der Nacht vor dem Umzug einen Turm aus Bausteinen baute – und dieser Turm auch nach der Aktion noch völlig intakt war.

Das Haus des Generalgouverneurs oder das Gebäude der Moskauer Stadtverwaltung (Haus 13)

 Tverskaya Square, fountain, Moscow, Russia. / Konstantin Kokoshkin/Global Look Press Tverskaya Square, fountain, Moscow, Russia. / Konstantin Kokoshkin/Global Look Press

Das rote Haus mit seinen Säulen war einst nur halb so groß wie heute – und die dort veranstalteten Bälle wurden von Gästen aus ganz Moskau besucht. Das Gebäude wurde 1782 vom berühmten Architekten Matwej Kasakow für den Grafen und Moskauer Generalgouverneur Tschernyschew gebaut. Nach dem Tod des ersten Inhabers wurde das Haus von der Stadt gekauft und ist seitdem die Residenz des Moskauer Gouverneurs. In den 1930er-Jahren, während einer Erweiterung der Twerskaja-Straße, wurde das Gebäude ebenfalls verschoben – allerdings nur um 13,5 Meter. Die Aktion ging sehr schnell über die Bühne: Innerhalb von 41 Minuten war die Arbeit erledigt. Anschließend baute man noch zwei Stockwerke an, damit das Haus neben seinen neuen Nachbarn repräsentativ wirkte.

Das Sytin-Bürohaus (Haus 18)

/ Legion Media/ Legion Media

Es ist eines der schönsten Beispiele des Jugendstils in Moskau. Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte das Haus Iwan Sytin, einem der berühmtesten Verleger der Hauptstadt, und beheimatete die Redaktion seiner Zeitung „Russkoje Slowo“ (Das russische Wort). Nach der Revolution nutzte die Redaktion der Zeitung „Izwestija“ (Nachrichten), eines der wichtigsten Medien in der Sowjetunion, das Haus, bis sie ihr eigenes Gebäude bekam. 1979 wurde das Gebäude, das inzwischen von neuen, im Konstruktivismus errichteten, Bauten für die Zeitung „Izwestija“ verdeckt wurde, um 30 Meter zur Seite verschoben. Sein außergewöhnliches Dekor blieb dabei zum Glück erhalten.

Englischer Club (Haus 21)

/ Legion Media/ Legion Media

Es ist das einzige historische Gebäude der Straße, dessen Erscheinungsbild bis heute unverändert geblieben ist. Die Residenz mit ihrem prachtvollen Vorhof und einem mit Löwen geschmückten Steinzaun wurde Ende des 18. Jahrhunderts errichtet, die Fassade jedoch erst nach dem Napoleon-Krieg und dem Brand von 1812 vollendet. 1831 begann eine wichtige Periode in der Geschichte des Hauses, als der Englische Club dort einzog. Dieser war ein Eliteverein, dem alle jungen Männer Moskaus beitreten wollten. Das Motto des Clubs lautete „Concordia et laetitia“ – Eintracht und Freude. Es wurde viel gefeiert, Karten gespielt und zu politischen Themen debattiert. Der Verein hatte etwa 400 Mitglieder und weitere 1 000 Männer warteten darauf, aufgenommen zu werden. Neue Mitglieder brauchten ein Empfehlungsschreiben und wurden im Rahmen einer geheimen Abstimmung gewählt. Heute befindet sich in dem Gebäude das Museum der zeitgenössischen Geschichte Russlands.

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