50. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution / Igor Rodin
Die Geschichte der Etiketten auf Zündholzschachteln begann schon im zaristischen Russland: 1837 nahm in Sankt Petersburg die erste Fabrik ihre Arbeit auf. Schon 1913 gab es 115 Fabriken mit etwa 22 000 Arbeitern. Zunächst wurden die Etiketten zweckgemäß genutzt: Die Besitzer der russischen Zündholzfabriken druckten darauf ihre Adressen sowie Informationen über die Qualität und die beabsichtigte Verwendung der Streichhölzer.
60. Jahrestag sowjetischer Filmindustrie / Igor Rodin
Doch nach der Revolution veränderten sich die Abdrucke auf den Zündholzschachteln inhaltlich, um einem neuen Zweck zu dienen: Man begann, ideologische Aufrufe und Slogans darauf zu veröffentlichen.
Sowjetische Motorräder / Igor Rodin
Während der Sowjetzeit entwickelte sich die kleine und oft noch per Hand ausgeführte Produktion zu einer hochmechanisierten Industrie. Anfang 1964 führte die Sowjetunion die weltweite Streichholzproduktion an.
Die 6. Weltfestspielen der Jugend und Studenten 1957 in Moskau. / Igor Rodin
Die massenhafte Nutzung der Etiketten für Botschaften begann erst 1957, als 34 000 Teilnehmer aus 131 Ländern zu den 6. Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Moskau zusammenkamen.
Die Olympischen Sommerspiele 1980 / Igor Rodin
Sowjetische Streichholzetiketten wurden mit der Zeit zu Kunstwerken. Typisch sowjetische Themen inspirierten die Künstler dabei: Weltraumforschung, russische Symbole wie der Kreml oder das Ballett, die bolschewistische Revolution und die Olympischen Sommerspiele 1980.
Die berühmten sowjetischen Sehenswürdigkeiten / Igor Rodin
Sowjetische Designer versuchten auch, verschiedene Traditionen der russischen Kultur zu zeigen. Solche Zündholzschachteln wurden meist für den Export gefertigt und waren im Land selbst schwer zu finden.
/ Igor Rodin
In der Sowjetunion gab es zudem Zündholzschachteln nur für die Elite, die nicht offen verkauft wurden. Eine dieser Serien, die dem russischen Wald gewidmet wurde, konnte man nur in speziellen Einzelhandelsgeschäften wie Berjoska finden. Andere wurden nur unter der sowjetischen Partei- und Staatselite verteilt. Sie wurden von Ministern, Regierungsbeamten und den Mitgliedern der Kommunistischen Partei benutzt.
Die sowjetische Jugendorganisation Komsomol / Igor Rodin
Zu Sowjetzeiten gab es 24 Fabriken für die Streichholzproduktion, doch nur wenige von ihnen, wie zum Beispiel das Werk Balabanowskaja in der Region Kaluga, entwarfen und druckten die legendären Etiketten selbst. Solche Werke hatten Sonderabteilungen für Maler, die für die Entwürfe der Etiketten zuständig waren. Leider schlossen beinahe alle dieser Fabriken in den 1990er-Jahren.
Die Völker der UdSSR / Igor Rodin
In der UdSSR wurde die Phillumenie, das Sammeln von Streichholzpackungen, im Gegensatz zu Münzkunde stark gefördert. Da man über Zündholzschachteln wegen derer weiten Verbreitung Millionen von Sowjetbürgern erreichen konnte, wurden sie zu einem neuen Medium.
Neujahr / Igor Rodin
Daher wurden die Etiketten einer strengen Zensur unterworfen. Bis Mitte der 1950er-Jahre musste jeder Entwurf von den Behörden genehmigt werden. Später, als die Zensur gemildert wurde, erschien eine Menge kleiner Meisterstücke, die man allen Lebensbereichen der sowjetischen Gesellschaft widmete: von Alltagsgegenständen bis zum ersten bemannten Flug ins All.
Juri Gagarin, erster Mensch im All / Igor Rodin
Schwarz-weiß oder mehrfarbig, ob als Souvenir oder Werbung, wurden die Zündholzschachteln in der Sowjetunion nicht weggeworfen, sondern gesammelt, sorgfältig betrachtet und untereinander getauscht.
Sehenswürdigkeiten der Stadt Penza / Igor Rodin
Mit dem Zerfall der Sowjetunion wurde das Sammeln von Streichholzpackungen seltener. Erst in diesem Jahrtausend, dank dem steigenden Wohlstand der Bevölkerung und der Verbreitung des Internets, erlebt die Phillumenie in Russland eine Wiedergeburt.
Eishockey / Igor Rodin
Die Preise für sowjetische Streichholzpackungen sind in der Regel nicht besonders hoch. Die teuersten kosten heute etwa 10 000 Rubel, knapp über 140 Euro. Dabei gilt: Je älter die Schachtel, desto besser. Etiketten, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden, sind bei Sammlern besonders begehrt.
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