Russische Rentnerin erobert die Welt – und die Herzen ihrer Mitbürger

Eine 89-jährige Jelena Jerchowa bereist die Welt und wird über Nacht zum Star.

Eine 89-jährige Jelena Jerchowa bereist die Welt und wird über Nacht zum Star.

Ekaterina Papina
Die 89-jährige Jelena Jerchowa besuchte Vietnam und Israel und wurde in Russland zu einem Star. Die nächste Reise, dann 90-jährig, ist bereits in Planung. RBTH hat mit ihr gesprochen.

Eine 89-jährige Jelena Jerchowa bereist die Welt und wird über Nacht zum Star. Foto: Ekaterina Papina Eine 89-jährige Jelena Jerchowa bereist die Welt und wird über Nacht zum Star. Foto: Ekaterina Papina

„Ich fange jetzt erst an, vollwertig zu leben“, scherzt die 89-jährige Jelena Jerchowa aus Krasnojarsk, Sibirien, 3 350 Kilometer östlich von Moskau. Die alte Frau bereist die Welt, indem sie monatlich 10 000 Rubel, 144 Euro, von ihrer Rente zur Seite legt. Insbesondere ihre Lebendigkeit bringt Menschen dabei zum Staunen.

Warum erst jetzt?

Als Jelena jung war, hatte sie keine Zeit und Gelegenheit zu reisen. Als sie 15 Jahre alt war, fiel Deutschland in die Sowjetunion ein. Die junge Kolchosin begann, in den rückwärtigen Diensten zu arbeiten. Nach dem Krieg war es an der Zeit, das verwüstete Land wiederaufzubauen. Als der Eiserne Vorhang fiel, konnte die Mehrheit der sowjetischen Bürger von Reisen in kapitalistische Länder nur träumen. Im Laufe der Jahre konnte Jelena so lediglich die Sowjetunion bereisen. Sie war in Sankt Petersburg, Litauen und Kasachstan. Außerhalb der ehemaligen Sowjetunion zu reisen, begann Jerchowa erst im Alter von 83 Jahren. Diese Gelegenheit hätte sie dank Rente und Freizeit auch früher ergreifen können, doch die Entscheidung dazu fiel erst spät.

Von Tschechien bis nach Israel

 

Jelena erhält als Arbeiterin im Großen Vaterländischen Krieg eine höhere Rente, züchtet Blumen zum Verkauf und erhält Strickaufträge. Sie legt monatlich Geld zur Seite und ist einmal im Jahr auf der Suche nach einem Abenteuer. Jelena verreist „altmodisch“, ohne Handy, aber dafür mit einer Fotokamera und einem Rucksack. Sie bevorzugt Flugzeuge. „Früher hatte ich Angst, denn ich bin nie geflogen. Heute habe ich mich daran gewöhnt, es macht sogar Spaß. Die Angst ist weg“, sagt sie.

 

„Baba Lena“, wie sich Jelena zu nennen pflegt, reist am Öftesten in die Tschechische Republik. In Karlsbad (Karlovy Vary) war sie bereits fünf Mal. „Ich kenne mich dort mittlerweile besser aus als in Krasnojarsk", lacht Jelena. „Hier laufe ich von Zuhause zum Einkaufen. In Karlsbad gibt es viel mehr interessante Sachen.“ Am berühmten tschechischen Erholungsort wollte „Baba Lena“ ihre Gesundheit stärken und lernte neue Freunde kennen – russische Migranten aus Deutschland. Im darauffolgenden Jahr flog Jelena nach Deutschland. Dort gefielen ihr die Geschäfte und die Auswahl an Lebensmitteln. Das ist kein Wunder, denn Jelena erlebte den Krieg, die Hungersnot, das System der Lebensmittelkarten der Nachkriegszeit sowie den ständigen sowjetischen Warenmangel. 

Die aktive Dame wurde nicht nur in Deutschland herzlich empfangen. Auch in anderen Ländern wurden Menschen auf Jelena aufmerksam. Sie halfen ihr dabei, die Sehenswürdigkeiten zu besuchen, luden sie zum Essen ein und fuhren sie durch die Gegend.

Medienrummel um Jelena

Foto: Ekaterina Papina
Foto: Ekaterina Papina
 
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Nach einem solchen Treffen wurde Jelena in Russland berühmt. Jekaterina Papina aus Moskau machte in Vietnam Urlaub und traf Jelena beim Frühstück im Hotel. Die Touristinnen kamen ins Gespräch und die beeindruckte Jekaterina half der älteren Dame dabei, ihren Urlaub maximal auszuleben. „Baba Lena“ fuhr Moped, trank Cocktails und probierte heimische Spezialitäten. Als sie zurück nach Russland kam, stand sie plötzlich im Mittelpunkt. Die begeisterte Papina schrieb auf Facebook über „Baba Lena“ und in zwei Wochen wurde ihr Beitrag 15 000 Mal geteilt. Seitdem wird die Reisende von Journalisten belagert, sie stehen an der Tür und rufen sie an. Doch Jelena ist nicht verärgert: „Ich finde es schön, dass man mich im ganzen Land berühmt gemacht hat", gibt sie zu.

„Baba Lena“ besitzt nun Instagram- und Facebook-Accounts. Betreut werden sie von Journalisten und ihrem Enkelsohn. Reiseveranstalter boten dem neuen „Star“ günstige Reisen an, die Sberbank versprach ihr die besondere EC-Karte „Aktives Alter“ und eine Reise an einen beliebigen Ort der Welt. „Baba Lena“ reiste nach Israel, ging baden und ritt ein Kamel. An ihrem 90. Geburtstag möchte Jelena nach Italien oder in die Dominikanische Republik. „Da soll es wie im Paradies sein", sagt sie.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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