“Für alle Fälle!”, das bekommen Sie auch zur Antwort, wenn Sie Ihren russischen Bekannten fragen, warum er einen einzelnen Holz-Ski auf seinem Balkon aufhebt. Wozu? Vielleicht als Feuerholz oder um einen Vampirangriff abzuwehren? Nein, oft spielt der emotionale Wert der Dinge eine größere Rolle als ihr faktischer Nutzwert. Wer sich zu Sowjetzeiten Ski leisten konnte, der gibt sie auch ein Viertel Jahrhundert nach dem Zerfall der UdSSR so schnell nicht wieder her.
Zu Sowjetzeiten waren 32-kg-Hanteln extrem populär – für die tägliche Fitness. Fast jeder Sowjetmann hatte eine oder zwei davon zuhause. Damals glaubte man auch noch, dass das genutzte Metall einmal noch von wert sein könnte. Und so liegen die Kugelgewichte oft heute noch in einer dunklen Ecke des heimischen Balkons und warten auf ein neues Fitnessprogramm.
Ob zum Gemüse einmachen, Pilze einlegen oder Marmelade einkochen: die Einmachgläser sind heute wie gestern gefragt bei den Russen. Sie werden zwar auch in Massen im Supermarkt verkauft, aber viele sammeln sie einfach von den Vorjahren auf dem Balkon.
Jeder russische Balkon braucht einen alten Kühlschrank: Nicht ans Stromnetz angeschlossen, ist er eine perfekte Aufbewahrungsvariante für gefüllte und leere Einmachgläser (siehe Punkt 3), Socken und vieles mehr.
Laut einem alten russischen Sprichwort sollte man niemals Radios oder Fernsehapparate wegwerfen. Obwohl das heute, wo es doch alles zu kaufen gibt, nur noch ein Scherz sein dürfte, sammeln sich in vielen russischen Familien doch noch immer auch solche technischen Geräte auf dem Balkon an.
Gibt es etwas Nützlicheres als in steinharter Farbe eingetrocknete Malerpinsel? Wohl kaum. So lagert alles auch über Jahre und mit einem Spritzer Lösungsmittel können die Renovierungsutensilien auch nach Jahrzehnten noch benutzt werden.
Auch in der Großstadt könnte man ja mal Holz hacken müssen, nicht? „Für alle Fälle“ sollte man also auch eine Axt im Hause – oder wenigstens auf dem Balkon – haben.
Kaum noch jemand verwendet zum Wäschewaschen Waschseife. Aber falls doch mal das Waschpulver ausgehen sollte, hat man „für alle Fälle“ doch immer noch große Kisten voll Waschseife auf dem Balkon stehen. Man weiß ja nie…
“Für alle Fälle”… mehr gibt es hierzu wohl kaum zu sagen.
Im Russischen gibt es diese wunderbare Phrase “Neprikosnowennyj sapas”, kurz EnEs: „unantastbare Notfallreserven“. Und genau diesen legt man möglichst auf dem Balkon an – auch mit Gewürzen, Grundlebensmitteln uns allerlei anderem überlebenswichtigen Kram.
Wenn Sie das nächste Mal in Russland sind, achten Sie mal auf die Balkons! Sie werden viele Überraschungen erleben!
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