Russisches Modelabel: Mit Boho-Schick in die Kirche

Zwei Russinnen haben eine Modekette für orthodoxe Kleidung gegründet.

Zwei Russinnen haben eine Modekette für orthodoxe Kleidung gegründet.

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In den großen Städten des Landes haben erste Filialen der Modemarke Baryschnja Krestjanka eröffnet. Die Kette setzt auf Damenbekleidung, die für die christlich-orthodoxe Kirche gedacht ist. Für die meisten Kundinnen spielt die Religion jedoch keine Rolle.

Geschäfte für islamische Bekleidung sind in der russischen Hauptstadt längst keine Seltenheit mehr. Ebenso wie der Anblick verschleierter Frauen. Umso verwunderlicher ist es, dass erst vor Kurzem in der Moskauer Innenstadt das erste Modegeschäft für christlich-orthodoxe Damenbekleidung eröffnet hat.

Natürlich und bescheiden – wie auf dem Land

Jelena Zokolowa (links) und Jewgenija Karusina (rechts). PressebildJelena Zokolowa (links) und Jewgenija Karusina (rechts). Pressebild„In der christlichen Orthodoxie gibt es keinen strengen Kanon, aber durchaus einige unausgesprochene Regeln, die alle beachten, wenn sie eine Kirche betreten“, sagt Jelena Zokolowa, Mitgründerin von Baryschnja Krestjanka, einer Modekette für orthodoxe Bekleidung. Der Name der Kette ist inspiriert von einer Erzählung Alexander Puschkins und bedeutet auf Deutsch so viel wie „Fräulein Bäuerin“.

Bescheidene Kleidung steht im Fokus, wie Zokolowa erklärt: „Man sollte nicht durch Details besonders auffallen, außerdem müssen die Knie und Ellenbogen bedeckt sein. Und auf den Kopf gehört ein Kopftuch“, erläutert die junge Russin.

Auf die Idee, ein solches Geschäft zu eröffnen, kam Jelena Zokolowa gemeinsam mit Jewgenija Karusina im Jahr 2012. Die beiden jungen Frauen gingen fast gleichzeitig in Elternzeit und waren auf der Suche nach Kleidern für die Taufe ihrer Kinder. „Es stellte sich heraus, dass passende Kleidung für die Kirche nicht leicht zu finden ist: Die Kleidungsstücke sind entweder zu pompös oder bedecken Ellenbogen und Knie nicht“, erinnert sich Zokolowa. „Also beschlossen wir, eine Modekollektion für orthodoxe Frauen zu entwerfen.“

Filialen von Baryschnja Krestjanka gibt es bereits in Moskau, Sankt Petersburg und Jekaterinburg. Das Sortiment umfasst lange Kleider und Unterröcke, Blusen und Tücher. Darüber hinaus führen die Geschäfte auch Brautkleider für Frauen, die eine Alternative zum klassischen und meist zu freizügigen Schnitt suchen. „Baryschnja Krestjanka näht Kleider aus Naturfasern unter Berücksichtigung der jeweiligen Saison. Im Winter bieten wir lange Modelle aus Wolle an, im Sommer Modelle aus leichterem Stoff“, sagt Zokolowa.

Boho und praktisch

Das Kleid für die kirchliche Trauung. / PressebildDas Kleid für die kirchliche Trauung. / Pressebild„30 bis 40 Prozent unserer Kundinnen stammen aus dem näheren Umfeld der Kirche: Sie sind Priesterfrauen, kirchliche Bedienstete oder Lehrerinnen an Sonntagsschulen. Die übrigen mögen einfach diesen etwas altmodischen Stil, heute Boho- und Maxistil genannt“, erzählt Jelena Zokolowa. „Außerdem kommen viele schwangere und stillende Frauen in unsere Geschäfte. Unsere Kleider kann man dank ihrer Schnitte sowohl während als auch nach der Schwangerschaft sehr gut tragen.“

Jelena Demenko ist eine treue Kundin aus Sankt Petersburg. „Es gefällt mir, dass Baryschnja Krestjanka die Kleider so entwirft, dass sie mit den Bekleidungsregeln für orthodoxe Frauen übereinstimmen“, sagt sie. „Ich kaufe aber nicht nur hier ein, weil es sich um eine orthodoxe Marke handelt. Mir gefallen auch die Schnitte und die Stoffe“, fügt Demenko hinzu. Besonders die Qualität der Unterröcke haben es ihr angetan.

Von den Unterröcken ist auch Irina Rossolimo aus Moskau begeistert. „Zwei Jahre lang habe ich nach solchen Röcken gesucht. Ich habe versucht, Schneiderinnen in Ateliers zu erklären, was ich haben möchte – und wurde jedes Mal enttäuscht. Bei Baryschnnja Krestjanka kann ich endlich meine Traumkleider anziehen, und das in verschiedenen Varianten für unterschiedliche Jahreszeiten“, freut sich Rossolimo. Die orthodoxe Ausrichtung spielt für sie dabei keine Rolle: „Für mich sind das hier einfach Kleider für meinen Alltag.“

Cleveres Marketing-Kalkül

Die Kundinnen dieser Modekette sind nicht unbedingt gläubig. / PressebildDie Kundinnen dieser Modekette sind nicht unbedingt gläubig. / Pressebild

Die Hauptzielgruppe scheinen zwar christliche Frauen zu sein, wie Olga Sibirjowa vom Informations- und Analysezentrum Sowa feststellt: „Auch orthodoxe Frauen wollen in der Kirche ansprechend aussehen – für sie werden diese Kleider entworfen.“ Die Nachfrage nach dieser Mode könne jedoch kaum mit einer größeren Popularität der Orthodoxie zusammenhängen, räumt sie ein. Schließlich sei weniger als die Hälfte der Käuferinnen speziell auf der Suche nach orthodoxer Kleidung.

Sibirjowa sieht hinter der ungewöhnlichen Idee der Modekette vielmehr eine intelligente Marketingstrategie: „Vielleicht haben die Gründerinnen auf die orthodoxe Kirche gesetzt, weil die Leute die Orthodoxie häufig mit hohen ökologischen Standards und natürlichen Materialien assoziieren. Hier wird wohl eher auf orthodoxe Traditionen zurückgegriffen, weil das verkaufswirksam ist.“

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