Umfragewerte auf Rekordhoch: Volksliebling Putin

Bild: Alexej Jorsch

Bild: Alexej Jorsch

Die Russen sind zufrieden mit ihrem Präsidenten. Seit drei Monaten erreicht Putin in Meinungsumfragen Spitzenwerte für seine Politik. Worauf gründet sich der Erfolg? Stimmen die Russen wirklich mit Putin überein oder ist das Stimmungsbild die Folge einer zensierten Berichterstattung?

Die russische Regierung ist auf Erfolgskurs. In den ersten Monaten des Jahres stieg die Zahl der Russen, die Putins Aktivitäten im Präsidentenamt billigen, von 65 Prozent im Januar auf 82 Prozent Ende April. Gleichzeitig kletterten auch die gesamte russische Regierung und der Ministerpräsident auf der Beliebtheitsskala nach oben. Wenn in Russland Wahl wäre, hätte die aktuelle Regierungsmannschaft den Sieg sicher. Auch insgesamt zeigt sich die russische Bevölkerung optimistisch.

Eine Ursache der guten Stimmung und der gewachsenen Sympathien für den Präsidenten liegt im Erfolg der russischen Mannschaft bei den Olympischen Spielen in Sotschi. Das brachte Putin vier Pluspunkte.

 

Russland hat die Krim gerettet

Das russische Engagement in der Ukraine-Krise und die Eingliederung der Krim in die Russische Föderation wurden von den Russen ebenfalls positiv bewertet und brachten Putin elf weitere Punkte ein. Insbesondere der russische Präsident selbst profitierte von seinem Auftritt in seiner Live-Sendung „Direkter Draht", die sich hauptsächlich der Lage in der Ukraine und auf der Krim widmete. Er heimste einige Punkte ein, während andere an Beliebtheit verloren.

Warum gibt es diese breite Zustimmung der russischen Bevölkerung zu Putins Außenpolitik? Bereits seit Beginn der 1990er-Jahre geht die öffentliche Meinung dahin, dass die Krim wieder an Russland gehen sollte und die russische Regierung sich für die Interessen der russischsprachigen Bevölkerung im postsowjetischen Raum einsetzen müsse. Die „Heimkehr", wie es der Präsident nennt, der Halbinsel in die Russische Föderation gibt den meisten Russen das Gefühl, dass dadurch die historische Gerechtigkeit wiederhergestellt worden sei und dient als kleiner Trost für die verlorene Position als „Weltmacht".

Der Konflikt in der Ukraine wird von der russischen Bevölkerung grundsätzlich ganz anders bewertet als in Europa und den Vereinigten Staaten. Die absolute Mehrheit ist überzeugt, dass Russland der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine zu Hilfe gekommen sei und sie vor dem unvermeidlichen Tod durch „Faschisten" und „Nationalisten", die in Kiew die Macht ergriffen hätten, gerettet habe – so jedenfalls lautete die Berichterstattung der großen russischen Fernsehsender. Die meisten Russen vertreten außerdem die Ansicht, dass der Westen die Beilegung der Ukraine-Krise aus Eigennutz verhindern wolle. Die Gefahr eines militärischen Konflikts bedeutet zudem immer und überall, dass man Stellung beziehen muss für „die eigenen Leute" und gegen „Fremde". Dadurch solidarisiert sich die Bevölkerung stets mit der Führung ihres Landes.

Mehrheitlich sind die Russen der Auffassung, dass der Anschluss der Krim und die Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Ukraine Russland im Grunde genommen nichts gekostet hätten. Während der Ereignisse auf

der Krim wurde kein Blut vergossen, an Sanktionen des Westens glauben die Russen nicht oder können deren Folgen nicht abschätzen. Denn darüber wird in den Abendnachrichten der drei größten staatlichen TV-Sender, über die 90 Prozent der Russen ihre Informationen darüber beziehen, was im Land und in der Welt passiert, nicht berichtet.

Über das Internet informieren sich nur 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung, aber auch dort ist der Anteil unabhängiger und glaubwürdiger Informationsquellen, die verschiedene Meinungen zu den Ereignissen gelten lassen, gering. Die absolute Mehrheit der Russen hat keinen Zugriff auf Informationen, die eine Alternative zu der offiziellen Berichterstattung bieten.

 

Geschickte Propaganda

Putins Beliebtheit beim Volk hat schon einmal einen rasanten Anstieg erlebt. Spitzenwerte erreichte er im Jahr 1999 nach den Häuserexplosionen in Moskau und nach dem Beginn des zweiten Tschetschenien-Kriegs. Damals stieg die Zustimmung der Russen zu Putins Politik innerhalb von drei Monaten von 31 auf 80 Prozent. Im Jahr 2008 während des russisch-georgischen Kriegs wurde ein Höchstwert von 88 Prozent erreicht.

Putins Ansehen wuchs beständig. Jeder außenpolitische Konflikt, jeder Skandal, auch wenn er noch so gering war, wurden von Informations- und Propagandakampagnen begleitet, mit dem Ziel, die Beliebtheit des Präsidenten zu steigern. Erinnert sei an den Skandal um den „Bronzenen Soldaten" in Estland, die Importe von polnischem Gammelfleisch, die „Gas-Kriege" mit der Ukraine, die Spionage-Affären mit Großbritannien und den USA und so weiter. Das zeugt, ebenso wie im Falle der Krim, von einer großen Kompetenz der russischen Regierung, sich umgehend einer neuen Situation anzupassen und diese für ihre Zwecke zu nutzen.

In der 15-jährigen Geschichte der Bewertung des Präsidenten oder Ministerpräsidenten Putin gibt es zwei wesentliche Zeitabschnitte. Von 1999 bis 2008, mit einer Unterbrechung im Jahr 2004, stieg die Zustimmung zu Putin, gefolgt von einem Verlust an Popularität. Binnen drei Jahren, zwischen 2008 und 2011, verlor Putin etwa ein Drittel seiner

Sympathisanten. Der Tiefstand wurde im Dezember 2011 erreicht, als es in russischen Großstädten eine Protestwelle wegen Wahlfälschungen gab, damals billigten nur noch 63 Prozent der Russen Putins Aktivitäten, 36 Prozent waren gegen ihn. Die anschließende Wahlkampagne führte zu einem leichten Aufschwung. Anderthalb Jahre lang, bis zum Februar 2014, bewegten sich die Umfragewerte um die 65 Prozent. Auch die oben erwähnten Ereignisse konnten den langfristigen Trend, der durch die Wirtschaft geprägt war, nicht aufhalten. Die Krim-Krise hat das Image der russischen Politiker kurzfristig zwar gebessert, doch die allgemeine Einschätzung der wirtschaftlichen Situation hat sie nicht beeinflusst. Es stellt sich die Frage, ob die Beliebtheit von Putin und die politische Stabilität insgesamt zukünftig daher mehr von den wirtschaftlichen Wachstumsraten abhängen wird.

 

Denis Wolkow ist Soziologe am unabhängigen Forschungszentrum Levada-Center.

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