Aufgrund der hohen Kosten sowie wirtschaftlichen und ökologischen Risiken sei niemand an einem militärischen Konflikt in der Arktis interessiert.
Sergey Anisimov / Courtesy of MAMM„Die Arktis ist eine der wenigen Richtungen, in denen die internationale Zusammenarbeit der westlichen Länder mit Russland in den letzten Jahren gar wachsen konnte", sagte Dmitri Rogosin, Vorsitzender der Staatlichen Kommission für die Entwicklung der Arktis, am vergangenen Donnerstag am Rande eines Treffens des Russischen Rates über internationale Angelegenheiten zum Thema „Internationale Zusammenarbeit in der Arktis: Neue Herausforderungen und Entwicklungen“.
Dialog zwischen den Ländern der subpolaren Zone ist enorm wichtig, unter anderem da die Grenzen der acht Anrainerstaaten der Arktis – Russland, die USA, Norwegen, Dänemark, Finnland, Schweden, Island und Kanada – nicht vollständig definiert sind. Deshalb ist die Arktis in fünf Verantwortungssektoren unterteilt.
Die offenen territorialen Ansprüche lösen heiße Diskussionen aus. So stellte Russland im vergangenen Jahr einen Antrag bei der zuständigen UN-Kommission über die Ausweitung seines arktischen Territoriums um 1,2 Millionen Quadratkilometer. Die Forderung Russlands führt allerdings zu einer Überschneidung mit den territorialen Ansprüchen Kanadas und Dänemarks. Der russische Antrag wird zurzeit noch überprüft, während der kanadische erst im Jahr 2018 folgen soll. Das Schicksal der umstrittenen Gebiete bleibt weiterhin unklar.„Als wir den Antrag vorbereitet haben, wussten wir, dass er sich mit den Interessen anderer Länder überschneiden würde. Die Vorbereitung war deshalb sehr gründlich“, sagt Artur Tschilingarow, Doktor der Geografie und Sondervertreter des russischen Präsidenten in der internationalen Zusammenarbeit in der Arktis und der Antarktis. „Wir sind bereit, wissenschaftlich zu beweisen, dass unser Land einen arktischen Festlandsockel benötigt. Es ist wichtig, dass dieser Streit unpolitisch bleibt.“
Einige Medien und Experten sehen die Arktis als einen potenziellen Schauplatz für einen bewaffneten Konflikt zwischen Russland und der Nato. Und tatsächlich hat Russland seine militärische Präsenz in der Region ausgebaut. Viele Militärexperten warnen jedoch davor, von einer Militarisierung zu sprechen. Nicht nur Russland, sondern alle arktischen Länder kümmerten sich um ihre Verteidigung, sagt Igor Petrenko, Dozent an der Akademie des Generalstabs der russischen Streitkräfte. Der Experte fügt hinzu, dass Russland keine militärischen Vorteile gegenüber den Nato-Staaten in der Arktis habe. Die Streitkräfte reichten zwar für die Verteidigung, jedoch nicht für einen Angriff. Russland sei an der Bewahrung des Status quo interessiert und auch die anderen arktischen Länder seien so eingestellt.
Insbesondere ein Stellvertreterkrieg nach syrischem oder dem ukrainischem Beispiel sei unmöglich, glaubt Igor Petrenko. „In der Arktis gibt es keine Bauern auf dem Schachbrett", sagt der Experte. „Dort ist nur eine unmittelbare Konfrontation möglich, aber das wird keiner riskieren.“
Laut Georgi Iwanow, Mitglied des Rates für die Arktis und die Antarktis beim Föderationsrat, seien unerwartete Wendungen immer möglich, vor allem vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Russland und dem Westen. Ein Krieg um die Arktis sei deshalb nicht vollkommen auszuschließen.
Traditionell befindet sich die Arktis im Interessengebiet der Länder der subpolaren Zone und gleichzeitigen Mitglieder des Arktischen Rates. Dies sind Russland, Dänemark, Kanada, Norwegen, Schweden, Finnland und die USA. Im Jahr 2013 erweiterte sich der Arktische Rat um zwölf Beobachterstaaten, unter anderem China, Indien, Japan und Südkorea. Diese Tendenz sei ein Beweis für das steigende Interesse nicht-arktischer Länder an der Region, glauben einige Experten.
Die Internationalisierung der Region sei wohl unvermeidlich, vermutet auch Wladimir Petrowski, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fernost-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften. „Die Arktis wird immer mehr zu einer „global utility", so wie das Weltall oder das Internet: ein Bereich der globalen Verwaltung mit unterschiedlichen Interessen", sagt Petrowski. „Für eine gesunde Entwicklung der Arktis benötigt man die Bemühungen der gesamten Menschheit. Deshalb sollte man keine Angst vor neuen Ländern in dieser Region haben. Wir müssen zusammenarbeiten und Kompromisse finden."
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