Regisseur Kirill Serebrennikow ist nun wieder auf freiem Fuß.
Valeriy Melnikov/RIA NovostiDer Film- und Theaterregisseur Kirill Serebrennikow wurde am Mittwoch nach einem Verhör wegen Veruntreuung überraschend aus der Untersuchungshaft entlassen. Die ermittelnde Behörde teilte mit, dass der Künstler jedoch weiter als Zeuge in der Strafsache geführt werde.
Am Vormittag des 23. Mai wurde die Wohnung des Regisseurs als Teil eines Strafverfahrens, das bereits im Jahre 2014 eröffnet worden war, durchsucht. In dem Verfahren geht es um die vermeintliche Veruntreuung öffentlicher Gelder in Höhe von 200 Millionen Rubel (etwa 3,5 Millionen Euro), die vom Staat zur „Popularisierung der Kunst“ bewilligt worden seien. Durchsucht wurden außerdem das Theater und mindestens weitere Dutzend Wohnungen.
Noch am gleichen Tag veröffentlichten Vertreter der russischen Kulturszene einen Brief an Präsident Putin, in dem sie sich hinter den Regisseur stellten. Die Künstler brachten die Hoffnung zum Ausdruck, dass die Ermittlungen fair, objektiv und ohne übertriebene Härte gegenüber allen Beschuldigten verliefen. Zudem sollten Beeinträchtigungen der Arbeit des Theaters, der Schauspieler und des Regisseurs selbst vermieden werden.
Der Brief an den Präsidenten wurde vor dem Gogol-Center Theater von der Schauspielerin Tschulpan Chamatova, einer der Gründerinnen der Wohltätigkeitsstiftung Podari Zhisn (Schenke Leben) verlesen. Chamatova hatte sich 2012 in einem Video „Warum ich Putin wähle?“ für dessen Wahl eingesetzt. Für Serebrennikow sprachen sich außerdem der Leiter des berühmten Bolschoi Theaters Wladimir Urin und die Vereinigung der Theaterkritiker aus. Eine ablehnende Antwort sei eher unwahrscheinlich, hieß es sogleich auf dem anonymen Insider-Kanal NESYGAR auf der in Russland weit verbreiteten Informationsplattform Telegram.
Am Tag der Durchsuchung versammelten sich viele Menschen vor dem Theater von Kirill Serebrennikow, um ihn und seine Truppe zu unterstützen. / Maksim Blinov/RIA Novosti
Weitere Unterstützer des Regisseurs suchten derweil den direkten Kontakt zum Präsidenten. Bereits am Mittwoch, direkt im Anschluss an die Verleihung von staatlichen Auszeichnungen übergab der Intendant des Theaters der Nationen Jewgenij Mironow Präsident Putin einen Brief zur Unterstützung des Regisseurs Serebrennikow.
In einer Reportage für die Zeitung Kommersant sprach der Journalist Andrej Kolesnikow darüber, dass sich bei der Übergabe des Briefes zwischen Putin und Mironow ein reger Dialog entwickelt habe. „Wussten Sie das? Wussten Sie etwas davon?!“, soll Mironow. Putin gefragt haben. Worauf dieser geantwortet habe, dass er erst am Tag der Durchsuchungen von dem Vorgang gehört habe. Weiter soll Mironow Putin gefragt haben: „Wozu? Wozu macht man so was?! Sie fliegen in Kürze nach Frankreich (um den neu gewählten französischen Präsidenten zu treffen – RBTH)! Wozu brauchen Sie das?!“Putin soll spontan erwidert haben: „Ja, das sind Dummköpfe“. Kolesnikow meint sogar, dass Putin erst durch die Medien von der Angelegenheit erfahren habe.Laut anderer anonymer Telegram-Kanäle, die vor allem Insider-Informationen veröffentlichen, kam die Anweisung, Serebrennikow nur noch als Zeuge der Anklage zu führen, persönlich vom Leiter des Ermittlungskomitees Alexander Bastrykin. „Noch am Morgen vor dem Verhör des Regisseurs hatte es geheißen, man solle ihn entweder einsperren, oder unter Auflagen freilassen.
Tagsüber jedoch, noch während des Verhörs, kam dann die Kehrtwende von ganz oben. Zu den Gründen kann man nur spekulieren. Oder sich an den Bericht von Kolesnikow erinnern und seine Wiedergabe der Putin-Worte von den „Dummköpfen“.
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