Serednikowo
Foto: Phoebe Taplin
Der mit seinen Kaukasus-Geschichten in der dichterischen Tradition des Briten Lord Byron berühmt gewordene Michail Lermontow verbrachte während seiner Jugend in den 1830er‑Jahren die Sommermonate auf einem Landgut seiner Großmutter nördlich von Moskau. Das neoklassizistische Gutshaus ist durch Säulengänge mit seinen vier Flügeln verbunden. Jeder von ihnen hat ein eigenes Belvedere mit Blick auf den Park. Nach der Oktoberrevolution wurde ein Sanatorium für Tuberkulosepatienten auf dem Landgut eröffnet. Es wurde nach Lermontows Gedicht „Mzyri" benannt.
1992 erwarb das Lermontow-Zentrum für die Dauer von 50 Jahren Pachtrechte an dem Landsitz und restaurierte die Innenräume des Anwesens. Der holzgeschnitzte Treppenaufgang ist besonders kunstvoll. Er führt hoch zu einem ovalen Musikzimmer mit bemalter Decke. Geflügelte Figuren, die von Lermontows Erzählung „Der Dämon" inspiriert sind, schweben auf Wolken über dem Flügel. Das mit alten Bäumen gesäumte Gelände ist frei zugänglich. Sein idyllischer Teich, eine Teestube, eine Reitschule, eine Naturquelle, die Steinbrücken, auf denen es angeblich spukt, die Lindenalleen und die großen Bäume allein sind schon einen Besuch wert.
Besucher können vom Leningrader Bahnhof einen Zug nach Firsanowka nehmen und dann in den Bus der Linie 40 umsteigen. Auf der Webseite von Serednikowo ist ein Lageplan abrufbar. Unter der Telefonnummer +79250106240 lassen sich Führungen in russischer Sprache um das Haupthaus herum buchen, das im Rahmen einer Rundführung besichtigt werden kann.
Sacharowo
Foto: Lori/Legion Media
Der Dichter Alexander Puschkin verbrachte ebenfalls viele Sommer seiner Kindheit im Moskauer Umland bei seiner Großmutter Maria Hannibal, der Tochter eines afrikanischen Sklaven. Ihr rekonstruiertes Haus ist heute ein Museum, in dem jährlich am ersten Junisonntag ein Puschkin-Festival veranstaltet wird. Eine Skulpturengruppe, die Puschkin zusammen mit seiner Großmutter zeigt, steht an dem Platz, wo der Dichter am liebsten seine Zeit verbrachte. Als Kind soll er den Wunsch geäußert haben, dort einmal begraben zu werden. Eine zweite knabenhafte Bronzefigur hat den Blick über den See gerichtet.
Züge zu dem Museum fahren vom Belorussischen Bahnhof. Die Reisezeit beträgt etwa eine Stunde. Das Museum ist von Mittwoch bis Samstag zwischen 10 und 16 Uhr geöffnet.
Schachmatowo
Foto: Lori/Legion Media
Das Holzhaus von Alexander Blok, umgeben von Blumenwiesen und Kuhweiden, ist ein schönes Ziel für einen Tagesausflug. Bloks Großvater nannte es ein „Stück Paradies in der Nähe von Moskau". Im nahegelegenen Dorf Tarakanowo wurde dem Dichter und seiner Frau ein Denkmal gesetzt. Es steht neben der mittlerweile baufälligen Kirche, in der das Paar heiratete. Außerdem gibt es im Ort ein kleines Museum.
Das eigentliche Anwesen ist etwa 1,5 Kilometer von Tarakanowo entfernt und kann über eine Landstraße erreicht werden. Die originalgetreue Rekonstruktion von Bloks hübschem Haus befindet sich in einem von Bäumen gesäumten Garten, der zu einem Teich hin abfällt.
Borodino
Foto: RG
Ein anderes lohnenswertes Ausflugsziel ist das zwei Autostunden von Moskau entfernte Schlachtfeld von Borodino, das in Tolstois Roman „Krieg und Frieden" verewigt wurde. Die Schlacht zwischen den russischen und den napoleonischen Truppen im August 1812 jährte sich im vergangenen Jahr zum 200. Mal. Der Jahrestag wurde besonders feierlich begangen.
In Borodino gibt es jedes Jahr eine Inszenierung der Schlacht, welche Napoleon als „seine schrecklichste" bezeichnet hatte. Das ganze Jahr über können Besucher die Schlachtlinie ablaufen, die sich inmitten historischer Monumente, umgeben von Feldblumen, befindet. Das aus rotem Ziegelstein erbaute Erlöserkloster von Borodino beherbergt verschiedene Ausstellungen. Im heute stillgelegten Gästetrakt des Klosters, gegenüber dem Eingangstor, quartierte sich im Herbst 1867 Tolstoi ein, als er während seiner Arbeiten an „Krieg und Frieden" in Borodino zu Besuch war. Das nahegelegene Dorf Semjonowskoje nennt Pierre in „Krieg und Frieden" eine „rauchende Ruine" inmitten von Getreidefeldern.
Züge nach Borodino fahren vom Belorussischen Bahnhof. Das Museum bleibt jeweils montags und am letzten Freitag des Monats geschlossen.
Melichowo
Foto: Lori/Legion Media
Auf Anton Tschechows Landsitz, etwa 60 Kilometer südlich vor Moskau, findet jedes Jahr im Mai das internationale Theaterfestival „Melichowskaja wesna" statt. Zu dieser Jahreszeit ist der Garten in die Farben von Flieder- und Kirschblüten gehüllt. Zwischen 1892 und 1899 schrieb Tschechow hier „Die Möwe", „Onkel Wanja" und viele seiner Kurzgeschichten. Später zwang ihn seine fortgeschrittene Tuberkulose dazu, nach Jalta umzuziehen. In Tschechows ehemaligem Holzhaus können die Besucher Gemälde von Isaak Lewitan bewundern, einem Freund und häufigen Gast Tschechows. Zu sehen sind auch Tschechows Arzttasche und der Ordner mit Unterlagen zu seiner Volkszählung auf Sachalin.
Züge nach Tschechow verkehren regelmäßig vom Kursker Bahnhof. Die Zugfahrt dauert etwa 1,5 Stunden. Von Tschechow gelangt man mit dem Bus der Linie 25 oder einem günstigen Taxi in das zwölf Kilometer entfernte Dorf Melichowo. In dem Museum gibt es kein Café, daher wird empfohlen, sich für den Besuch in der Stadt mit Proviant einzudecken.
Peredelkino
Foto: ITAR-TASS
Das Dorf, in dem Boris Pasternak „Dr. Schiwago" schrieb, ist nicht mehr als eine halbe Stunde vom Kiewer Bahnhof entfernt. In dem Titelgedicht seiner Sammlung „In Frühzügen" von 1943 schreibt Pasternak über eine Reise von Moskau in der elektrischen Vorortbahn, über den „Zitrus-mit-Weihrauch-Atem" der Kiefer und über die Maiglöckchen, deren zarte weiße Blüten in den Wäldern bei Peredelkino immer noch zu finden sind. Die Innenräume von Paternaks weiß gestrichenem, hölzernem Landhaus sind auffallend karg. In dem bescheiden eingerichteten Schlafzimmer und in seinem Arbeitszimmer stehen seine Schuhe, an der Garderobe hängen sein Mantel und Hut. Aus dem Wintergarten mit Samowar und Teetassen blickt man auf einen verwilderten Obstgarten.
Das Museum und Wohnhaus von Russlands beliebtestem Kinderbuchautor Kornei Tschukowski mit seinem „Wunderbaum" voller Schuhe ist direkt um die Ecke und ebenfalls einen Besuch wert.
Kusminki
Foto: Flickr/Maarten Dirkse
Dieser landschaftlich gestaltete Park in Moskaus Südosten eignet sich wunderbar für entspannte Spaziergänge an Ufern und über Brücken, die sich seit dem 18. Jahrhundert kaum verändert haben. Zudem kann man ein hölzernes Gärtnerhäuschen im Wald besichtigen. Es ist dem Schriftsteller Konstantin Paustowski gewidmet. Eine lebendige Autobiografie zeichnet Paustowskis Leben von den Anfängen in der Ukraine im ausgehenden 19. Jahrhundert durch die Revolutions- und Kriegszeiten bis in die sowjetischen 1950er‑Jahre nach.
Troize-Lykowo
Foto: Lori/Legion Media
Der russische Dichter Alexander Solschenizyn, dessen Bücher über das Leben und Sterben in den Stalinschen Gulags weltweit bekannt sind, liegt auf dem malerischen Donskoj-Friedhof begraben. Für seine Anhänger könnte es auch verlockend sein, das Dorf zu besuchen, in dem Solschenizyn zurückgezogen seine letzten Lebensjahre verbrachte, bis er 2008 starb. Die Obstgärten, Datschen und Goldkuppeln der Kirchen von Troize-Lykowo sind wie eine Insel aus vergangenen Zeiten, inmitten der Wolkenkratzer des modernen Moskau.
Das Dorf liegt auf einem Felsvorsprung an der Moskwa, gegenüber der Insel Serebrjany Bor (dt.: Silberkieferwald). Die nächstgelegene Metrostation ist Strogino.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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