Der Kleinod Pljos lockt seit Jahrhunderten Maler, Musen und Mäzene an. Foto: strana.ru
In Russland hat Pljos viele Namen: Perle an der Wolga, Smaragd des Nordens, Goldenes Pljos und Russische Schweiz. Jährlich begrüßt die Stadt bis zu 150 000 Touristen. Die erste urkundliche Erwähnung dieses Ortes, der ursprünglich als Festung diente, stammt aus dem zwölften Jahrhundert. Trotz ihrer von Kriegen geprägten Geschichte waren es Künstler, die die Stadt bekannt machten. Das lag vor allem an den ungewöhnlich malerischen Orten.
Pljos wurde an einem geraden und tiefen Abschnitt des Wolgaflussbettes erbaut, womit auch die etymologische Herkunft des Stadtnamens erklärt wird, und hatte zunächst den Charakter einer Festung. Die hohen Hügel ringsherum ermöglichten es, das Herannahen eines möglichen Feindes schon von Weitem zu erkennen. Zu diesem Zweck errichtete man ringsum Schutzwälle und Wachtürme. Reste des Festungswalls sind noch auf dem „Soborka", der Erhebung mit der Kathedrale zu sehen. Hier befinden sich auch ein Denkmal für Wassili I., den Gründer der Stadt. Das Monument steht unweit der Mariä-Himmelfahrts-Kathedrale, einem Bauwerk aus dem Jahr 1699.
Über den Berg hinweg in Richtung Wolga gelangt man zu einer Aussichtsplattform mit Blick über den Fluss auf die umliegenden Wälder. Früher standen hier die Wachtürme der Festung. Vom Kathedralenberg aus sind alle historischen Stadtteile von Pljos gut zu erkennen. Direkt unterhalb des Hügels befinden sich die Uferpromenade und die parallel zu ihr verlaufenden Straßen, darunter die ul. Gorkogo und die ul. Lenina, die den Marktplatz umschließen. Weiter zu sehen ist die Vorstadt und der Handwerks- und Handelsteil der Stadt. Im Zentrum der Vorstadt, auf dem Marktplatz, erhebt sich auf halber Höhe des Berghangs die Auferstehungskirche. Einen besonders schönen Ausblick auf den Kirchenbau aus dem Jahr 1817 eröffnet der Auferstehungsberg.
Ihren Reichtum und eine steinerne Bebauung erlangte Pljos im 19. Jahrhundert, als das kleine Wolgastädtchen Zentrum des russischen Getreide- und Fischhandels wurde. Die Kaufmannshäuser sind bis heute für Touristen, die am Ufer entlangschlendern, ein wahres pittoreskes Kleinod. In den Gassen der Stadt kann man Souvenirs kaufen, Kaffee trinken und das Leben im Gewand 19. Jahrhunderts genießen.
Isaak Lewitan und Sofja Petrowna Kuwschinnikowa
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Pljos zu einem beliebten Erholungsort für Moskauer Adelige, Künstler und andere, die zu den heißen Monaten zahlreich dorthin reisten. Eben in dieser Zeit verweilten hier häufiger der Maler Isaak Lewitan und sein Freundeskreis. Die Motive aus Pjlos finden sich in den Gemälden „Das stille Kloster", „Abendklang" und in vielen weiteren Werken Lewitans wieder.
Eines der bekanntesten Werke von Lewitan, „Über der ewigen Ruhe", entstand auf einem Berg, der heute seinen Namen trägt. Auf dem Lewitanberg steht die Auferstehungskirche aus dem Jahr 1700, eigentlich erbaut als die Dorfkirche des Weilers Biljukow. Sie gleicht verblüffend jener Kirche, die Lewitan einst malte. Die auf seinem Gemälde abgebildete Peter-und-Paul-Kirche brannte im Jahr 1903 nieder. Auf diesem Berg findet man auch ein Denkmal für den Künstler, das ihn bei seiner Arbeit porträtiert.
Neben der Kirche erstreckt sich der Peter-und-Paul-Friedhof, der ursprünglich vor dem Holzbau der Peter-und-Paul-Kirche angelegt worden war. Die frühesten bekannt gewordenen Beisetzungen datieren aus dem 16. Jahrhundert.
Isaak Lewitans Präsenz in der Stadt trug wesentlich zu ihrer Renaissance bei. Pljos ist bis heute ein eher stilles Städtchen, dessen besonderer Wert in seinen beeindruckenden „lebenden Gemälden" begründet ist. Es ist ein museales Arrangement unter freiem Himmel. Die wichtigste Straße der Stadt ist die Uferpromenade. Hier war früher das gesamte Geschäftsleben konzentriert.
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Die Uferpromenade zog sich über fast zwei Kilometer das Wolgaufer entlang. Die Mehrheit der Gebäude sind Kaufmannshäuser, in denen die Wohnräume in der ersten Etage lagen und im Erdgeschoss die Bediensteten und Lagerräume untergebracht waren.
Das kleine Steinhaus, in dem Lewitan während seiner Aufenthalte wohnte,
befindet sich ebenfalls an der Uferstraße. Dort mietete seine Begleiterin, die Künstlerin Sofja Petrowna Kuwschinnikowa, ein Zimmer. Heute beherbergt dieses Haus das Lewitan-Museum. Kuwschinnikowa, Gattin eines Polizeiarztes, war eine ungewöhnlich gute Pianistin, begabte Künstlerin und Gastgeberin eines Salons, in dem berühmte Persönlichkeiten verkehrten. Sie begleitete Lewitan mehrere Jahre lang auf seinen Reisen nach Pljos. Heute ist ihr Name ein eigenwilliges Markenzeichen der Stadt.
In dem alten Gebäude der Mutschnye Rjady etwa findet man das Café Sofja Petrowna Kuwschinnikowa, das nach überliefertem Rezept das „Lieblingsgebäck von Lewitan" anfertigt.
Die kleinste Stadt Russlands
Während seiner drei in Pljos verbrachten Sommer schuf Lewitan etwa 200 Arbeiten, darunter zwanzig große Gemälde und eine Vielzahl an Übungen, Skizzen, Zeichnungen und Entwürfen. Zu unterschiedlichen Zeiten zählten auch Wassili Wereschtschagin und Ilja Repin zu den Gästen der Stadt. Auch Fjodor Schaljapin, der einige Kilometer von Pljos entfernt ein Sommerhaus bauen ließ, ist eng mit der Geschichte dieses Ortes verbunden.
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In Pljos kommen auf wunderbare Weise die stille Provinzialität einer gemächlichen Stadt an der Wolga und ein pulsierendes kulturelles Leben zusammen. Wer durch Pljos spaziert, wird für sich immer wieder neue Ansichten und Perspektiven entdecken, hie und da auch Menschen mit Staffelei und Leinwand antreffen. Unter ihnen können Studenten und Schüler, aber auch namhafte Künstler sein, die auf den Spuren Lewitans nach Pljos reisen, hin zu diesem unverwechselbaren Mekka für Landschaftsmaler.
Pljos zählt zu den kleinsten Städten des Goldenen Rings mit der höchsten Konzentration von Kreativität, Kultur und Religion: Auf ihre knapp 2 500 Einwohner kommen neun Kirchen, sieben Museen und mehrere Kunstgalerien.
Reisezeit
Jeden Sommer finden in Pjlos zahlreiche internationale Festivals und Wettbewerbe statt: das internationale Tarkowski-Filmfestival „Serkalo“, das Lewitan-Musikfestival, das Internationale Jugendfestival der Fotografie, das Festival „Pjlos an der Wolga“ und einige weitere Veranstaltungen.
Anreise von Moskau nach Pljos:
Moskau (Zentraler Busbahnhof Metro Schtschelkowskaja) – Pjlos (Busbahnhof) täglich Abfahrt um 11.15 Uhr, Ankunft um 19.55 Uhr; Abfahrt um 18.15 Uhr, Ankunft um 3.30 Uhr.
Unterkünfte
Nutzen Sie das offizielle Touristenportal der Stadt
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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