Vom Goldenen Ring zu den Solowezki-Inseln: Russlands Unesco-Weltkulturerbe

Auf seiner Reise zu den 26 Unesco-Welterbestätten Russlands besucht Joe Crescente diesmal vor allem Klöster und Kirchen. Begleiten Sie ihn auf dem Weg von Wladimir und Susdal nach Jaroslawl und Wologda, zum Onegasee und zu den Solowezki-Inseln.

In dieser Artikelreihe widmet sich RBTH den 26 russischen Natur- und Kulturwundern, die in die Liste des Unesco-Welterbes aufgenommen wurden. Die Unesco stellt eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen dar, deren Ziel es ist, durch die Förderung von internationaler Zusammenarbeit zum Frieden und zur Sicherheit der Menschen beizutragen. Mit der Welterbeliste versucht die Unesco zudem, Natur- und Kulturlandschaften zu schützen, die von außerordentlicher Bedeutung für die Menschheit sind.

Die Weißen Monumente von Wladimir und Susdal (1992)

Das Goldene Tor von Wladimir. Foto: Lori/Legion Media

Das Stadtbild dieser beiden benachbarten Städte ist geprägt durch einzigartige mittelalterliche Architekturwunder aus dem 12. und 13. Jahrhundert: die Weißen Monumente. Die Bezeichnung stammt vom Baumaterial, denn es wurde ausschließlich weißer Kalkstein verwendet. Zu den bedeutendsten Bauwerken gehört dabei die Maria-Himmelfahrt-Kathedrale in Wladimir. Diese wurde im Jahr 1158 erbaut, 50 Jahre nach der Gründung der Stadt durch Fürst Wladimir Monomach. Die Kathedrale befindet sich innerhalb der Mauern des Kremls von Wladimir und ragt über 32 Meter in die Höhe. Gekrönt wird das Bauwerk von einer einzigen goldenen Kuppel. Die Wandmalereien im Inneren der Kathedrale wurden im Jahre 1238 von den Mongolen weitgehend zerstört und erst 1408 durch beeindruckende Werke des bekannten russischen Ikonenmalers Andrej Rubljow ersetzt.

Ein weiteres bedeutendes Monument ist die Demetrius-Kirche in Wladimir. Diese wurde in den Jahren 1194 bis 1197 zu Ehren des Wladimirer Großfürsten Wsewolod III. errichtet. Die Kirche hat die Form eines Würfels und ebenfalls eine goldene Kuppel. Die Außenwände beeindrucken mit detaillierten Hochreliefs, die König David zeigen. Im Inneren der Kirche finden sich hingegen einzigartige Fresken aus dem 12. Jahrhundert.

Außenwände der Demetrius-Kirche in Wladimir. Foto: Lori/Legion Media

Auch das Goldene Tor von Wladimir (1158-1164), Russlands letztes erhalten gebliebenes, antikes Stadttor, die Maria-Schutz-und-Fürbitte-Kirche an der Nerl und der Susdaler Kreml sind beeindruckende Bauwerke, die zu den Weißen Monumenten zählen und die man unbedingt gesehen haben sollte.

 

Das Kloster Ferapontow (2000)

Das Kloster Ferapontow. Foto: Lori/Legion Media

Das Klosterensemble in der Region Wologda wurde 2000 in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen. Es war ein bedeutendes Glaubenszentrum in der Zeit vom 15. bis 17. Jahrhundert, einer sehr wichtigen Zeit für die Konsolidierung der Russisch-Orthodoxen Kirche. Das Kloster wurde 1398 vom Heiligen Ferapont gegründet. Der bekannteste und gleichsam erste steinerne Bau des Klosters ist die Maria-Geburt-Kathedrale aus dem Jahr 1490. In der Zeit der Wirren im frühen 16. Jahrhundert wurde das Kloster von den Polen geplündert und verwüstet. Im Zuge der Wiederaufbauarbeiten wurden viele neue Gebäude hinzugefügt. So auch um 1638 die Uhren des Glockenturms, die zu den ältesten in Russland gehören sollen.

Viele der Innenräume sind mit Werken des berühmten Ikonenmalers Dionisij versehen, der als einer der größten Ikonenmaler der Moskauer Schule im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert gilt. Dionisij arbeitete gemeinsam mit seinen Söhnen und Schülern zwischen 1495 und 1496 am Kloster Ferapontow. Zu den bekanntesten Werken des Ikonenmeisters zählen dabei der Abstieg Christi in die Unterwelt und Szenen aus dem Leben der Heiligen Jungfrau Maria.

 

Die Holzkirchen von Kischi Pogost (1990)

Das Kischi Pogost. Foto: Lori/Legion Media

Dieses architektonische Wunder zählt zu den ersten Kulturstätten Russlands, die in die Liste des Unesco-Weltkulturerbes aufgenommen wurden, und befindet sich auf der Insel Kischi im westlichen Teil des Onegasees in der Republik Karelien. Was das russische Wort „pogost" anbelangt, so kann dieser Begriff viele Bedeutungen haben. In diesem Fall spricht es von einer umzäunten Kirche mit Friedhof.

Die kleine Insel beherbergt zwei große Kirchen, die als Meisterwerke der orthodoxen Holzarchitektur gelten. Sie wurden in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen, da sie besonders schön und vor allem erstaunlich alt sind. Es existieren nur noch wenige der architektonischen Wunderwerke dieser Zeit. Besonders beeindruckend ist auch die Tatsache, dass die Kirchen ganz ohne den Einsatz von Nägeln gebaut wurden.

Die Verklärungskirche von Kischi Pogost. Foto: Ruslan Schamukow/TASS

Die Verklärungskirche von Kischi Pogost wurde 1714 erbaut. Sie ist eine Sommerkirche, die keine Heizung, dafür aber 22 beeindruckende Kuppeln hat. Die höchste Kuppel ist 37 Meter hoch und macht die Kirche zu einem der höchsten Gebäude des russischen Nordens. Die Maria-Schutz-und-Fürbitte-Kirche ist hingegen etwas kleiner und hat neun Kuppeln. Es dauerte beinahe ein ganzes Jahrhundert, bis sie im Jahre 1764 endgültig fertiggestellt werden konnte. Im Gegensatz zur benachbarten Verklärungskirche kann sie beheizt werden, sodass man dort auch an kalten Tagen Gottesdienste abhalten kann. Ihre höchste Kuppel ragt 32 Meter gen Himmel. Das Innenleben ist eher streng und minimalistisch gehalten. Neben den beiden Holzkirchen befindet sich noch ein 30 Meter hoher Glockenturm aus dem 19. Jahrhundert in der Nähe, der in seiner Schönheit ebenfalls nur sehr schwer zu übertreffen ist.

 

Die Solowezki-Inseln (1992)

Ein Blick auf das Solowezki-Kloster. Foto: Lori/Legion Media

Die Solowezki-Inseln bilden eine Inselgruppe im Weißen Meer, die aus sechs großen und seit etwa 2 500 Jahren von Menschen bewohnten Inseln besteht. Seit Beginn des 15. Jahrhunderts sind sie eine Klosterstätte. Die Inselgruppe gilt als Musterbeispiel nordeuropäischer Klostersiedlungen und ist zudem für ihre gut erhaltenen steinernen Labyrinthe bekannt. Viele der Steinbauten wurden noch zu Herrschaftszeiten Iwan des Schrecklichen errichtet, wobei die Inseln neben einer achtjährigen Belagerung auch eine Kirchenspaltung erlebten, die von Kirchenreformen im Jahre 1653 verursacht worden war. Das Terrain der Inseln ist hügelig. Der höchste Punkt liegt etwa 107 Meter über dem Meeresspiegel. Was die Flora der Inseln anbelangt, so sind dort vor allem Kiefer- und Fichtenwälder beheimatet.

Das bekannteste Bauwerk der Inselgruppe ist das russisch-orthodoxe Solowezki-Kloster, das im 15. Jahrhundert von zwei Mönchen des Kirillo-Beloserki-Klosters erbaut wurde. Bis zum Jahre 1600 hatte sich das Kloster zu einem der einflussreichsten religiösen Zentren Russlands entwickelt. Doch auch im 20. Jahrhundert spielten die Inseln eine wichtige Rolle: Kurz nach der Gründung der Sowjetunion wurden hier die ersten Gulag-Lager erbaut, in denen viele tausende Menschen Zwangsarbeit verrichten mussten. Kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde es geschlossen. Seit 1974 ist das ehemalige Lager ein Museum.

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