Drei Viertel deutscher Geschichte

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In Moskau lassen sich eine Menge Spuren finden, die entweder von Deutschen gelegt worden, auf sie zurückzuführen oder bis heute mit ihrer Sprache und Kultur verbunden sind.

Kathedrale St. Peter und Paul

Sie ist die Hauptkirche der bis heute von vielen Deutschen und Russlanddeutschen besuchten Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Russlands. Die ersten Lutheraner gab es im 17. Jahrhundert im ersten deutschen Viertel in Moskau. Seit 1626 besteht die Gemeinde 
St. Peter und Paul. Später finanzierte der preußische König Friedrich Wilhelm III. den Bau einer neuen Steinkirche nach Plänen des Hofarchitekten Alexander Meinhardt im Starosadskij Pereulok. Sie wurde 1819 geweiht, reichte aber keine 
100 Jahre später nicht mehr für die mittlerweile 17 000 Gemeindemitglieder. Ein Neubau musste her: 
eine Kathedrale. Für Innenausstattung, Konstruktion und Akustik zeichnete eine Gruppe russlanddeutscher Architekten und Gemeindemitglieder verantwortlich. 

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Die Sowjetregierung machte das Gebäude erst zum Kino „Arktika“, später zum Filmstudio „Diafilm“. 1997 erhielt die Kirche ihre religiöse Funktion zurück, die Sanierungsarbeiten wurden 2010 abgeschlossen. Neben der Gemeindearbeit dient die Kathedrale mit ihrer Sauer-Orgel aus dem Jahr 1898 heute auch als Konzertsaal, zum Beispiel wird in der Vorweihnachtszeit regelmäßig Bachs Weihnachtsoratium aufgeführt. 

Siemens 

Drei von vier Brüdern des Konzerngründers Werner Siemens waren im 19. Jahrhundert in Russland tätig. Firmenzentrum war Sankt Petersburg, in Moskau spielten die Tochterfirmen „Gesellschaft für elektrische Beleuchtung 1886“ und die Aktiengesellschaft „Stromübertragung“ eine große Rolle. Nachdem Siemens in den 1850er-Jahren als ersten Großauftrag die beiden Metropolen mit einer Telegrafenleitung verband, spezialisierte sich das Unternehmen zunehmend auf die Elektrifizierung von Großstädten und erste elektrische Transportmittel. Deutschland war zu dem Zeitpunkt Marktführer in der Elektrobranche. Zwölf Prozent der deutschen Elektroexporte gingen nach Russland. Siemens schloss sich in Russland mit dem Fabrikbesitzer Halske zusammen, konnte bald selbst in Russland produzieren und so eine Menge Zollkosten sparen. 

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1886 bis 1888 baute die Moskauer Tochterfirma von Siemens die ersten drei Kraftwerke und versorgte die Innenstadt mit Strom. Der erste Dauerkunde war die Einkaufspassage auf der Twerskaja-Straße. 1895 erhielt Siemens die Lizenz zur alleinigen Stromversorgung Moskaus. Zu Beginn der Revolution beschäftigte der Konzern in Moskau 400 Arbeiter mit einem 8,5-Stunden-Tag nach deutschem Vorbild. Mehr als 70 000 Kunden hatte das Unternehmen hier, zwei Drittel des erzeugten Stroms flossen in die Industrie. Im Dezember 1917 jedoch wurde der gesamte Siemens-Besitz auf Erlass Lenins konfisziert und nationalisiert.

Heute knüpft Siemens an die vorre
volutionäre Zeit an, indem es nicht nur mit Russland handelt, sondern auch in die Produktion investiert, etwa in das Waggonwerk im Ural für die „Lastotschka“-Züge. 

Die deutschen Viertel

Das erste deutsche Viertel entstand im 16. Jahrhundert im Bezirk Samoskworetschje. Für den Ausbau des Moskauer Fürstentums siedelte Zar Wassilij III. rund 1 500 ausländische, vor allem deutsche, Fachkräfte in Handwerks- und Ingenieurberufen an, die in der Stadt schnell ein bis heute populäres Vorurteil prägten: das Bier. Angeblich sei das Wort „eingießen“ hier so gebräuchlichgewesen, dass die Siedlung den Spitznamen „Nalejka“ oder „Nalivka“ bekam. Das Viertel wurde vom Krim-Khan beim Angriff auf Moskau abgebrannt. Parallel entstand ein zweites deutsches Viertel, die Bolwanowka, mit vielen Soldaten, um die zaristische Armee im Krieg gegen den Krim-Khan zu unterstützen. Zar Iwan der Schreckliche gewährte ihnen zusätzliche Freiheiten für Handwerk oder Lebensmittelherstellung. Die Deutschen hatten ihr eigenes Bier, Wein, Mehl und Brot. Nicht zufällig sind sich die Wörter „sloboda“ (Siedlung) und „swoboda“ (Freiheit) so ähnlich. Neidende Nachbarn beschwerten sich beim Metropoliten. Davon hörte der Zar, der wütend die Siedlung niederbrannte.

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Wenn heute von der deutschen Siedlung die Rede ist, dann ist zumeist die Gegend um die Basmannaja-Straße gemeint. Hier wurden Ende des 16. Jahrhunderts deutsche Kriegsgefangene, darunter viele gut ausgebildete Fachkräfte, angesiedelt. Mit der Zeit eröffneten diese eigene Geschäfte und prägten mit ihrem Handwerk das Stadtleben, zum Beispiel die Möbelwerkstätten der Meistertischler Just und Gantenberg.

Katharinas Zarizyno

Die russische Zarin Katharina die Große hat nicht nur mit ihrem Manifest vom 22. Juli 1763 fast zwei Millionen Deutsche nach Russland gelockt. Durch ihre vielen Reisen hat die einstige Prinzessin aus Anhalt-Zerbst in ganz Zentralrussland Spuren hinterlassen. In Moskau wurde auf ihre Initiative hin aus dem Dorf mit dem vielsagenden Namen Tschornaja Grjas –„Schwarzer Schmutz“ –1875 per Erlass die Sommerresidenz Zarizyno. Laut Legende soll eine Bäuerin ihr den örtlichen Schlamm zur Heilung von Gliederschmerzen empfohlen haben. Die Zarin war, laut einem Brief vom März 1781, so begeistert von der heilenden Wirkung, dass sie hier einen Sommergarten erbauen ließ. Kaum vollendet, ließ sie alles wieder abreißen, mit der Absicht, einen richtigen Palast zu errichten. Dessen Fertigstellung jedoch erlebte Katharina nicht mehr. Das Gelände stand 200 Jahre leer, bis 2007 an derselben Stelle das Freilichtmuseum Zarizyno eröffnet wurde.

Auf russischen Spuren in Berlin

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