Sie ist ihrer Rolle als kleines Wunderkind entwachsen: Julia Lipnitzkaja ist mittlerweile 18 Jahre alt und schaffte es seit den Olympischen Spielen in Sotschi nicht mehr auf das Siegerpodest. Beim letzten Grand Prix in Moskau hoffte sie noch auf Platz drei – leider vergeblich.
Vladimir Pesnya / RIA NovostiSeit dem Triumph bei den Olympischen Spielen in Sotschi 2014, als Julia Lipnizkaja die Herzen so vieler Fans eroberte, befindet sich die noch so junge Karriere der russischen Eiskunstläuferin in Schieflage. An ihre frühen Erfolge konnte sie nicht anknüpfen, Sprungtechnik und Stabilität änderten sich. Eine neue, ebenso talentierte und siegorientierte Generation ist längst auf der großen Bühne erschienen.
Wie reagiert die immer noch junge Eiskunstläuferin darauf? Reißt sie sich zusammen, trainiert und wartet auf eine neue Chance? Oder baut sie ihre Karriere noch einmal radikal um? Vor Kurzem äußerte sich der bekannte Trainer Oleg Wasiljew zu diesem Thema und fragte, warum Lipnizkaja eigentlich nicht in den Paarlauf wechsele?
In den vergangenen zehn Jahren war die Eiskunstläuferin Katarina Gerboldt die einzige, die den Sprung wagte: 2010 bildete sie mit Alexander Enbert ein Paar und trainierte gemeinsam mit ihm unter der Trainerin Tamara Moskwina. Das Projekt begann hoffnungsvoll: Platz vier bei der National- und Europameisterschaft. Weitere Erfolge blieben jedoch aus und 2014 ging das Paar wieder auseinander.
Das erfolgreichste Beispiel für den Sprung von einer Einzel- zur Paarläuferin gab es vor 50 Jahren: Der berühmte Trainer Igor Moskwin formte die damals besten sowjetischen Einzelläufer Tamara Moskwina und Alexej Mischin zu einem Paar. Das Duett gewann Silber bei Europa- und Weltmeisterschaften.
Vor drei Jahren gewann die damals 15-jährige Eiskunstläuferin die Damenkonkurrenz des Grand Prix Skate Canada in St. John, New Brunswick, und galt als stärkste Sportlerin im russischen Team. Foto: Reuters
Ein ebenso erfolgreicher Wechsel könne auch Lipnizkaja gelingen, glaubt Artur Dmitriew, Trainer und selbst Olympiasieger im Paarlauf. „Es spricht nichts dagegen, dass Lipnizkaja sich im Paarlauf versucht. Springen kann sie und geworfene Sprünge kann man lernen. Wenn sie es will, dann liegt alles in ihren Händen und hängt allein von ihrer Einstellung ab”, sagte Dmitriew in einem Interview mit „R-Sport“.
Die Trainerin Tatjana Tarasowa, die unter anderem Irina Rodnina, Alexei Jagudin und Mao Asada trainierte, bezeichnet die Spekulationen als Scherz und glaubt, jemand wolle die Eiskunstläuferin vor dem Start in die neue Saison aus der Fassung bringen. In der neuen Saison arbeitet Lipnizkaja erstmals mit Trainer Alexei Urmanow zusammen.
Lipnizkaja dürfe nicht experimentieren, glaubt auch Trainer Nikolai Welikow, einer der besten Berater für Paarbildung im Eiskunstlauf und Trainer von Anton Sicharulidse, Maxim Trankow, Ksenija Stolbowa und Fedor Klimow. „Lipnizkaja wurde die ganze Zeit darauf vorbereitet, eine Eiskunstläuferin im Einzellauf zu sein, und zwar die beste. Und das ist sie auch geworden”, sagte Welikow gegenüber RBTH. „Mit dem Paarlauf muss man mit zwölf oder 13 Jahren beginnen. Nur wenige Paare schaffen es aus dem Jugend- in den Hochleistungssport. Paarlauf ist ja das schwierigste, was es im Eiskunstlauf gibt.“
Der Wechsel in den Paarlauf sei nicht der beste Karriereneustart, meint Welikow. „Für den Erfolg sind beide Sportler verantwortlich, nicht einer alleine. Und sie müssen ideal zueinander passen. Wer sollte ihr Partner sein? Wer wird sich darauf einlassen, alle Vorbereitungen praktisch bei null zu beginnen? Sie hat die besten Voraussetzungen, aber das ist nicht das wichtigste”, sagte Welikow. „Das wichtigste ist immer der Kopf. Hat sie etwa moralisch und körperlich zu wenig gelitten? Das glaube ich nicht.“
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