2018 heißt es Holzlöffel statt Vuvuzelas.
Wladimir Smirnow / TassEs bleiben Russland keine zwei Jahre mehr für die Vorbereitungen auf die Fußball-Weltmeisterschaft 2018. Das nationale Fan-Instrument aber steht bereits fest: Die Wahl fiel auf Holzlöffel, sogenannte Loschki – ein traditionelles Perkussionsinstrument aus der alten Rus.
Die russischen Loschki könnten eine überzeugende Alternative zu den südafrikanischen Vuvuzelas sein, deren Klang sich in den Stadien im Sommer 2010 wie das Summen eines wütenden Bienenschwarms ausnahm. Die geübten Finger musikalischer Löffelschläger entlocken ihnen interessante Kombinationen rhythmischer Klänge, die dem der spanischen Kastagnetten ähneln. Viele Tausend Löffel dürften nicht unbedingt einen gleichmäßigen Rhythmus erzeugen. Aber eines lässt sich sicher sagen: Er wird sehr laut.
Traditionelle Holzlöffel mit Chochloma-Muster sind ein beliebtes Souvenir aus Russland. / Vladimir Smirnov/TASS
Das russische Folkloreinstrument ist tatsächlich nichts anderes als ein Paar Löffel, die man in der Rus zum Essen verwendete. Sie wurden aus verschiedenen Holzarten hergestellt, so gab es welche aus Linde, Espe, Ahorn oder Eberesche. Ab wann man die Löffel auch zum Musizieren verwendete, ist nicht zuverlässig bekannt. Die erste historische Erwähnung fällt in das 13. Jahrhundert. Manche Historiker aber wollen sicher wissen, dass das Löffelschlagen erst Ende des 18. Jahrhunderts in die Volksmusik einging.
Von Esslöffeln unterscheiden sich die Loschki eigentlich nur durch ihre Festigkeit. Damit sie beim Schlagen nicht zerbersten, werden für ihre Herstellung vorwiegend dicke Stücke aus festen Holzarten verwendet. Geeignet sind insbesondere Ahorn und Birke. Die Holzart wirkt sich auch auf den Klang aus.
Das Loschki-Ensemble Cholmitschi bringt das alte Volksinstrument wieder auf die Bühne.
Das nationale Fan-Instrument der WM erfüllt vor allem ein Kriterium: Es ermöglicht eine kulturelle Assoziation mit dem Gastland. Die russische Kultur ist reich an nationalen Musikinstrumenten. Die Loschki aber erwiesen sich als unschlagbar.
„Zunächst schlossen wir wegen der massiven Kritik am Einsatz der Vuvuzela in Südafrika Blasinstrumente aus. Ferner kamen auch schwer zu spielende und große Instrumente nicht in Betracht – die Balalaika oder Ziehharmonika – und auch Saiteninstrumente wie Harfe, Gudok oder Zimbel“, erklärte Rustam Nugmanow, Musikinstrumentenbauer aus Elektrostal bei Moskau, der die Loschki als russisches WM-Symbol vorschlug, in einem Interview mit dem Onlinemagazin Znak.com.
Die Idee entstand 2010, als Russland in Zürich offiziell seinen Gastgeber-Status für die WM 2018 bestätigte. Doch die Loschki müssen erst noch WM-fit gemacht werden.
Nicht so häufig wie die Balalaika, doch immer wieder werden die Loschki auf Festivals gespielt. / Chernov/RIA Novosti
Die Zahl der in einer Hand gehaltenen Löffel hängt vom Rhythmus und der Versiertheit des Löffelschlägers ab. Aber selbst mit der Grundausstattung (zwei Löffel) dürfte ein Neuling seine Mühe haben. Schließlich müssen die beiden Löffel fest zwischen den Fingern einer Hand liegen. Der erste Anlauf fällt auch Russen schwer, zumal in Russland kaum jemand das Löffelschlagen praktiziert. Das Instrument ist seit Langem in die Regale von Souvenirläden gewandert und wird hauptsächlich von Touristen erworben, die wahrscheinlich kaum etwas über die Möglichkeiten dieses Gegenstandes wissen.
Wie dem auch sei: Loschki haben kein Mainstream-Potenzial, solange außer russischen Folkloreensembles niemand etwas mit ihnen anzufangen weiß. Und sie sind auch keine Pfeife, mit der sich durch bloßes Hineinblasen geräuschvolle Effekte erzielen lassen.
Für die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 muss niemand üben – für die Fußballfans gibt es die Holzlöffel in einer Sonderedition mit praktischem Gummigriff. / Pressebild
Dieses Problems hat sich Nugmanow angenommen. Er entwickelte eine V-förmige Halterung aus Gummi, die stundenlanges Üben vor dem Einsatz der Loschki überflüssig macht. Das Instrument ähnelt mit dieser Halterung dem lateinischen „V“ und verweist auf das Wort „victoria“, lateinisch für „Sieg“. Das Instrument erhielt so den Arbeitstitel „Sieges-Löffel“.
Der russische Präsident stimmte dieser Idee bereits zu. Bald wird Nugmanow Projektmittel in Höhe von einer Million Rubel (etwa 16 000 Euro) erhalten. In die Umsetzung des Vorhabens „Sieges-Löffel“ werden Industriedesigner und Planer einbezogen. Vorgesehen sind außerdem wissenschaftliche Untersuchungen – wahrscheinlich, um herauszufinden, wie die Nerven des Publikums und der Spieler am besten geschont werden können.
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