Die gesamten Weinanbaugebiete der Krim können zusammen einen Wert von 180 Millionen Euro haben. Foto: AFP
Das Parlament der Krim hat bereits seine Absicht erklärt, die ukrainischen Staatsunternehmen, die auf der Halbinsel angesiedelt sind, für Russland zu verstaatlichen. Um diese zu modernisieren, sind allerdings Investitionen in Höhe mehrerer Milliarden Euro notwendig. Im Ministerium für Wirtschaftsentwicklung der Russischen Föderation wird deren Umfang auf drei bis vier Milliarden Euro geschätzt. Dort ist man sich sicher, dass die Krim langfristig eine ertragreiche Region mit einer hohen Lebensqualität werden könne.
Zum Jahresanfang 2014 waren auf der Krim in den Registern für Staatseigentum und Gesellschaftsrecht ungefähr 300 Unternehmen eingetragen, an denen der Staat beteiligt ist. Viele der Industriebetriebe auf der Krim sind jedoch in keinem guten Zustand. So stand zum Beispiel das Schiffbauunternehmen Morje mehrfach wegen nicht gezahlter Sozialabgaben und Betriebskosten vor der Insolvenz.
Die einzigen werthaltigen Firmen auf der Krim bilden einen Gesamtwert, der wohl gerade einmal 1,5 Milliarden Euro übersteigt. Nach Berechnungen von „Forbes“ liegt der gegenwärtige Marktwert der
Gesellschaft Tschjornomorneftegas, die den Gasbedarf nahezu der gesamten Krim deckt und beabsichtigt, seine Förderleistung noch zu steigern, bei etwas über 700 Millionen Euro. Das Unternehmen wird in Kürze versteigert – der aussichtsreichste Interessent dürfte Gazprom sein. Dagegen ist das Schicksal der Energieverteilernetze noch völlig ungeklärt. Letztes Jahr verkündete die Regierung der Ukraine ihre Pläne zur Privatisierung des Fernwärmenetzes Sakskije teplowyje seti sowie der Fernwärmekraftwerke (TEZ) in Kamysch-Burunsk und Simferopol. Der staatliche Anteil in Höhe von 37 Prozent an diesen Gesellschaften sollte auf der Auktion in einem einzigen Paket für 19 Millionen Euro verkauft werden.
Weinanbau verspricht Rendite
Anders ist die Lage bei der Winzergenossenschaft der Krim, deren Verstaatlichung das Krim-Parlament bereits angekündigt hat: „Das Anlagevermögen inklusive der Gebäude ist nicht in bestem Zustand, interessanter könnten da schon die fertigen Erzeugnisse, die Weinreserven und die Weinberge sein“, zitiert „RBC“ den Vorstand der russischen Weinbauer- und Winzervereinigung, Leonid Popowitsch. Seiner Einschätzung nach könnten die gesamten Weinanbaugebiete der Krim zusammen einen Wert von 180 Millionen Euro haben. Der bedeutendste Weinhersteller der Halbinsel ist die Nationale Agrarproduktionsvereinigung Massandra. Nach Angaben einem der führenden russischen Wein- und Spirituosenimporteure ILS macht der Anteil dieses Produzenten allein schon knapp ein Fünftel der von der Krim nach Russland ausgeführten Still- und Perlweine aus.
Russland hatte bereits vor der Angliederung der Krim versprochen, in die Infrastruktur der Halbinsel 3,5 Milliarden Euro sowohl aus staatlichen Mitteln als auch aus privaten Quellen zu investieren. Mit diesem Betrag sollen die wichtigsten Infrastrukturprojekte finanziert werden: die Sanierung der Autobahn von Cherson nach Kertsch, deren Kosten allein schon auf eine Milliarde Euro geschätzt werden, der Bau der Brücke über die Straße von Kertsch, der mit mindestens ein bis zwei Milliarden Euro veranschlagt wird, sowie die Modernisierung von Hochsee- und Flughäfen und des Eisenbahnnetzes.
Krim-Unternehmen hoffen auf neue Aufträge aus Russland
Nach Meinung von Experten haben nicht nur die Infrastrukturbetriebe der Krim eine milliardenschwere Finanzspritze nötig, sondern auch andere Unternehmen, die durch die Krim verstaatlicht werden könnten. Wie Wolodimir Omeltschenko, Direktor des Energieprogramms des Ukrainischen Rasumkow-Zentrums, erklärte, würden „für eine eigenständige Energiewirtschaft der Krim langfristige Investitionen in einem Umfang von drei bis vier Milliarden Euro benötigt“. Diese Gelder würden gebraucht, um die Gasförderleistung zu erhöhen, alte Wärmeheizkraftwerke zu modernisieren und neue, auf der Grundlage alternativer Energiequellen funktionierende Kraftwerke in Betrieb zu nehmen.
Einige der Industrieunternehmen erhoffen sich auch neue Aufträge aus Russland. So könnte das Werk Fiolent, das Funkortungsgeräte und Elektroinstrumente herstellt, mit russischen Rüstungs- und Zivilbetrieben kooperieren. Auch das Schiffsbauunternehmen Morje wird deshalb wohl auf Auftraggeber für seine Luftkissenboote hoffen können.
Wie bereits erwähnt wurde, benötigen auch die Winzer der Krim dringend Investitionen. Wie der Mitgesellschafter der Vereinigung der Sommeliers und Experten Russlands, Arthur Sarkisjan, zu bedenken gibt, sei die russische Gesetzgebung, die sich bald auch auf die Krim erstrecken wird, nicht auf die Förderung der Weinwirtschaft ausgerichtet. Nichtsdestoweniger, so sind Experten sicher, verfügen die einheimischen Unternehmen über das notwendige Potenzial, denn das Klima und der Boden für qualitativ hochwertige Reben seien vorhanden. „Die Massandra-Likörweine zum Beispiel stechen schon lange durch ihre gute Qualität hervor“, bemerkt ein Experte.
Potenzial der Heilbäder muss entwickelt werden
Das Schicksal der meisten Kurbäder und Sanatorien auf der Krim, die den staatlichen Behörden der Ukraine zugeordnet sind, ist allerdings vorerst noch ungeklärt. Das berühmte Kinderferienlager Artek untersteht übrigens bereits nicht mehr Kiew. Diese und auch andere Erholungseinrichtungen der Krim sind allerdings stark renovierungsbedürftig.
Vergangenen Herbst hatte das Ministerium für Kurbetriebe der Ukraine
berechnet, dass die vollständige Sanierung eines einzelnen Sanatoriums im Durchschnitt ungefähr 4,5 Millionen Euro zum damaligen Umtauschkurs kosten würde. Ende 2013 befanden sich 128 Heilstätten auf der Halbinsel unter der Verwaltung von Kiew, mindestens die Hälfte von ihnen müssen modernisiert werden. Sollten sie in die russische Zuständigkeit überführt werden, kostet der Umbau insgesamt bis zu 300 Millionen Euro. Das milde Krim-Klima, die Schönheit der Natur und die historischen Denkstätten könnten eine große Zahl Touristen anziehen, wenn die Unterkünfte dem internationalen Standard entsprächen.
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