Tierische Torpedos für die russische Armee

Im Ozeanarium von Sewastopol sollen Delfine und Seebären für den militärischen Kampfeinsatz ausgebildet werden. Foto: wikimedia.org

Im Ozeanarium von Sewastopol sollen Delfine und Seebären für den militärischen Kampfeinsatz ausgebildet werden. Foto: wikimedia.org

Nach der Aufnahme der Krim plant das Ozeanarium in Sewastopol, Delfine und Seebären für den Einsatz in der russischen Marine auszubilden. Die Tiere sollen vor allem bei der Ortung von Unterwasserzielen eingesetzt werden. Das Vorhaben wird nicht überall begrüßt.

Schon zu Sowjetzeiten wurden im staatlichen Ozeanarium von Sewastopol auf der Krim Delfine und Seebären für den militärischen Einsatz ausgebildet. Nach dem Zerfall der Sowjetunion nahm die Ukraine das Ausbildungsprogramm für die tierischen Soldaten erst 2012 wieder auf. Nach der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation gehört das Ozeanarium mit seinen Tieren nun zu Russland.

Ein Mitarbeiter des Ozeanariums, der anonym bleiben will, verriet der Nachrichtenagentur RIA Novosti, dass die Meeressäuger zukünftig nach neu entwickelten Programmen für den Einsatz in der russischen Marine abgerichtet werden sollen. Nach Informationen von RIA Novosti wird die Aufgabe der Delfine und Seebären sein, versunkene Gegenstände und Militärtechnik sowie Kampfschwimmer aufzuspüren. Da die bisherige Kampfausrüstung der Tiere veraltet ist, entwickeln Ingenieure des Ozeanariums derzeit neue Geräte und neue Programme, um die Tiere effizienter unter Wasser einsetzen zu können.

„Unsere Fachleute haben an der Entwicklung von neuen Geräten gearbeitet, die bei der Ortung eines Unterwasserziels den Impuls des Sonars eines Delfins transformieren und auf den Monitor am Bedienpult weiterleiten. Der ukrainischen Marine fehlte es jedoch an Geldmitteln für derartige High-Tech, deshalb mussten einige Projekte stillgelegt werden", sagte der Mitarbeiter des Ozeanariums. Er hoffe, dass die russische Marine nun ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen werde.

 

Kritische Stimmen

Sergey Petuchow ist Journalist bei RIA Novosti und einer der Kritiker des Projekts. „Aus einem Delfin einen Kamikaze-Kämpfer zu machen, ist kaum schwieriger, als aus einem Hund, es ist das gleiche Ergebnis. Eigentlich sollten die Militärs auf Kampfdelfine genauso verzichten, wie auf Kampfhunde, Kampfkamele, Kampfelefanten und sogar Kampfpferde – die Kavallerie."

Zudem liege bei der Dressur der Delfine ein großes Problem darin, dass man ihnen beibringen müsse, die eigenen Soldaten von Feinden zu unterscheiden: „Man kann einen Delfin darauf abrichten, die eigenen Leute

von Fremden zu unterscheiden, indem man einen Fremden auf irgendeine Weise kennzeichnet – visuell, chemisch oder akustisch. Bei Militäreinsätzen ist das jedoch aus verständlichen Gründen nicht machbar. Folglich müsste man die eigenen Leute kennzeichnen", sagt Petuchow. Allerdings ist dadurch das Problem nach Ansicht Petuchows nur teilweise gelöst.

Er spricht einen weiteren schwachen Punkt bei der Ausbildung von Delfinen und Seebären an: „Wenn es nur darum ginge, einem Tier beizubringen, die markierten Objekte nur mit dem Maul anzutasten, könnte man durchaus einen annähernden Erfolg erzielen. Einem Tier allerdings beizubringen, die gekennzeichneten Objekte nicht zu berühren, sondern stattdessen alle anderen zu jagen, unabhängig von deren Form, Größe, Geruch oder Beinbewegung, ist hingegen wesentlich schwieriger. Die Gefahr eines Fehlers ist dabei immens groß."

Die USA haben in den 1960er Jahren als erste damit begonnen, Delfine für militärische Zwecke auszubilden. Die Tiere sind während der Golfkriege zum Einsatz gekommen.

In der Sowjetunion wurde 1965 ein Forschungszentrum für die Ausbildung von Kampfdelfinen an der Schwarzmeerküste eröffnet. Dort wurden Kampfdelfine hauptsächlich für den Streifendienst an Einfahrten zu Marinestützpunkten, für die Ortung von feindlichen Tauchern und zur Minensuche eingesetzt. Eine Zeitlang wurden Delfine auch als Kamikazekämpfer ausgebildet, die Schiffe des Gegners versenken sollten.

Heute gibt es weltweit nur zwei Ausbildungszentren für Kampfdelfine – auf dem US-Marinestützpunkt in San Diego (USA) und auf der Krim in Sewastopol.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei RIA Novosti

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