Russlands Eisenbahner setzen weiter auf Siemens

Die Elektrolok "Sinara" wurde in Russland von Siemens hergestellt.Foto: Slawa Stepanow/GELIO

Die Elektrolok "Sinara" wurde in Russland von Siemens hergestellt.Foto: Slawa Stepanow/GELIO

Die russischen Eisenbahner zeigen sich unbeeindruckt von der politischen Lage und den Sanktionen. Beim Ausbau des russischen Hochgeschwindigkeitsnetzes wollen sie die seit vielen Jahren erfolgreiche Zusammenarbeit mit Siemens fortsetzen.

Aleksandr Mischarin, Chef von JSC Skorostnyje magistrali, einer Tochterfirma der russischen Eisenbahngesellschaft, setzt beim Ausbau von Hochgeschwindigkeitsstrecken im Zugverkehr weiter auf die Kooperation mit ausländischen Partnern. Das erklärte Mischarin im Interview mit RBTH.

Siemens ist seit 1851 auf dem russischen Markt tätig. Damals hat die Firma Zeigertelegrafen nach Russland geliefert. Später wurde unter Beteiligung deutscher Partner das kaiserliche Telegrafennetz gebaut. In den darauf folgenden Jahrzehnten kooperierte die Firma im Bereich elektrischer Geräte. Siemens lieferte die Ausstattung für die Moskauer Olympiade 1980.

Nemezkaja Iniziatiwa ist eine Vereinigung, welche speziell für die Realisierung von Projekten der Hochgeschwindigkeitszüge in Russland durch deutsche Firmen initiiert wurde. Der Vereinigung sind Siemens und die Deutsche Bahn, Porr und Rail.One, Vossloh, Kapsch und andere Firmen beigetreten.

Die Sanktionen des Westens stellten nur eine geringe Gefahr für die historisch gewachsenen Beziehungen dar. „Die Firma Siemens beispielsweise arbeitet in Russland schon seit über 160 Jahren", erzählte Mischarin. In dieser Zeit hätte es weitaus schlimmere Perioden in der Geschichte des Russischen Kaiserreichs, der Sowjetunion und später Russlands gegeben als die Ukraine-Krise, und dennoch sei die Zusammenarbeit immer bestehen geblieben.

Heute liefert Siemens hauptsächlich Hochgeschwindigkeitszüge vom Typ „Sapsan" nach Russland. Diese Zusammenarbeit solle noch ausgebaut werden, erklärte Mischarin. „Mitte Mai hat die Vereinigung Nemezkaja Iniziatiwa die letzten Entwicklungen im Bereich des Aufbaus der Infrastruktur und neuer Züge vorgestellt", berichtete er. „Es ist geplant, Züge mit Geschwindigkeiten von 330 bis 400 Stundenkilometern einzusetzen, die speziell für Russland unter Berücksichtigung unserer Bedingungen wie der Spurbreite oder der Abmessungen gebaut werden."

 

Verhandlungen mit anderen Ländern werden zurückhaltend geführt

Mischarin betont, dass bei der Arbeit mit deutschen Partnern eine starke russische Lokalisierung von bis zu 80 Prozent gewahrt bleibe. Siemens habe ein derartiges Schema bereits erprobt. „Siemens hat gemeinsam mit

der Unternehmensgruppe Sinara eine Produktion in Russland. Im gemeinsamen Betrieb Uralskije Lokomotiwy wurde in diesem Jahr mit der Produktion von elektrischen Schnellzügen des Typs ‚Lastotschka' mit einer Geschwindigkeit von circa 160 Stundenkilometern begonnen", so Mischarin. Dieser Produktionsbetrieb sei zurzeit das am besten ausgestattete Unternehmen. Auch die Herstellung von Hochgeschwindigkeitszügen mit Aluminiumkarosserie sei dort möglich.

Auf die Frage, ob denn die russische Eisenbahn auch neue Kooperationspartner in Betracht ziehe und ob die in vielen Bereichen zu beobachtende Orientierung der russischen Wirtschaft in Richtung Osten auch für die Eisenbahn aktuell sei, bestätigte Mischarin das Interesse seitens Chinas und Japans. „Chinesische Firmen interessieren sich sehr für unsere Projekte. China ist heute das größte Land der Welt im Bereich des Hochgeschwindigkeitsverkehrs. Und chinesische Firmen sind interessiert an der Herstellung von Zügen in Russland. Außerdem besteht eine Kooperation mit japanischen Unternehmen", führte er aus. Zugleich betonte er, die Verhandlungen würden von russischer Seite aus „zurückhaltend geführt".

 

Highspeed für ganz Russland

Langfristig soll in ganz Russland ein flächendeckendes Netz von Hochgeschwindigkeitseisenbahntrassen entstehen. Laut Mischarin sei ein solches Netz ein Zeichen für den Stand der wirtschaftlichen, industriellen und wissenschaftlichen Entwicklung des Landes. Im vergangenen Jahr bewilligte die Regierung diese Transportstrategie bis zum Jahr 2030.

Geplant ist die Errichtung einer Infrastruktur für Züge mit Geschwindigkeiten von 250 bis 400 Stundenkilometern und die Anpassung alter Linien für Züge mit Geschwindigkeiten von 140 bis 200 Stundenkilometern.

Die erste Hochgeschwindigkeitsstrecke des Landes, die Strecke Moskau – Kasan, soll bereits zum Jahr 2018 fertig sein und später noch verlängert werden. Die Eröffnung ist zeitlich abgestimmt mit der Fußball-WM 2018, bei der Kasan einer der Austragungsorte ist. Die Fahrtzeit für die Strecke von fast 800 Kilometern soll sich von derzeit elfeinhalb Stunden auf dreieinhalb Stunden verkürzen. Kasan, eines der größten industriellen und finanziellen Zentren Russlands, das in der als für Investitionen besonders attraktiv geltenden Republik Tatarstan liegt, ist dann nur noch einen Katzensprung von Moskau entfernt.

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