Leonid Michelson ist laut „Forbes“ aktuell der reichste Mann Russlands. Der Besitzer des Konzerns Novatek, Russlands größtem privaten Gasunternehmen, verfügt über ein Vermögen von rund 13,08 Milliarden. Weltweit liegt er damit auf Platz 60 der reichsten Menschen.
Michelson konnte seinen Reichtum im Gegensatz zu vielen seiner Landsleute auf der Forbes-Liste vor allem im vergangenen Jahr deutlich mehren. Und es bestehen Aussichten auf noch mehr Einnahmen für sein Unternehmen Novatek. Michelson macht dem russischen Energieriesen Gazprom nämlich das Monopol auf den Erdgasexport streitig und könnte sich damit nach Meinung von Experten auch durchsetzen.
Michelson profitierte im vergangenen Jahr vor allem von einem besonders großen Deal: Für 1,3 Milliarden Euro verkauften Oligarch Gennadi Timtschenko und er zehn Prozent ihrer Anteile an Sibur, dem größten petrochemischen Konzern Russlands, an das chinesische Staatsunternehmen Sinopec. Ein weiterer Großaktionär von Sibur ist übrigens Kirill Schamalow, der in diesem Jahr erstmals in der „Forbes“-Liste auftaucht. Schamalow gilt als mutmaßlicher Schwiegersohn des russischen Präsidenten.
Die guten Beziehungen im Gassektor verdankt Michelson seinem Vater Wiktor, der zu Sowjetzeiten ein leitender Ingenieur für den Bau von Pipelines war. Der Unternehmer verdient sein Geld jedoch nicht nur mit Rohstoffexporten. Er verkauft auch die Folgeprodukte. „Michelson ist in Zeiten eines niedrigen Ölpreises rechtzeitig umgestiegen auf den Verkauf der lukrativeren petrochemischen Produkte. Diesem Umstand verdankt er seinen Aufstieg in der „Forbes“-Liste“, erklärt Emil Martirosjan, Dozent an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentlichen Dienst. Die Preise für petrochemische Produkte würden trotz der Ölpreis-Krise kontinuierlich steigen. Michelsons Novatek gehöre zu den wenigen Unternehmen in Russland, die ihre Kapitalisierung 2015 erhöht hätten, sagt Ilja Balakirew, Analyst bei der Investmentgesellschaft Premier.
Im Februar 2016 bat Novatek die russische Regierung, dem Unternehmen eine Genehmigung für Gaslieferungen nach Europa zu erteilen. Der Transport soll durch die Pipelines des Konkurrenten Gazprom erfolgen, der bisher ein Monopol auf diese Lieferungen hat. Unterstützung für den Vorstoß gab es aus dem Energieministerium, berichtete die russische Zeitung „Wedomosti“. Novatek könnte sogar helfen, die russischen Gasproduzenten gegenüber norwegischen Energieerzeugern konkurrenzfähiger zu machen. Denn in einigen Ländern sei Gazprom nicht gerne gesehen, etwa in Litauen, sagt Balakirew. Litauen reduziere konsequent die Bestellmenge bei Gazprom und bevorzuge norwegische Lieferanten.
Gute Aussichten also für Novatek. Das Unternehmen könnte zudem bald Zugang zur Pipeline „Kraft Sibiriens“, die russisches Gas nach China transportieren soll, bekommen. Gazprom muss zunächst neue Vorkommen erschließen. Gas von unabhängigen Produzenten wäre eine Alternative.
Nutzungsrechte für weitere Produzenten neben Gazprom könnten auch ein weiteres Problem aus der Welt schaffen. „Durch Gaslieferungen von Fremdfirmen durch die Pipelines von Gazprom könnte eine der Forderungen des dritten EU-Energiepakets erfüllt werden“, sagt Iwan Kapitonow, Dozent an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentlichen Dienst. Nach EU-Recht dürfen Gaslieferant und Pipeline-Betreiber nicht identisch sein. Das ist eines der Hindernisse für die geplante Pipeline „South Stream“ und den zweiten Strang des „North Stream“, der durch das Baltische Meer verlaufen soll. Bulgarien etwa blockierte deshalb das „South Stream“-Projekt. „Novatek als neuer Gaslieferant könnte für alle Seiten Vorteile bedeuten. Russland könnte dadurch trotz vieler Hindernisse seinen Anteil auf dem EU-Markt bewahren“, meint Kapitonow.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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