Sind die russischen Ölvorkommen wirklich so gut wie erschöpft?
ReutersDas letzte der größten Erdölfelder auf dem russischen Festland, Erginskoje im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen, wird versteigert. 64,5 Millionen Tonnen Reserven birgt das Ölfeld, auf 307,2 Millionen Tonnen werden die potenziellen Reserven geschätzt. Der Startpreis liegt bei sieben Milliarden Rubel (123 Millionen US-Dollar). Die Bewerber stehen Schlange, darunter Rosneft, Gazprom neft, die Unabhängige Öl- und Gasgesellschaft, Surgutneftegas und Nowatek. Eine der Bedingungen für den Sieger, der bis zum 7. Juni bekannt gegeben werden soll, ist die Verarbeitung des gesamten Erdöls in russischen Erdölraffinerien.
Erginskoje ist das letzte große Erdölfeld, das Russland noch in seiner Reserve hatte. Wie geht es nun weiter? Vor Kurzem sagte Sberbank-Leiter Herman Gref, dass Russlands Vorräte an schwarzem Gold noch bis zum Zeitraum von 2028 bis 2032 reichen werde, sprich für zehn bis 20 Jahre. Ölgesellschaften und Experten sind da anderer Meinung.
Im März sagte der russische Energieminister Alexander Nowak, dass Russland über Erdöl- und Gasreserven für mehr als 50 Jahre verfüge. Die Selbstkosten würden sich dabei auf zehn bis 15 US-Dollar pro Barrel belaufen. Zudem verfüge Russland über ein riesiges Kohlenwasserstoff-Potenzial in der Arktis.
„Ich wundere mich über diese Horrorgeschichten, dass Russland das Erdöl ausgehe und alles verloren sei“, sagte auch Umweltminister Sergej Donskoj in einem Interview mit der Tass. „Unsere Reserven reichen für mindestens 30 Jahre. Und das, ohne neue Lagerstätten erkunden zu müssen oder Investments in neue Technologien zu tätigen. Wir investieren jedes Jahr, deshalb werden wir auch in 30 Jahren für weitere 30 Jahre genug haben.“Zwar sind die Erdölfelder in Westsibirien tatsächlich fast ausgeschöpft. Doch in Russland gibt es noch eine Reihe von Fundstätten, die weltweit zu den größten zählen, mit Ölreserven in Höhe von Milliarden Barrel. Das ist bislang nicht berücksichtigt worden. Die Erdölreserven im westsibirischen Becken werden auf 3,6 Milliarden Barrel geschätzt, in der Barentssee auf 7,4 Milliarden.
Allerdings müsse in diesen Regionen die gesamte Infrastruktur komplett erneuert werden, merkt Roman Tkatschuk von der Brokergesellschaft Alpari an. Darüber hinaus sei eine Fremdfinanzierung notwendig, was bei den aktuell niedrigen Ölpreisen nicht ratsam sei. Um Absatzmärkte zu gewährleisten, müssten zudem ausländische Partner angezogen werden.
„Das Wichtigste an der Schiefer-Revolution in den USA ist der Beweis, dass unkonventionelles Erdöl existiert. Das ist eine neue Art von Öl, dank der neue Reserven berücksichtigt werden können. Das betrifft nicht nur Schieferöl, sondern auch die Gewinnung aus bitumenhaltigem Sand und dergleichen“, sagt Simonow.
Es ist klar, dass es teurer ist, unkonventionelles Erdöl zu gewinnen. Das Erdöl muss zudem erst erkundet werden. Der Schelf ist bis heute jedoch wenig erschlossen. „Es ist eine Sache, wenn man über teureres Erdöl verfügt, eine andere, wenn man gar keins hat. Japan zum Beispiel verfügt über gar kein Erdöl, wir dagegen schon. Die USA haben Schieferöl, Kanada hat Bitumenöl, wir haben Baschenow und Schelf“, sagt Simonow.
Die Phase der niedrigen Ölpreise werde zudem nicht ewig andauern. Für die Erschließung des Schelfs müssen die Preise auch nicht bei 100 Dollar pro Barrel liegen. „Nach unseren Schätzungen sind die Projekte in Ostsibirien und auf dem Schelf ab einem Ölpreis von 60 bis 80 US-Dollar pro Barrel rentabel. Für die Entwicklung des Schelfs in der Arktis sind moderne Technologien der westlichen Länder notwendig. Die Entwicklung wird deshalb wohl von der Aufhebung der Sanktionen abhängen“, sagt Roman Tkatschuk.Sollte Erdöl der Marke Brent aber auf dem Niveau von unter 60 bis 70 US-Dollar verbleiben, dann werden russische Unternehmen weiterhin auf die Fundstätten in Westsibirien und dem Autonomen Kreis der Chanten und Mansen setzen und weitere Löcher bohren.
Dieser Beitrag erschien zuerst auf Wsgljad.
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