People hurry as they cross a street under a storm cloud in Moscow, Russia, Friday, June 30, 2017. Russian authorities say a massive thunderstorm around Moscow has killed at least one person, injured several others and forced scores of planes to divert to other airports.
APDer bisherige Sommer war in den westlichen Regionen Russlands ungewohnt kalt und verregnet. Seit Mai gibt es in Moskau Regen, Gewitter und sogar Schnee. Der russische Wetterdienst bezeichnete den Mai als den kältesten Monat und den Juni als den zweitkältesten Monat im 21. Jahrhundert. Die Durchschnittstemperatur lag im Juni mit 14,5 Grad Celsius zwei Grad Celsius unter dem Normalwert von 16,5 Grad Celsius. Es ist keine Überraschung, dass ein solch ungewöhnlich kalter Sommer Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes und das Konsumentenverhalten hat.
/ Maksim Blinov/RIA Novosti
Die Landwirtschaft hängt in hohem Maße vom Wetter ab. Regen und Kälte schmälern das Einkommen der Landwirte. Wie die russische Zentralbank berichtet, hat das schlechte Wetter die Aussaat einiger Gemüsesorten wie Kartoffeln, Gurken, Möhren und Zwiebeln um drei bis vier Wochen verzögert, was auch die Ernte entsprechend nach hinten verschiebt. Nur etwa 82 Prozent der für dieses Jahr geplanten Kartoffelpflanzen sind überhaupt erst im Boden. Bei Gemüse liegt dieser Wert gar nur bei 77 Prozent. Die Nationale Vereinigung von Versicherern in der Landwirtschaft sagt voraus, dass die Verluste bei etwa 2,6 Milliarden Rubel (etwa 43 Millionen Euro) liegen werden.
“Die Mehrheit der landwirtschaftlichen Betriebe ist nicht versichert. Das heißt, dass die Unternehmen den Großteil der Verluste selbst tragen müssen. Dies wiederum wird die Nahrungsknappheit in Russland erhöhen und zu mehr Importen führen”, erklärte Pavel Sigal, Erster Vizepräsident von Opora Rossii, einem Verband kleiner und mittlerer Unternehmen Russlands gegenüber RBTH. In dieser Situation sollte die Regierung eine finanzielle Unterstützung der Betriebe in Erwägung ziehen, um einen Anstieg der Inflation in Grenzen zu halten, empfahl der Experte.
Die Verluste in der Landwirtschaft haben die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe getrieben, was wiederum die Inflation ankurbelte. Die russische Zentralbank hat darüber informiert, dass sich die Inflation im Juni verschärft hat und auf 4,4 Prozent angestiegen ist. Das wiederum hat zu einem unerwarteten Wachstum der Preise für Nahrungsmittel um 8,3 Prozent geführt.
In dieser Situation wird die Zentralbank unter Berücksichtigung weiterer potentieller Risiken die Zinsen anpassen müssen, vermuten Experten der Russischen Präsidial-Akademie der Volkswirtschaft und Staatlichen Verwaltung (RANEPA), des Gaidar Institutes und der Russischen Akademie für Außenhandel. Ein potentieller Rückgang der Nachfrage sowie die Abwertung des Rubels könnten zu einem Anstieg der Inflation führen, sagen die Spezialisten voraus.Der kalte Sommer hat zu einer Veränderung des Kaufverhaltens geführt. Die Menschen kauften verstärkt Regenschirme und Heizgeräte anstelle von Speiseeis oder Erfrischungsgetränken, wie beispielsweise das Nationalgetränk Kwas.
Einerseits haben die Einzelhändler einen Anstieg der Abverkäufe von Regenschirmen um 135 Prozent, von Gummistiefeln um 50 Prozent und von Spielekonsolen um 21 Prozent gemeldet. Andererseits gab es einen Rückgang der Verkäufe von Speiseeis im zweistelligen Bereich, von Fleisch und Fleischspießen (Schaschlik) um 20 Prozent, von Klimaanlagen um 30 Prozent und von Kleidung um 15 bis 20 Prozent. Einige Modemarken haben sogar Rabatte bis zu 70 Prozent eingeräumt, um wenigstens einige Stücke aus der Sommerkollektion zu verkaufen.
/ AP
Laut Informationen des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung hatte das schlechte Wetter auch Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation, insbesondere in wetterabhängigen Wirtschaftsbereichen. Den größten Rückgang der Beschäftigungsrate vermeldete die Landwirtschaft mit 15,4 Prozent im Vergleich zum Mai des vergangenen Jahres. Das Hotel- und Gaststättenwesen und der Einzelhandel berichten von einem Rückgang um 3,1 Prozent. Im Bereich Bildung beträgt er 1,4 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen stieg in Russland von April zu Mai von 3,9 Millionen auf 4,1 Millionen.
Die Tourismusindustrie in Sotschi und auf der Krim leidet ebenfalls unter dem schlechten Wetter. Im Juni zog es die Menschen lieber in wärmere Gefilde wie Zypern als an das Schwarze Meer.
Laut Angaben der Online-Reise-Plattform Level.Travel sind momentan die einheimischen Erholungsorte weniger beliebt als die Türkei mit einem Nachfrageanstieg von 37 Prozent oder Griechenland mit 14 Prozent.
Das Interesse an einheimischen Tourismuszielen ist um 10-15 Prozent gesunken im Vergleich zum Vorjahr. Deshalb versuchen viele Hotels und Reisebüros das Defizit mit Sonderkonditionen auszugleichen. Experten gehen jedoch von einer baldigen Verbesserung der Lage aus, sobald sich das Wetter verbessert. In Sotschi sind es immerhin bereits 30 Grad Celsius.
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