Friedhof der ausgedienten Atom-U-Boote in Sajda-Guba. Foto: Pressebild
Auf der Halbinsel Kola herrscht ein raues Klima. Mehr als sechs Monate im Jahr übersteigt die Temperatur kaum minus 40 Grad Celsius. In dieser unwirtlichen Gegend befindet sich der Stützpunkt der russischen Nordflotte – und die weltweit größte Ansammlung radioaktiver Abfälle. Im Örtchen Saida-Guba, in der Nähe der Barentssee, liegt der Friedhof der ausgedienten Atom-U-Boote, 120 an der Zahl. Ein Erbe aus den Zeiten des Kalten Krieges.
Im Jahr 2002 wurde auf dem G-8-Gipfel von Genua beschlossen, insgesamt 20 Milliarden US-Dollar (etwa 15 Milliarden Euro) zur Beseitigung radioaktiver Abfälle bereitzustellen, auch für die Entsorgung ausgedienter russischer Atom-U-Boote. Viele Staaten waren bereit, Gelder dafür bereitzustellen, und ein Großteil der Summe floss in das Projekt im Norden Russlands.
Im Jahr 2003 unterzeichneten Russland und die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen, im Rahmen dessen Unternehmen beider Länder ein Lager für ausgediente Atomreaktoren, ein Dock und Aussichtstürme auf der Halbinsel Kola errichten sowie die restlichen Atom-U-Boote aus Saida-Guba entsorgen und die Schiffswerft Nerpa modernisieren sollten. Im Mittelpunkt des bilateralen Projekts stand der Bau eines Langzeitlagers für radioaktive Abfälle und eines sogenannten Atommüll-Konditionierungszentrums in Saida-Guba. Atommüll konditionieren, das bedeutet, ihn transport- und lagerfähig zu machen.
Der Rumpf der U-Boote soll in Saida-Guba zerteilt und ihr Schrott weiterverarbeitet werden, die Reaktoren, die noch radioaktive Strahlung abgeben, werden fachgerecht gelagert. Für das Projekt wurden in Berlin Mittel in Höhe von 588 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, davon sind bisher 450 Millionen Euro abgerufen worden.
Das deutsche Unternehmen Energiewerke Nord GmbH in Rubenow bekam den Auftrag zur Errichtung eines Langzeitzwischenlagers für die Reaktoren in der Sajda-Bucht. Im Dezember 2014 soll das Projekt erfolgreich abgeschlossen worden sein. Das Zwischenlager für die ausgedienten Atom-U-Boote und 25 Serviceschiffe sowie das Verarbeitungszentrum für radioaktive Abfälle wurden nach westlichen Standards errichtet.
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„Nach zwölf Jahren können wir konstatieren, dass das Geld nicht umsonst ausgegeben wurde", sagt der unabhängige Experte für Atomenergie, Alexander Uwarow, und erläutert: „Das Projekt hat ein Paar ernsthafte Probleme gelöst: Im Nordpolargebiet ist es in puncto radioaktiver Belastung nun sauberer und ungefährlicher." Als wesentliche Errungenschaft betrachtet der Experte dabei die vollständige Fertigstellung der dritten Baustufe des Konditionierungszentrums. „Gegenwärtig werden dort die Maschinen eingerichtet und die Gerätetechnik eingehend geprüft", berichtet Uwarow.
Damit ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit jedoch nicht beendet. Die Fachleute des russisch-deutschen Technikkomitees haben sich bei ihrem letzten Treffen im Februar dieses Jahres auf die Lieferung neuer Ausrüstung aus Deutschland geeinigt. Dabei handelt es sich unter anderem um Castoren für den Transport der radioaktiven Abfälle. Beim nächsten geplanten Treffen im April in Sankt Petersburg wird es um Fragen der Schulung der russischen Mitarbeiter gehen. Im Juni 2015 ist die feierliche Eröffnung des Zentrums in der Sajda-Bucht unter Beteiligung namhafter Persönlichkeiten vorgesehen.
Die Globale G-8-Partnerschaft gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und -materialien ist eine Initiative aus dem Jahr 2002. Innerhalb von zehn Jahren sollten 20 Milliarden US-Dollar für die Verwirklichung ihrer Ziele bereitgestellt werden.
Die USA sollten zehn Milliarden, die Bundesrepublik 1,5 Milliarden, die übrigen EU-Mitgliedstaaten eine Milliarde und Kanada 600 Millionen US-Dollar beisteuern. Der russische Anteil sollte zwei Milliarden US-Dollar betragen.
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