Die Entscheidung der russischen Aufsichtsbehörde ist ein Präzedenzfall und findet weltweit Beachtung. Auch in der EU wächst der Druck auf Google.
ReutersIm Februar dieses Jahres hat die Föderale Antimonopolbehörde (FAS) in Russland auf Antrag des russischen Suchmaschinenanbieters Yandex ein Untersuchungsverfahren gegen den Konkurrenten Google eröffnet. Yandex behauptete, das US-amerikanische Unternehmen würde seine Marktdominanz bei Android-Geräten ausnutzen und damit gegen russische Wettbewerbsnormen verstoßen.
Mit einem Anteil von 85 Prozent beherrscht Android, ein von Google entwickeltes kostenloses Betriebssystem für mobile Endgeräte, den globalen Markt. Im Dezember vergangenen Jahres änderte der US-amerikanische Marktführer ohne Vorankündigung die Geschäftsbedienungen für die Gerätehersteller. Anwendungen von Google-Konkurrenten durften auf den Geräten nicht mehr vorinstalliert werden. Davon betroffen waren auch Apps von Suchdiensten wie Yandex. Bei Verstößen drohte Google den Herstellern mit der Abschaltung beliebter Anwendungen wie Google Maps, Youtube, Gmail und Google Play, dem Android-App-Store. Hersteller wie Fly, Explay und Prestigio stellen daraufhin die Zusammenarbeit mit Yandex ein.
In Russland ist Yandex mit 57,4 Prozent Marktführer, Google hat einen Marktanteil von 34,9 Prozent. Doch die Position des russischen Internetsuchdienstes wird zusehends schwächer, Google hingegen ist auf dem Vormarsch. Setzt sich diese Tendenz unverändert fort, könnte der US-amerikanische Gigant in wenigen Jahren die Marktführerschaft in Russland übernehmen. Die Möglichkeit, eigene Apps auf den Geräten vorzuinstallieren, ist für Yandex daher von essenziellem Interesse. Schließlich erfreuen sich die Mobilgeräte von Fly, Explay und Prestigio großer Beliebtheit in Russland.
Die Entscheidung der Kartellbehörde stellt die alten Verhältnisse wieder her. Softwareanbieter müssen zur Vorinstallation von Apps direkt mit den Herstellern von Smartphones und Tablets verhandeln. Dabei sollen die günstigsten Konditionen ausschlaggebend sein. Zudem wird Google nicht nur dazu verpflichtet, die Android-Nutzer über Möglichkeiten zu informieren, etwa vorinstallierte Apps zu deinstallieren sowie die Voreinstellung von Google Chrome als Standardbrowser und Google als Standardsuchmaschine rückgängig zu machen. Zudem muss das Unternehmen den Nutzern auch Such-Widgets und weitere Dienste der Konkurrenz anbieten. Die Frist dafür ist der 18. November.
Gäbe es Yandex nicht, wäre Google auf dem russischen Markt praktisch konkurrenzlos. 2014 erwirtschaftete das US-Unternehmen in Russland einen Gewinn von rund 275 Millionen Euro, bei einem Konzerngewinn von rund 58 Milliarden Euro weltweit. Es ist daher kaum anzunehmen, dass der Verlust auf dem russischen Markt, der nur einen Anteil von einem halben Prozent an der globalen Marktstellung des US-Unternehmens ausmacht, einen herben Schlag für Google bedeuten würde.
Doch die Entscheidung der russischen Aufsichtsbehörde ist ein interessanter Präzedenzfall und findet weltweit Beachtung. Auch die Europäische Union sammelt bereits seit Längerem Hinweise auf mögliche Wettbewerbsrechtsverstöße des US-amerikanischen Internetriesen. Sollten sich die Verdachtsmomente gegen den Konzern erhärten, könnte die EU-Kommission eine Strafe in Höhe von zehn Prozent des Gewinns verhängen. Und diese Milliardensumme wäre auch für Google sehr schmerzhaft.
*Der Autor ist Marketingdirektor von e-Legion und Internetexperte.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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