Erstens: Russland ist nicht kalt. Wenigstens nicht immer und nicht überall.
Russland ist groß und natürlich unterscheidet sich das Klima in der Arktis oder Sibirien von dem in Sotschi und der Schwarzmeerküste. Die durchschnittliche Jahrestemperatur in Jakutsk (Ferner Osten) beträgt -8,8°C, in Sotschi sind es es 14,2°C.
In Moskau sind gerade um 27°C und viele Moskowiter scheinen schon den langen, kalten russischen Winter zu vermissen. Aber warum ist und gilt Russland eigentlich als extrem kalt?
Der stellvertretende Direktor Alexander Beljajew vom Geographie-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften erklärt mit den geografischen Gegebenheiten des Landes:
"Traditionell gilt Russland als ein kaltes Land. Laut offizieller Statistik beträgt die durchschnittliche Jahrestemperatur -5,5 °C. Das weite Gebiet des europäischen Russlands, in dem die Luft im Allgemeinen von Westen nach Osten strömt, steht den [kalten] Luftmassen aus der Arktis praktisch offen."
Es gibt keine Berge an den russischen Nordküsten, die das Territorium vor den arktischen Winden schützen könnten: Der Ural verläuft von Norden nach Süden und der Kaukasus liegt an der südlichen Grenze Russlands.
Auf das russische Klima muss man vorbereitet sein. Viele russische militärische Siege über ausländische Eindringlinge wie Napoleon 1812 oder Hitler 1941 errangen die Russen denn auch durch Mithilfe des gnadenlosen "Generals Frost". Zum Beispiel hat er Napoleons Armee zwar leiden lassen - aber erst nachdem die russische Armee sie auf dem Schlachtfeld besiegt hatte. So schrieb der Militärtheoretiker und Historiker Carl von Clausewitz:
"Der erste Frost, der den Winter einleitete, traf Napoleons Armee am 9. November."
Zuvor hatte bereits der russische Oberbefehlshaber Michail Kutusow die französische Armee geschlagen. "General Frost" griff die bereits zurückziehende Armee dann dennoch an und hat seinen Job gemacht.
Natürlich sind die Russen an niedrige Temperaturen gewöhnt, die Lösung ist ja einfach: warme Kleidung und heizen. Aber das heißt nicht, dass sie es genießen. Der berühmteste russische Dichter Alexander Puschkin schrieb zwar über den Winter in seiner Heimat:
"Der russische Frost hilft meiner Gesundheit."
Die meisten Russen aber scheinen eher eine zu hegen: Schnee ist großartig, aber nicht für fünf Monate. Der Schriftsteller Iwan Turgenjew schreibt beispielsweise in einem verzweifelten Brief:
"Seit dem Morgen wüteti ein Wintersturm vor meinem Fenster, heulend in den düsteren Straßen Moskaus. Es winden sich die Äste der Bäume wie Sünder in der Hölle, eine Glocke läutet traurig durch all das ... Was für ein Wetter! Was für ein Land!"
Oder der russische Lyriker Fjodor Tjutschew:
"Was für eine Gemeinheit - zu einem solchen Klima verurteilt zu werden, fragt man sich manchmal, warum man hierher geschickt wird."
Ilja Ilf, ein anderer Autor, nahm ironischerweise an, dass russische Straßenkehrer Selbstmord begehen, wenn es im April plötzlich schwer schneit. Und das passiert von Zeit zu Zeit - zum Beispiel im Jahr 2018 hat es am 11. April geschneit.
Na und? Russland kann wirklich kalt sein, aber es bedeutet nicht, dass dieses Land nie warm ist und den Sommer nicht genießen kann. Harry Harrison schrieb einmal - und niemand wird ihm so sehr recht geben wie die Russen:
"Genieße den Sommer Deines Lebens, denn der Winter danach kommt bestimmt!"
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