Als der Zweite Weltkrieg begann, besaß Sinowij Kolobanow bereits viel militärische Erfahrung. So hatte er zum Beispiel im Finnischen Krieg von 1939 bis 1940 gekämpft und war dort insgesamt drei Mal aus einem brennenden Panzer entkommen.
1941 kommandierte Kolobanow eine Panzereinheit während des deutschen Vormarsches auf Leningrad. Nahe des Dorfes Woskowitsi erhielt die Einheit den Auftrag, die Straße zur Stadt Krasnogwardeisk, dem heutigen Gatschina, 42 Kilometer von Sankt Petersburg entfernt, zu verteidigen. Mit nur fünf schweren Panzern der Klasse KV-1 ausgestattet, platzierte er seine Einheit an einer wichtigen Kreuzung und befahl zweien der Panzer, die Straßen nach Krasnogwardeisk zu blockieren. Er selbst parkte seinen Panzer in einer Vertiefung, rund 300 Meter entfernt, von der aus er kaum mehr zu sehen war.
Die sich nähernden deutschen Panzerfahrer waren zu selbstbewusst: Einige Soldaten saßen gar oben auf ihren Panzern und hatten die Luken geöffnet. Offensichtlich entdeckten sie Kolobanows Panzer in der Vertiefung nicht. Andrei Usow, der beste Schütze der Einheit, zerstörte den ersten und letzten der 22 Panzer in der deutschen Kolonne und blockierte so die restlichen Fahrzeuge auf der engen, von Sumpf umgebenen Straße. Die anderen Panzer waren so vor Kolobanow aufgereiht wie auf einem Übungsplatz.
Inmitten des Chaos explodierte die Munition in einigen der Panzer des Feindes, andere rutschten in den Sumpf und fuhren sich dort fest. Dennoch schossen die Deutschen zurück. Glücklicherweise waren die Waffen gegen Panzer der Klasse KV-1 nahezu nutzlos. Nach dem Kampf fanden sich in Kolobanows KV-1 mehr als 100 Einschüsse, von denen jedoch kein einziger die Panzerung durchdrungen hatte. Kolobanow selbst zerstörte insgesamt 22 deutsche Panzer, die gesamte Einheit deren 48. Der deutsche Angriff war gestoppt.
Kurz nach diesem berühmten Kampf wurde Kolobanow schwer verwundet und war erst 1945 wieder auf den Beinen. Er lebte bis zu seinem Tod 1994 in Minsk. Sein Sieg gegen die Deutschen galt als so außergewöhnlich, dass viele daran zweifelten. Als das belarussische Fernsehen in den 1970er-Jahren über die Geschichte berichten wollte, wurde der Vorschlag von den Vorgesetzten als absurd zurückgewiesen.
Semen Nomokonow gehörte der Volksgruppe der Ewenk an, die zu den Ureinwohnern Sibiriens zählt. Seit seiner Kindheit war er ein Jäger und wurde aufgrund seiner außergewöhnlichen Sehkraft „Geierauge“ genannt. Er begann seinen Dienst beim Militär als Sanitäter. Als er einen verwundeten Soldaten vom Schlachtfeld transportierte, stellte er fest, dass ein deutscher Scharfschütze auf ihn zielte. Er ergriff eine in der Nähe liegende Waffe und erschoss den Angreifer, ohne wirklich gezielt zu haben. So begann Nomokonows Karriere als Scharfschütze.
Insgesamt wurde er acht Mal verletzt. Er tötete 368 feindliche Soldaten, darunter einen Generalmajor. Seine Einsätze waren legendär und die Deutschen gaben ihm angeblich den Spitznamen „Taiga-Schamane“. Auf Missionen nutzte er oft Spiegel, um den Gegner mit Lichtblitzen zu verwirren. Ungenutzte Helme auf Stöcken setzte er ein, um „künstliche“ Soldaten in seinem Umfeld zu schaffen. Niemand konnte sich besser tarnen als Nomokonow.
Er hielt die Zahl seiner erfolgreichen Tötungen fest, indem er Einkerbungen in seine Pfeife ritzte. Oft nutzte er zudem ein einfaches Gewehr ohne Teleskopaufsatz. “Man könnte glauben, dass der Jäger eine Art unsaubere Macht nutze“, schrieb ein Journalist einst über den berühmten Scharfschützen.
Iwan Sereda war im Juni 1941 gerade 22 Jahre alt. Wie viele Ukrainer liebte er das Essen wie auch das Kochen sehr. Bevor der Krieg begann, hatte er seinen Abschluss an einer Kochschule gemacht. Sereda wollte unbedingt in den Kampf einsteigen, aber da es nur wenige Köche gab, die die Truppen versorgen konnte, blieb er zunächst in einer Feldküche zurück.
Eines Tages, als sein Regiment an der Front nahe Daugavpils in Lettland kämpfte, tauchten zwei gegnerische Panzer hinter den sowjetischen Positionen und nahe der Feldküche Seredas auf. Er handelte schnell und versteckte sich mit den Pferden des Regiments im Wald. Die einzigen Waffen, die er besaß, waren eine Axt und ein altes Gewehr. Einer der Panzer fuhr weiter, während der andere neben der Feldküche anhielt.
Die Deutschen stiegen aus dem Panzer aus, um sich in der eingenommenen Küche nach einer warmen Mahlzeit umzuschauen. Plötzlich aber kam Iwan aus seinem Versteck gelaufen und zwang die feindlichen Soldaten mit wild schwingender Axt dazu, sich in ihr Gefährt zurückzuziehen. Das Maschinengewehr der Deutschen begann zu feuern, doch Iwan war längst auf den Panzer gestiegen und verbog den Lauf der Waffe mit seiner Axt. Dan begann er, seinen imaginären Kameraden aufzutragen, den Panzer mit Granaten anzugreifen, während er beständig mit der Axt auf das Fahrzeug einschlug.
Als die verängstigten Soldaten aus ihrem Panzer fliehen wollten, hielt Iwan sie mit seinem Gewehr auf, bis seine Kameraden von der Front zurückkehrten. Später wurde er dafür mit den höchsten Orden des Landes ausgezeichnet: Er wurde zum „Helden der Sowjetunion“ ernannt und erhielt den Lenin-Orden – und dies sicherlich nicht für seine Kochkünste.
Dmitri Owtscharenko, ein Bauer aus der Region Lugansk, war kein besonders guter Schüler: Er hatte die Schule nur bis zur 5. Klasse besucht. Aber er war körperlich stark und wurde deshalb in den frühen Tagen des Krieges eingezogen. Als er im Kampf verletzt wurde, erhielt er das Kommando über ein Logistikregiment, das die Aufgabe hatte, die Truppen mit Nahrungsmitteln und Munition zu versorgen.
Am 13. Juli 1941 wurde Owtscharenko während einer Transportfahrt von einem deutschen Kommando aus 50 Soldaten und drei Offizieren überrascht. Unter Waffengewalt nahm man ihm sein Gewehr ab und verhörte ihn in direkter Nähe zu seinem Wagen mit Heu, Nahrung und Munition. Als sich die Gelegenheit bot, ergriff Owtscharenko blitzschnell eine Axt, die unter dem Heu verborgen lag, und enthauptete damit den ihn verhörenden Offizier. Während die deutschen Soldaten starr vor Schock waren, schmiss er drei Granaten, die 20 Männer töteten, während der Rest floh. Schließlich schaffte es Owtscharenko, noch einen weiteren Offizier zu töten, den er ebenfalls mit seiner Axt enthauptete. Um Zweifeln an seiner Geschichte vorzubeugen, sammelte er schließlich Beweise und nahm einige der deutschen Dokumente an sich.
Kurz darauf wurde Dmitri mit dem Orden „Held der Sowjetunion“ ausgezeichnet und zu einem Maschinengewehr-Kommando versetzt. Leider konnte er den finalen Sieg über die Nazis nicht mehr erleben: Er kam in Ungarn zu Beginn des Jahres 1945 ums Leben.
Ljudmila Pawlitschenko gilt als eine der besten Scharfschützen der Geschichte; und als beste weibliche Scharfschützin allemal. Während sie von amerikanischen Journalisten “Lady Death” genannt wurde, stand ihr Name in der Sowjetunion nicht für den Tod, sondern die berechtigte Rache.
In ihrer Jugend hatte Pawlitschenko studiert, um Historikerin zu werden. Als der Krieg begann, hatte sie ihre Abschlussarbeit bereits fertiggestellt, diente aber freiwillig in der Armee. Während ihres Studiums hatte sie Trainingskurse für Scharfschützen besucht. In den ersten Jahren des Krieges lernte sie den Scharfschützen Leonid kennen und die beiden heirateten. Kurz darauf aber wurde Leonid tödlich verwundet. Pawlitschenko selbst musste den toten Körper ihres Ehemanns vom Schlachtfeld tragen.
Im Juni 1942 hatte sie bereits 309 gegnerische Soldaten erschossen. Eine ihrer längsten Auseinandersetzungen mit gegnerischen Scharfschützen dauerte mehr als 24 Stunden: Ihr deutsches Pendant hatte bereits zwei sowjetische Kollegen erschossen und die beiden belauerten sich in einem stillen Duell, darauf wartend, dass sich das Gegenüber zeige.
Nachdem 24 Stunden vergangen war, fanden sich die beiden erschöpften Soldaten. Pawlitschenko jedoch war schneller. In einem Notizbuch des deutschen Scharfschützen fand sie dann Aufzeichnungen über die Tötung von mehr als 400 sowjetischen und alliierten Soldaten.
Im Juni 1942 wurde sie schließlich verwundet. Nachdem sie sich erholt hatte, sendete man sie zu Propagandazwecken in die USA, wo sie Präsident Roosevelt traf und eine kurze Tour durch die USA und Kanada machte.
In ihrer berühmten Rede in Chicago sagte sie: „Ich bin erst 25 Jahre alt, Gentlemen, und habe bereits 309 faschistische Unterdrücker getötet. Denken Sie nicht, Gentlemen, dass Sie sich lange genug hinter meinem Rücken versteckt haben?“ Mit ihren Worten beeindruckte Pawlitschenko die Amerikaner so sehr, dass die Folk-Legende Woodie Guthrie gar das berühmte Lied „Miss Pawlitschenko“ über sie schrieb. Der Refrain geht unter die Haut: „Dreihundert Nazis sind durch deine Waffe gefallen“.
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