Drei Sekunden schreiben Basketball-Geschichte: UdSSR vs. USA bei Olympia 1972 in München

Alexander Below

Alexander Below

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Ein grandioser Sieg, eine unglaubliche Ungerechtigkeit, der „Kalte Krieg“ im Sport oder ein geniales Spiel? Erinnern wir uns an ein historisches Basketballspiel zwischen der UdSSR und den USA, über das in Russland der populärste Film des neuen Jahres gedreht wurde.

„Die USA haben gewonnen. Wobei, warten Sie… Die Schiedsrichter haben das Spiel drei Sekunden vor Spielende angehalten. Die Anzeigetafeln haben etwas Falsches angezeigt. Noch drei Sekunden. Das Spiel ist noch nicht zu Ende, es gibt noch Zeit“, sagt der sowjetische Sprecher.

Wir befinden uns im Jahr 1972 in München, in der Rudi-Sedlmayer-Halle im Finale des Basketballturniers der Olympischen Spiele. Auf dem Spielfeld befinden sich die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten von Amerika. In drei Sekunden geschieht ein Ereignis, das später als der Anfang des „Kalten Krieges“ im Sport und zugleich als eines der dramatischsten Spiele in die Weltgeschichte des Basketballs einging.

Ende Dezember erschien im russischen Filmverleih der Sportblockbuster „Dwischenie wwerch“, „die Bewegung nach oben“, der bereits nach nur neun Vorführtagen das Doppelte seines Budgets von 6,5 Millionen Euro wieder einspielte. Seine Auslegung der Ereignisse gefällt vermutlich nicht allen, denn auch 45 Jahre später gibt es in den verschiedenen Ländern verschiedene Sichtweisen zum Ausgang des Spiels. In der Zwischenzeit, da es der Film noch nicht in die internationalen Kinos geschafft hat, berichten wir Ihnen über die wahrscheinlich berühmtesten drei Sekunden im Basketball.

Studenten gegen Veteranen

Bis zum Jahr 1972 hatten die amerikanischen Basketballspieler bei jedem Turnier der Olympischen Spiele den ersten Platz belegt. Zum Zeitpunkt des Spiels in München hatten sie bereits sieben Mal Gold gewonnen, wobei viermal davon der Gegner UdSSR hieß. Die Nationalmannschaft der USA schien unbesiegbar und, wie man im Trainerteam der UdSSR zugab, die sowjetische Nationalmannschaft hätte sich auch mit Silber zufrieden gegeben.

Nebenbei bemerkt unterschieden sich die Mannschaften stark voneinander. Nach den damaligen Regeln durften nur Amateure am Spiel teilnehmen. Aus diesem Grund setzte sich die Nationalmannschaft der USA jedes Mal neu aus 20-jährigen, studentischen Spielern zusammen, während die führenden Basketballspieler im Publikum blieben. Die sowjetischen Spieler umgingen das Altersprinzip jedoch auf ihre Art und Weise: Den Grundstock der Nationalmannschaft bildeten erfahrene Spielveteranen, die bereits viele Spiele hinter sich hatten, jedoch in keinem Sportverein offiziell registriert, sondern auf Listen von Armeeangehörigen oder Mitgliedern öffentlicher Organisationen zu finden waren.

Die erste Hälfte des Finales in München endete mit einem Punktestand von 26:21 zugunsten der UdSSR. Zwölf Minuten vor dem Ende schied die Schlüsselfigur der amerikanischen Nationalmannschaft, Dwight Jones, aus und verließ das Feld. In den letzten sechs Minuten spielten die Amerikaner dermaßen offensiv, dass drei Sekunden vor Spielende der Punktestand bereits 50:49 zugunsten der USA lautete. Als die Sirene erklang, ging man davon aus, dass das Spiel beendet war. Doch in Wirklichkeit war das erst der Beginn des dramatischsten Augenblicks.

Die Amerikaner feiern ihren vorzeitigen Sieg.

Sekunden entscheiden

Während die Amerikaner bereits ihren vorzeitigen Sieg feierten, stürmte der Trainer der Sowjetmannschaft, Sergej Baschkin, zum Schiedsrichtertisch. Er forderte die drei Spielsekunden ein, da der Ball nach den letzten freien Würfen ungeachtet der Tatsache, dass der Trainer um ein Timeout gebeten hatte, wieder ins Spiel eingeführt wurde und man seiner Bitte aus irgendeinem Grund nicht gleich Beachtung geschenkt hatte. Er forderte ein Timeout für die Nationalmannschaft, das ihr aufgrund eines Fouls schon früher zugestanden hätte, doch das Spiel wurde, warum auch immer, nicht angehalten. Die Sirene erklang zu spät. Inzwischen hatte sich Juri Oserow, einer der Delegierten und der Ex-Trainer der sowjetischen Nationalmannschaft, von der Zuschauertribüne erhoben und sich auf den Weg zum FIBA-Generalsekretär William Jones, der am Spielrand saß, gemacht. Jones richtete dann an die Schiedsrichter die Bitte, der Nationalmannschaft ein Timeout von drei Sekunden zu geben.

„Worüber macht ihr euch Sorgen? Ihr habt massig Zeit! Ihr könnt gewinnen und dann nochmal verlieren“, sagte in dem Moment der Trainer Wladimir Kondraschin zu seinen Spielern. Die Amerikaner ihrerseits erklären, wenn sie sich daran erinnern, dass sie in jenem Moment „nicht wirklich verstanden, was vor sich ging“: 

Auch der Versuch, den Ball gleich wieder ins Spiel zu bringen, schlug fehl. Das Kommando für die Offensive wurde gegeben, bevor auf der offiziellen Stoppuhr die richtige Zeit festgelegt wurde. Der für die Stoppuhr zuständige Joseph Blatter, der im Jahr 1998 zum FIFA-Präsidenten gewählt wurde und in 2015 aufgrund eines Korruptionsskandals sein Amt niederlegte, kam nicht gleich mit den Knöpfen, die die Zeit regulierten, zurecht. Dann wurde der Ball jedoch mit einem genauen Pass an Alexander Below durch das gesamte Spielfeld wieder ins Spiel eingeführt. „Ich machte ein Täuschungsmanöver, drehte mich dann plötzlich um und stürmte zum Korb. Der Pass war großartig. Und ich fand mich am Korb ganz alleine wieder. Ich drehte mich sogar um: Da war niemand. Und dann warf ich mit der rechten Hand sehr vorsichtig den Ball hinein“, erinnerte sich Below. So schnappte sich die sowjetische Nationalmannschaft in den letzten drei Sekunden doch noch den Sieg.

Nach dem Schlusspfiff

Nach dem Spiel versuchten die USA die Rechtmäßigkeit des Timeouts und als dessen Folge auch das Ergebnis des Spiels infrage zu stellen. Doch die Jury, die die USA als „politische Lobby des sozialistischen Blocks im FIBA-Apparat“ bezeichneten, ließ das Ergebnis gelten. Die Amerikaner erschienen daraufhin nicht zur Preisverleihung und holten ihre Silbermedaille nicht ab.

Im Jahr 2002 drehte der Fernsehsender „NBO sport“ den Dokumentarfilm „03 From Gold“, in dem das Spiel als „die faulste Verdrehung eines fairen Spiels, die jemals gegen eine Sportmannschaft begangen wurde“ bezeichnet wurde. Zudem verurteilte die Macher des Films die Einmischung fremder Leute ins Spiel und den Druck auf die Schiedsrichter. Ihrer Meinung nach hatten weder der Berater Baschkin noch William Jones das Recht, sich in das Spiel einzumischen und den Schiedsrichtern Anweisungen zu geben. Die Arbeit des für die Stoppuhr zuständigen Joseph Blatter und der dreifach ins Spiel wieder eingeführte Ball sorgten für die Vermutung, dass vorsätzlich versucht wurde, auf das Ergebnis einzuwirken.

Alexander Below

Der Held des Spiels Alexander Below war fünf Jahre nach München in einen Zollskandal verwickelt. In seiner Tasche wurden bei dem Versuch aus der Sowjetunion auszureisen Ikonen gefunden und als Schmuggelware deklariert. Zu diesem Zeitpunkt wusste Below bereits, dass er an einer seltenen Herzkrankheit, einem Herzkarzinom, litt. Ein Jahr nach der Gerichtsverhandlung starb er im Alter von 26 Jahren. Der sowjetische Basketballspieler ging als erster „Nichtamerikaner“ in die „Hall of Fame“ des Basketballs ein. Die FIBA ehrte ihn als besten Basketballspieler aller Zeiten.

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