„Das Wunder der Newa“ und andere erfolgreiche Landungen russischer Piloten

Marina Lystseva/TASS
„Das Wunder auf dem Hudson“, bei dem ein US-Pilot auf dem Hudson River landete, hatte ein sowjetischer Pilot bereits im Jahre 1963 auf der Newa vollbracht. Russian Beyond stellt Ihnen die drei heldenhaftesten Landungen russischer Piloten vor.

1. „Das Wunder auf dem Newa-Fluss“

„Ich war auf dem Balkon und sah die Leute zur Newa laufen. Es war klar, dass etwas passiert ist. Ich war so überrascht, ein schwimmendes Tupolew Tu-124 Flugzeug zu sehen und wie die Passagiere das Flugzeug über einen seiner Flügel verlassen“, erinnert sich der Sankt Petersburger Jurij Tujsk an das Ereignis des 21. August 1963.

Die Ursache für den Flugzeugabsturz war laut den russischen Aeroflot-Piloten, wie im Falle des Hudson-Vorfalls, die Tatsache, dass beide Triebwerke nicht funktionierten. Eigentlich fing alles jedoch ganz anders an: Nach dem Start in Tallinn entdeckte die Besatzung eines Tupolew Tu-124 Flugzeugs mit 45 Passagieren an Bord, das sich in Richtung Moskau bewegte, dass das Bugfahrwerk nicht eingezogen wurde und der Flug nach Leningrad, das heutige Sankt Petersburg, umgeleitet werden musste.

Nachdem das Flugzeug Leningrad erreicht hatte, begann es, die Stadt zu umkreisen, um Treibstoff zu verbrauchen, was die Notlandung sicherer machen würde. Unterdessen versuchte die Besatzung, das Bugfahrwerk mit einer Metallstange zu lösen. Zu diesem Zeitpunkt stellte der linke Motor wegen Treibstoffmangels seine Funktion ein und der Kapitän beschloss, sofort durch das Stadtzentrum zum Flughafen Pulkowo zu fliegen.

Auf dem Weg nach Pulkowo versagte dann auch der zweite Motor. Die Höhe reichte jedoch nicht aus, um aus der Stadt zu kommen. Unter diesen Umständen entschied der 27-jährige Kapitän Wiktor Mostowoj trotz mehrerer Brücken auf der Newa zu landen. Beim Absteigen flog das Flugzeug über mehrere Brücken, wobei sich die letzte, eine im Umbau befindende Brücke, gerade mal mehrere Meter unter dem Flugzeug befand. Während der Notlandung streifte das Flugzeug mit seinem rechten Flügel beinahe ein Schleppschiff. Am Ende verlief die Notlandung dennoch ohne Probleme und keiner an Bord kam zu Schaden.

Der erfahrene Pilot Jurij Sytnik argumentiert, dass eine erfolgreiche Notlandung im Wasser sehr selten ist. „Sie wird nur an einem Simulator durchgeführt und im echten Leben überleben sie nur zwei von zehn Flugzeugen… Und auch das nur, wie es scheint, wenn das Wasser weich ist. Ist es härter als das Land, wird das Flugzeug in kleine Stücke zerrissen. Es ist fast unmöglich, das zu überleben“, unterstreicht der Pilot die Fähigkeiten der Mannschaft.

2. „Das Wunder in Ischma“

Am 7. September 2010 standen 81 Menschenleben auf dem Spiel, als ein Tupolew Tu-154 Flugzeug in der Mitte der Taiga ihren Flug nicht fortsetzen konnte. Das Alrosa-Flugzeug erlitt nach einem dreieinhalbstündigen Flug nach Moskau über dem sibirischen Wald einen vollständigen Stromausfall. Der Mangel an Elektrizität bedeutete auch, dass das Navigationssystem und die Kraftstoffpumpen nicht funktionierten. Die Motoren hatten nur noch für 30 Minuten Treibstoff. Die Besatzung hatte daher nur eine halbe Stunde Zeit, um mitten zwischen den sibirischen Bäumen einen passenden Landeplatz zu finden.

Zum Glück entdeckten die Piloten eine passende Stelle. Es war ein ehemaliger, verlassener Flugplatz im Dorf Ischma, der bis dahin zwölf Jahre lang nur für Hubschrauber genutzt wurde. Seit sieben Jahren war er nicht einmal mehr auf den aktuellen Landkarten markiert. Überraschenderweise stellte sich heraus, dass der Landeplatz bereit genug war für ein Flugzeug, denn die Person, die jahrelang für den Hubschrauberlandeplatz zuständig war, kümmerte sich nun aus eigener Initiative darum. Wie Sergej Sotnikow später den Journalisten mitteilte, konnte der Pilot der Tu-154 „seinen Augen nicht trauen, als er diese Langemöglichkeit sah – während ich die dafür notwendigen Bildschirme anbrachte und die Markierung einzeichnete“.

Der Landeplatz war jedoch nur 1 300 Meter lang, während das Flugzeug für eine erfolgreiche Landung zwei Kilometer benötigte. Diese Situation wurde zudem durch die Tatsache verschärft, dass die Klappen des Flugzeugs wegen des Stromausfalls nicht funktionierten und es sehr schwer war, das Flugzeugtempo zu drosseln. Allerdings hatte die Besatzung keine anderen Optionen, also begannen sie zum Sinkflug anzusetzen. Zwei Versuche wurden abgebrochen, beim dritten landete schließlich das Flugzeug erfolgreich mit einer Landegeschwindigkeit von 420 Stundenkilometern statt der normalen 250. „Die Geschwindigkeit war so schnell, dass das Gummi auf dem Fahrgestell Feuer fing! Das Flugzeug rollte 160 Meter über den Landeplatz hinaus...“, sagte Sotnikow. Es wurde zum Glück jedoch niemand verletzt.

„Ich möchte der Besatzung danken. Wir hatten gar keine Zeit, verängstigt zu sein. Wir hatten erst Angst, als wir aus dem Flugzeug stiegen, unsere Umgebung betrachten und den Wald sahen, der buchstäblich „umgepflügt“ wurde“, sagte einer der Passagiere gleich nach seiner Ankunft in Moskau. Die zwei Piloten erhielten die landeshöchste Auszeichnung „Held der Russischen Föderation“, Sergej Sotnikow wurde mit einer Medaille ausgezeichnet.

3. Die Explosion über der Karibik

Der letzte Vorfall ereignete sich vor zwei Jahren, am 10. Februar 2016, in der Dominikanischen Republik. Diesmal war es keine in Russland gebaute Tupolew, sondern der Jumbo Jet Boeing 777 von Orenair, der mit fast 400 Menschen an Bord unterwegs war.

Das Flugzeug machte sich auf den Weg nach Moskau, als einer seiner Motoren Feuer fing und explodierte. „Wir waren im vorderen Teil des Flugzeugs. Die Explosion, beziehungsweise eher ein Knall, war auf der linken Seite. Der Kapitän sagte, dass es eine Notlandung geben wird und wir zurück nach Punta Cana fliegen. Er kreiste für etwa 40 Minuten umher. Dann erfolgte eine klassische Landung. Der Kapitän war einfach großartig“, erzählte Passagier Alexander Kolotilin später Russia Today.

Es stellte eine große Herausforderung dar, ein riesiges Flugzeug mit viel Treibstoff aufgrund der Interkontinentalstrecke, mit nur einem Motor zu landen. „Die Besatzung ging sehr professionell vor. Das Gewicht des Flugzeugs war immens. Man konnte nicht alle notwendigen Mittel zur Verlangsamung nutzen, da nur ein Motor funktionierte“, lobte der Testpilot Wiktor Sabolotskij die Leistung seines Kollegen.

Bei der Landung fing das Fahrwerk des Flugzeugs ebenfalls Feuer. Die Passagiere mussten mit Hilfe der aufblasbaren Notrutsche evakuiert werden. Glücklicherweise wurde auch in diesem Fall niemand verletzt. Der Flugzeugkapitän wurde daraufhin vom Präsidenten für diese Tat mit dem Orden des Mutes ausgezeichnet.

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