Waleri Tschkalow: Wie der Pionier der Luftfahrt „Stalins Route“ bezwang

In den 1930er Jahren war ein Team unter der Leitung des legendären Piloten Waleri Tschkalow das erste, welches Europa und die Neue Welt über den Nordpol miteinander verband.

In den frühen 1930er Jahren wollte die Sowjetunion ihren Status als weltweit führende Luftfahrtmacht unter Beweis stellen. So kamen die Führer des Landes auf die Idee, einen Langstreckenflug über den Nordpol in die Vereinigten Staaten zu wagen. Um diesen Plan zu verwirklichen, wurde ein spezielles Flugzeug entworfen und der Flugzeugentwickler Andrei Tupolew wurde mit der Leitung dieser Mission beauftragt.

ANT-25 im Flug

Die ANT-25 von Tupolew hatte ein einzigartiges Design – seine Spannweite betrug 33 Meter und hätte sogar noch vergrößert werden können. Zum ersten Mal in der Geschichte wurden die Flügel eines Flugzeuges auch zum Speichern von Treibstoff verwendet. Die ANT-25 konnte bis zu sieben Tonnen Treibstoff aufnehmen. Für den Flug in die Vereinigten Staaten wurde das Flugzeug speziell modernisiert, um das Fliegen bei extrem niedrigen Temperaturen zu ermöglichen.

Waleri Tschkalow mit seiner Frau Olga und seinem Sohn Igor nach dem erfolgreichen Direktflug über den Nordpol, 27. Juli 1937.

1935 endete der erste Flugversuch nach San Francisco über den Nordpol mit einem Misserfolg. Als die Besatzung ein Ölleck über der Barentssee entdeckte, wurde sie angewiesen, zur Basis zurückzukehren. Das Scheitern nährte den Glauben, dass ein Flug über den Nordpol nicht möglich sei. Die beiden Besatzungsmitglieder des Fluges von 1935 waren jedoch entschlossen, die Mission erfolgreich abzuschließen und fragten den berühmten sowjetischen Piloten Waleri Tschkalow, ob er den brisanten Flug wagen wolle. Auf dem Bild ist er mit seinem Sohn und seiner Frau zu sehen. Tschkalow trug den Spitznamen „Russischer Lindbergh“.

Stalin begrüßt Waleri Tschkalow.

Tschkalow hatte gute Beziehungen zu dem sowjetischen Führer Josef Stalin, daher begrüßte der Kreml sein neues Vorhaben, stellte jedoch eine Bedingung. Vor der Reise in die Vereinigten Staaten musste die Besatzung den Flug auf dem Gebiet der Sowjetunion versuchen. Dieser Flug fand im Jahr 1936 statt und jeder der drei Piloten erhielt die höchste sowjetische Auszeichnung: Sie wurden zu Helden der Sowjetunion. Die ANT-25 absolvierte den 56-Stunden-Flug und erreichte einen Ort im Fernen Osten Russlands, welcher 9 374 Kilometer von Moskau entfernt lag.

Alexander Beljakow, Waleri Tschkalow und Georgi Baidukow

Nach dem erfolgreichen Flug startete die ANT-25 am 18. Juni 1937 nach Amerika, mit San Francisco als Ziel. Die Besatzung war die gleiche: Waleri Tschkalow als Chefpilot, Georgi Baidukow als Co-Pilot und Alexander Beljakow als Navigator. Dieser Flug dauerte anstrengende 63 Stunden und 25 Minuten und war somit länger als die vorherige Reise. Die sowjetische Presse nannte beide Flüge „Stalin Route“.

ANT-25

Während dem Großteil des 8 500 Kilometer langen Fluges flog das Flugzeug bei schrecklichen Wetterbedingungen über Eis und hatte fast keine Sicht. Die Besatzung war auf eine relativ einfache Navigationsausrüstung angewiesen. Die Temperatur im Cockpit fiel unter null und es gab nicht genügend Sauerstoff. Das Flugzeug musste außerdem gelegentlich über 5 000 Meter steigen, wobei es sich schwertat und einige Systeme ausfielen. Wie Sie sich sicher vorstellen können, muss es für die Piloten ziemlich nervenaufreibend gewesen sein.

Briefmarke mit der Abbildung von Baidukow, Tschkalow und Beljakow

Am 20. Juni entdeckte die Besatzung, dass sie nicht genug Treibstoff hatte, um San Francisco zu erreichen und so beschloss sie, auf einem Militärflugplatz in der Nähe von Vancouver im Staat Washington zu landen. Die Landung verlief reibungslos und die russischen Piloten wurden wie Helden begrüßt. Als beeindruckte Journalisten Tschkalow fragten, welche Art von Motor das Flugzeug hatte, ob es ein englischer, amerikanischer oder deutscher sei, antwortete er stolz: „Sehen sie sich das Emblem an, es gehört alles uns – den Russen, den Sowjets“. Nach ihrer Ankunft verbrachten die sowjetischen Piloten einige Zeit im Haus von General George Marshall, dem zukünftigen US-Außenminister und Verteidigungsminister, welcher damals in Vancouver diente.

Die drei sowjetischen Piloten wurden im Weißen Haus von Präsident Roosevelt empfangen. Auf dem Foto von links nach rechts: Georgi Baidukow, Waleri Tschkalow, sowjetischer Botschafter in den USA und Alexander Beljakow.

Während ihres Aufenthalts in den Vereinigten Staaten besuchten die drei Piloten San Francisco, Chicago, New York und Washington, wo sie von Präsident Franklin D. Roosevelt empfangen wurden. Der Präsident sprach mit den Piloten zwei Stunden, statt der geplanten 15 Minuten. Die Piloten wurden vom sowjetischen Botschafter in den Vereinigten Staaten begleitet, welcher als einzige Person in einem hellen Anzug auf dem Foto zu sehen ist.

Der Empfang von den sowjetischen Piloten Alexander Beljakow, Waleri Tschkalow und Georgi Baidukow in Moskau.

Als sie in die Sowjetunion zurückkehrten, wurden sie von Stalin höchst persönlich begrüßt. Tschkalow erinnerte sich, dass es ihm bei ihrer Rückkehr in die Sowjetunion schwerfiel zu schlafen, da jeder mit seiner Manschaft sprechen wollte.

Wladimir Kokkinaki

Zwei Jahre später flogen Wladimir Kokkinaki, welcher im Bild zu sehen ist, und Michail Gordienko ohne Zwischenstopp nach Kanada. Die Route führte über Island und Grönland. Beide legten in 53 Stunden mehr als 8 000 Kilometer zurück. Ab Ende der 1950er Jahre wurde die Strecke zwischen Moskau und New York von Verkehrsflugzeugen beflogen.

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