Fünf herausragende Frauen der russischen Wissenschaftsgeschichte, die die Welt nach vorne brachten

Dawid Scholomowitsch/Sputnik, Getty Images, Wasili Fedosejew, Images from the History of Medicine (NLM), Archivfoto
Von der Erfindung des ersten russischen Antibiotikums bis zur ersten fluoreszierenden Lampe: Diese fünf Russinnen haben die Wissenschaft geprägt.

1. Sinaida Jermoljewa, Mikrobiologin

Sinaida Jermoljewa (1898-1974), eine der Begründerinnen der mikrobiologischen Forschung in Russland suchte sich ihren Beruf nicht zufällig aus. Nachdem sie erfuhr, dass ihr Lieblingskomponist Pjotr Tschaikowski an Cholera gestorben war, entschied sie sich 1915 Ärztin zu werden und ihr Leben dem Kampf gegen die Krankheit zu widmen.

Während einer Epidemie im Jahr 1922 führte sie ein Experiment an sich selbst durch, an dem sie fast starb. Auf der Suche nach Wegen, die Krankheit einzudämmen, trank sie absichtlich mit Choleraerregern versetztes Wasser. Nicht zuletzt dank ihres mutigen Experiments entstanden moderne Standards zur Trinkwasserreinigung.

1939 schickte man sie nach Afghanistan, wo sie Methoden zur schnellen Diagnose von Cholera und ein effektives Medikament gegen Cholera, Typhusfieber und Diphterie entwickelte. Im Zweiten Weltkrieg gelang es mit Jermoljewas Hilfe, die Ausbreitung einer Choleraepidemie in Stalingrad zu verhindern. Die Krankheit war zuvor unter deutschen Soldaten ausgebrochen und drohte, auch auf die Sowjetarmee und die Zivilbevölkerung überzugreifen. Dank Jermoljewa produzierte man im großen Stil Impfstoff und versetzte das Trinkwasser mit Chlor, um die Epidemie aufzuhalten.

Ihre wichtigste Errungenschaft war aber die Entwicklung des ersten russischen Antibiotikums, Crustosin. Als der Penicillin-Erfinder Howard Florey im Jahr 1944 mit einer Delegation in die Sowjetunion reiste, traf er auf Jermoljewa und verglich die beiden Medikamente. Es stellte sich heraus, dass Crustosin sogar noch effektiver war als Penicillin. Florey war so beeindruckt, dass er Jermoljewa den Spitznamen Mrs. Penicillin gab.

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2. Sofia Kowalewskaja, die erste Mathematikerin

Sofia Kowalewskaja (auch als Sophie Kowalewski bekannt, 1850-1891) war die erste Professorin der Welt und die erste Mathematikerin in Russland.

Nachdem sie anfangs von einem Hauslehrer unterrichtet wurde, ging sie ins Ausland, um dort eine höhere Bildung zu erreichen. In Russland durften Frauen zu dieser Zeit noch nicht studieren, weswegen Sofia eine Scheinehe einging, um mit ihrem Ehemann, einem jungen Wissenschaftler, nach Deutschland auswandern zu können. Dort studierte sie in Heidelberg und Berlin. 1874 erhielt sie an der Universität Göttingen einen Doktorgrad in Philosophie.

Als sich ihr Mann 1883 umbrachte, zog Sofia mit ihrer Tochter zunächst nach Berlin. Später wurde sie Professorin an der Universität Stockholm. Ihre Vorlesungen und Arbeiten veröffentlichte sie in Schwedisch. 1888 entdeckte sie in der Arbeit „Die Rotation eines festen Körpers über einem festen Punkt“ eine dritte Lösung für dieses klassische mathematische Problem und setzte so die Arbeit von Leonhard Euler und Joseph-Louis Lagrange fort.

3. Lina Stern, die erste Akademikerin der Sowjetunion

Lina Stern (1878-1969) wurde als älteste Tochter einer jüdischen Großfamilie in der Provinz Kurland (dem heutigen Lettland) geboren. Nachdem sie als erste Frau eine Professur an der Universität Genf erhielt, kehrte sie 1925 in die Sowjetunion zurück, wo sie 1939 das erste weibliche Mitglied der Akademie der Wissenschaften wurde.

Der Hauptfokus ihrer Arbeit lag in der Erforschung des Einflusses von chemischen Prinzipien auf physiologische Prozesse in Menschen und Tieren. Sie prägte den Begriff der „Blut-Hirn-Schranke”, einem Mechanismus, der die Bewegung von Substanzen zwischen dem Blut und dem zentralen Nervensystem kontrolliert und somit eine wichtige Funktion für unseren Körper hat.

Unter ihrer Leitung wurden zudem die ersten elektronischen Therapiegeräte für das menschliche Herz und eine insbesondere in den Militärkrankenhäusern des Zweiten Weltkriegs verbreitete Methode zur Wundbehandlung entwickelt.

4. Olga Ladyschenskaja, Mathematikerin

Der Vater von Olga Ladyschenskaja (1922-2004) war ein Mathelehrer und ehemaliger Offizier in der zaristischen Armee. Seine Leidenschaft für die Mathematik vererbte er offensichtlich an seine Tochter, die schon mit 10 Jahren komplexe mathematische Probleme löste.

Ihre akademische Karriere war jedoch nicht einfach, nicht zuletzt aufgrund der Vergangenheit ihres Vaters. Dieser wurde 1937 festgenommen und erschossen. Als Tochter eines „Volksfeindes“ durfte sich auch Olga nicht an der mathematisch-mechanischen Fakultät der Universität Leningrad (LGU) einschreiben. Erst 1943 konnte Olga an der staatlichen Universität Moskau (MGU) Mathematik und Physik studieren. 1947 begann sie ein Aufbaustudium an der LGU, dass sie mit einem Doktorgrad abschloss.

Später wurde sie Professorin und schrieb mehr als 200 wissenschaftliche Arbeiten, die sich hauptsächlich mit komplexen Differenzialgleichungen befassten. Ihre Forschung zur Dynamik von Flüssigkeiten beeinflusste die Forschung zur Bewegung von Schiffen und Torpedos im Wasser, von Flüssigkeiten in Pumpen und von Blut in Adern.

5. Fatima Butajewa, Erfinderin der fluoreszierenden Lampe

Nach ihrem Abschluss an der Zweiten Moskauer Staatsuniversität im Jahre 1932 begann Fatima Butajewa (1907-1992) ihre Karriere als Mathelehrerin in Kuibyschew (heute Samara). Im selben Jahr kehrte sie jedoch schon in die Hauptstadt zurück, um dort an der Technischen Schule des Metrostroi-Ausbildungszentrums theoretische Mechanik zu unterrichten. 1934 wechselte sie ins Lichtquellenlabor des Allsowjetischen Instituts für Elektrotechnik, wo sie von der Ingenieurin zur Abteilungsleiterin aufstieg.

Ein Ergebnis ihrer Forschungen war 1951 die erste fluoreszierende Lampe, als deren Co-Erfinderin sie weltberühmt wurde. Im selben Jahr meldeten Butajewa und ihre Kollegen ein Patent für die Verstärkung von Licht an, das noch heute in Lasern verwendet wird. Damals war die Entdeckung jedoch ihrer Zeit voraus, weswegen sie auch erst acht Jahre nach der Anmeldung des Patents ins staatliche sowjetische Register für wissenschaftliche Entdeckungen aufgenommen wurde. 

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