„Tscheburaschka ist ein der Wissenschaft unbekanntes pelziges Tier mit einer Reihe bemerkenswerter Eigenschaften: Es ernährt sich von Orangen, ist sanftmütig und weist stark ausgeprägte Ohren auf. Ungeachtet seiner Tollpatschigkeit führt das Tierchen einen sehr aktiven Lebenswandel“, so beschreibt den 1966 geborenen Zeichentrickhelden sein Erfinder, der berühmte Kinderbuchautor Eduard Uspenski. Trotz seines ehrwürdigen Alters ist Tscheburaschka – wie übrigens auch sein guter Freund, das Krokodil Gennadij, kurz Gena – bei den Kindern von heute durchaus bekannt.
Die Bezeichnung des seltsamen Tierchens, das aus den tropischen Wäldern in einer Orangen-Kiste zu uns kam, ist einer Schicksalsfügung zu verdanken: „Ein Freund hat mal das Verb ‚tscheburachnutsja‘ (zu Deutsch: ‚stolpern, hinfallen‘) verwendet. Das Wort blieb in meinem Kopf und hat sich in den Namen des Zeichentrickhelden transformiert“, erinnert sich Uspenski.
Sein heutiges markantes Aussehen erhielt Tscheburaschka erst 1971 – entworfen vom Zeichentrickzeichner Leonid Schwarzman: „Von den Ohren war in dem Buch keine Rede. Ich zeichnete sie auf dem Kopf, wie bei allen Tieren. Dann vergrößerte ich sie, sie rutschten an den Kopfseiten herunter und waren nun dort, wo sie beim Menschen sitzen.“ Auch kopfabwärts hat das lustige Wesen eine Verwandlung erfahren: „Vor den Dreharbeiten hatte Tscheburaschka erst kurze Beinchen. Das war für die Puppenspieler unbequem. Also blieben Tscheburaschka nur seine Füße. Damit sah es noch seltsamer aus. Als wir auch noch seinen Schwanz wegnahmen, war es einem menschlichen Kind ganz ähnlich“, erinnert sich Schwarz im Gespräch mit der „Rossijskaja Gazeta“.
"Tscheburaschka. Teil 1" mit deutschen Untertiteln. Quelle: Youtube
Die zweite wichtige Figur in dem Zeichentrick ist das Krokodil Gena – ein Zoo-Angestellter. Dort arbeitet er als … Krokodil. Eigentlich war diese Figur mit gutmütigem Charakter und grüner Schuppenhaut der Held des allerersten Kinderbuches von Uspenski, „Krokodil Gena und seine Freude“.
„Tscheburaschka und seine Freude“ wurde in weit über zwanzig Sprachen übersetzt. Witzig ist, dass Tscheburaschka in den vielen Ländern ganz unterschiedlich heißt: Als „Topple“ ist er in England bekannt, „Drutten“ nennt man ihn in Schweden und „Muksis“ in Finnland.
Ganz besonders die Japaner haben Tscheburaschka ins Herz geschlossen. „Sie haben die Rechte gekauft, eigene Zeichentrickfilme mit Tscheburaschka in der Hauptrolle zu produzieren. Bis heute schicken sie mir Drehbücher, damit ich meine Zustimmung dazu gebe, und freuen sich immer, wenn ich mit dem Sujet hart ins Gericht gehe“, sagt Uspenski im Gespräch mit RBTH. „Jetzt will ein japanischer Fernsehsender eine Doku über mich drehen. Sie baten mich, Moskau bis April nicht zu verlassen.“
In seinen fünfzig Lebensjahren wurde Tscheburaschka zu einem Nationalhelden. Besondere Ehre wurde ihm in den Städten Ramenskoe und Chabarowsk zuteil: Sie errichteten bronzene Denkmäler. In der UdSSR diente sein Name als Eigenname, beispielsweise für den Kleinwagen Saporoschez oder Surround-Kopfhörer. Und selbst das Transportflugzeug An-72 wurde der äußeren Ähnlichkeit wegen liebevoll nach ihm benannt.
Foto: Alexey Filippov / Ria Nowosti
Auf dem Höhepunkt des Kults um den kubanischen Revolutionär Che Guevara in den 2000er-Jahren entstand ein entsprechend stilisierter Doppelgänger des Kinderhelden: Che Buraschka. Eine Unmenge an T-Shirts wurden mit Che Buraschkas – die typische Baskenmütze auf dem Kopf – bedruckt.
Seit 2004 ist Tscheburaschka das Maskottchen der russischen olympischen Nationalmannschaft – mit den Sportanzügen kann er auch seine Fellfarbe wechseln. Und nicht zuletzt ist es schlicht ein beliebtes russisches Souvenir mit einer Unzahl an Verkleidungen – da kann der Brüsseler Manneken Pis grün vor Neid werden.
Der ganze Trubel ist seinem Erfinder aber ein bisschen unheimlich: „Ich kann von Tscheburaschka nicht mehr hören“, klagt Eduard Uspenski und gibt geschlagen hinzu: „Alles, was im Internet über ihn zu finden ist, kann wahr sein. Er ist ein Märchenheld!“
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