Das berühmte Gemälde „Iwan der Schreckliche und sein Sohn Iwan, 16. November 1581" von Ilja Repin, das Ende Mai in der Moskauer Tretjakow-Galerie von einem betrunkenen Vandalen aus dem südrussischen Woronesch beschädigt wurde, hat eine schwierige Vorgeschichte.
Die Leinwand zeigt eine legendäre Szene aus dem Leben von Iwan dem Schrecklichen, nachdem er seinen Sohn Zarewitsch Iwan angeblich in einem Wutanfall getötet hatte. Diese Theorie wurde jedoch nie eindeutig bewiesen.
Ilja Repin wurde dabei offenbar von zwei Ereignissen inspiriert: dem kaltblütigen Attentat auf Zar Alexander II. im Jahr 1881 und von "Der Süßen Rache", dem zweiten Teil von Rimski-Korsakows Suite “Antar”-Suite. In seinen Memoiren beschreibt Repin es so:
"Irgendwann in Moskau im Jahre 1881 hörte ich das neue Stück ‚Die Süße Rache‘ von Rimski-Korsakow. Diese Klänge haben mich berührt und ich fragte mich, ob ich die Stimmung und Wirkung in einem Gemälde festhalten könnte, die diese Musik auf mich ausübte. Ich dachte an Zar Iwan.“
Das Meisterwerk wurde erstmals 1885 in Sankt Petersburg auf einer Ausstellung der russischen Wanderkünstler-Bewegung „Peredwischniki“ unter dem Titel “Filizid” präsentiert. Der russische Geschäftsmann und Kunstsammler Pawel Tretjakow war von Repins Arbeit so begeistert, dass er die Leinwand sofort erwarb.
Im Januar 1913 dann griff der geisteskranke Ikonenmaler Abram Balaschow Repins „Iwan den Schrecklichen" in der Moskauer Galerie mit einem Messer an. Repin selbst, der im hohen Alter bereits farbenblind war, versuchte, sein Gemälde in den ursprünglichen Zustand zu bringen. Aufgrund seines schlechten Sehvermögens verzerrte er jedoch die Farbpalette auf dem Bild und die Farben stimmten nicht mehr überein. Erst dank Fotografien, die man vor dem Angriff aufgenommen hatte, konnte das Gemälde später richtig restauriert werden. Mehr als ein Jahrhundert später wurde das berühmte Gemälde nun erneut angegriffen.
Repins Prototyp für den Zarewitsch war der geisteskranke russische Schriftsteller Wsewolod Garschin, der Selbstmord beging.
Zarewitsch Iwan war der älteste und allen Berichten zufolge sehr geliebte Sohn Iwan des Schrecklichen. Er nahm an allen politischen Empfängen und Feldzügen neben seinem Vater teil, obwohl er selbst keine politische Figur war.
Im Alter von 27 Jahren war Zarewitsch Iwan bereits dreimal verheiratet. Kinderlosigkeit führte dazu, dass seine ersten beiden Frauen in einem Kloster gesperrt wurden. Obwohl seine dritte Frau endlich ein Kind zur Welt brachte, sah er es nie. Nach dem Tod des Zarewitsch wurde auch seine dritte Frau in ein Kloster geschickt.
Das Zepter Iwan des Schrecklichen hatte eine symbolische Bedeutung und erschien auch auf Gemälden verschiedener anderer Künstler. Es wird angenommen, dass der Zar seinen Sohn mit diesem Zepter tötete.
Der russische Maler Iwan Kramskoj beschrieb seine ersten Eindrücke von Repins Gemälde:
"Was ist ein Mord, begangen von einem Tier und Psychopathen? Ein Vater schlägt seinen Sohn auf die Schläfe mit einem Zepter! Er schreit, setzt sich mit dem leblosen Körper in den Händen hin und legt eine Hand an die verletzte Schläfe, aus der das Blut zwischen seinen Fingern hervorquillt... Er heult ... Ein Tier, das vor dem Entsetzen der Tat schreit... Diese Szene ist wirklich voller Düsternis und einer Art natürlicher Tragik…”
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