Ja, diese Stadt gibt es. Sie heißt Urjupinsk und befindet sich in der Region Wolgograd, ungefähr 700 Kilometer südwestlich von Moskau. Der unglückliche Ruf, den sie besitzt, ist zwar völlig unverdient, dennoch wird das Wort „Urjupinsk“ im Russischen aus unbekannten Gründen dafür gebraucht, um ein „rückständiges Loch“ zu beschreiben, in das eine normale Person niemals ziehen würde.
Die Gründe dafür mögen im seltsam klingenden Namen der Stadt oder ihrem abgelegenen Standort liegen. Urjupinsk befindet sich mehr als 200 Kilometer von jeder anderen Großstadt entfernt und war jahrzehntelang nicht einmal mit dem Zug erreichbar: Die Zuggleise endeten abrupt in der Stadt, kurz vor einem aus Holz gebauten Bahnhof. Dennoch hat Urjupinsk trotz der abgelegenen Lage 40 000 Einwohner.
Urjupinsk ist Gegenstand zahlreicher Witze: „Warum hat Urjupinsk den Wettstreit um das beste Flitterwochenziel für sich entschieden und Venedig, Paris und New York auf die hinteren Plätze verwiesen? Weil es in der Stadt keinen einzigen Grund gibt, für den es sich lohnt, das Bett zu verlassen!“
In Wirklichkeit bemüht sich Urjupinsk in der Erinnerung seiner Besucher zu bleiben und seinen schlechten Ruf für sich zu nutzen. So wurde die Stadt im Jahr 2012 zur offiziellen „Provinzhauptstadt“ Russlands erklärt und die Einwohner hoffen, dass das einzige Ziegendenkmal Touristen anzieht, die sich nach provinzieller Exotik sehnen. Auch einem Ziegenmuseum kann man dort einen Besuch abstatten, da die Ziegenzucht lange Zeit eine traditionelle Einnahmequelle in der Region war.
Die Region Wolgograd besitzt nicht eine sondern gleich zwei merkwürdige Hauptstädte. Die zweite trägt den Namen Kamyschin, ist vor allem für ihre Wassermelonen bekannt und wurde vor ein paar Jahren offiziell als „die russische Hauptstadt der Wassermelonen“ registriert.
Nahezu alles in Kamyschin dreht sich um Wassermelonen. So ist die Stadt zum Beispiel der Gastgeber für das jährliche Wassermelonenfestival und eröffnet bald ein Wassermelonenmuseum. Zudem findet in der Stadt mit ihren 120 000 Einwohnern eine Wassermelonenparade statt, bei der sich die Menschen mit Wassermelonenstücken bewerfen. Doch Spaß beiseite: Viele Einwohner der Stadt verdienen mit der offiziell als Beere geltenden Melone ihren Lebensunterhalt.
Lokalen Überlieferungen zufolge fanden die Wassermelonen der Stadt erstmals im Jahr 1722 Anerkennung, als Peter der Große, der auf seinem Weg nach Persien, mit dem sich Russland im Krieg befand, in Kamyschin einen Zwischenhalt einlegte. Die einheimischen Wassermelonen schmeckten dem Zaren so gut, dass er anordnete, eine Kopie aus Kupfer anfertigen und vor dem Haus des Stadtbürgermeisters aufstellen zu lassen. Zwar weisen Historiker darauf hin, dass Peter der Große die Stadt im Juni, also bevor die Wassermelonen essreif waren, besuchte, der Legende tat dies bisher jedoch keinen Abbruch.
Über ein halbes Jahrhundert lang war die Kleinstadt Balabanowo, die sich 100 Kilometer südwestlich von Moskau befindet, das Zuhause einer großen Streichholzfabrik. Pro Jahr produzierte sie über eine Milliarde Streichhölzer, die einst in jedem sowjetischen Haushalt zu finden waren.
Natürlich stellten auch andere sowjetische Fabriken Streichhölzer her. Dennoch waren die Streichholzschachteln aus Balabanowo bei den Verbrauchern aufgrund ihres Designs besonders beliebt. Neben Streichhölzern wurden in der Fabrik auch sowjetische Souvenirsets hergestellt. Ende der 1950er-Jahre wurden die Streichhölzer aus Balabanowo sogar auf einer internationalen Ausstellung in Brüssel ausgestellt und von Sammlern gekauft. Vor wenigen Jahren musste die Fabrik jedoch schließen und so könnte man sagten, dass es sich bei Balabanowo genau genommen um die ehemalige „ Hauptstadt der Streichhölzer“ handelt.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten ist die nordwestliche russische Stadt Welikije Luki in der Region Pskow der Gastgeber der jährlichen Heißluftballonmeisterschaft, eine der weltweit größten Heißluftballonveranstaltungen, bei der Teilnehmer aus Russland und der ganzen Welt zusammenkommen.
Dutzende Heißluftballons sind deshalb Mitte Juni am Stadthimmel zu sehen und sorgen für einen unvergesslichen Anblick. Der Hauptsponsor der Veranstaltung ist das russische Gasunternehmen Gazprom, das sich durch seine Unterstützung nicht nur die öffentliche Aufmerksamkeit in der Region sondern auch den Respekt der Heißluftballongemeinde sichert.
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