Die Idee, ein Café mit Eulen zu eröffnen, stammt ursprünglich aus Japan. Seit Anfang 2017 gibt es das nun auch in Moskau: Das „Sowinyj Dom“ (web rus, deutsch: Eulenhaus).
Es befindet sich im Moskauer Zentrum im Innenhof eines Wohnhauses, erstreckt sich über zwei Etagen und funktioniert wie ein ganz normales Anti-Café, d.h. Sie zahlen nicht für die Speisen und Getränke, sondern für die Zeit, die Sie dort verbringen.
Die gefederten Hausherren des Cafés dürfen Sie natürlich streicheln, wenn die Eulen das zulassen. Zuvor jedoch muss jeder Gast seine Hände mit Antiseptikum desinfizieren – und auch dann dürfen die Tiere nur mit dem Handrücken berührt werden.
“Eulen spüren nicht, wenn sie jemand berührt”, erklärt Anna Potapowa, die als “Eulenexpertin” in dem Café arbeitet. „Sie haben keine Nervenendungen in den Federn, darum ist es ihnen egal, ob sie sie streicheln oder nicht.“
Außerdem, so erklärt Potapowa weiter, hätten Eulen nur ein Kurzzeitgedächtnis. Sie können sich zwar sehr gut an die Umwelt erinnern, aber kaum an bestimmte Momente in der Vergangenheit.
Und das Café? Nein, das wollten sie nicht verlassen. “Wir lassen manchmal auch die Türen offen, aber bisher ist nie eine Eule weggeflogen”, so Potapowa.
>>> Wie russische Diplomaten in Moskau ein Leben retteten
Gegründet wurde das Eulen-Café von dem Moskauer Mark Lobynzew. „2015 hörte ich davon, dass es so einen Ort in Japan gebe, und dachte mir, dass das ja auch für uns hier interessant sein könnte“, erinnert sich Lobynzew gegenüber Russia Beyond. Die Tiere habe er dann von Vogelaufzuchtstationen und Zoos bekommen.
„Ich war geschockt, als ich das erste Mal eine Eule traf. Ich habe zwar mit Ornithologen gesprochen und mir erklären lassen, wie ich sie versorgen muss“, erzählt der Café-Chef weiter. „Eulen machen Jagd auf Mäuse und sie müssen sich ein- bis zweimal pro Tag baden. Das müssen sie unbedingt einhalten, ist aber schwierig.“ Außerdem musste er die Eulen sehr früh zu sich nehmen und die Jungtiere dann noch lange aufziehen und persönlich versorgen.
Am Anfang wurde das Moskauer Eulenhaus auch noch von Tierschützern kritisiert. Erst ein offizielles Gutachten durch die russische Kontrollbehörde Rospotrebnadsor beendete dann die Protestwelle. Das Café wird regelmäßig von Tierärzten kontrolliert. „Jeden Monat würden diese Kontrollen durchgeführt“, sagt Lobynzew.
>>> Tierischer Skandal: Sankt Petersburger Restaurant verliert Hauptattraktion
Die Gäste des Eulenhauses sind oft überrascht, wenn sich plötzlich eine Eule auf ihre Hände stürzt. Denn sie wissen nicht, dass Eulen täglich um die fünf Kilometer fliegen müssen. Darum fliegen sie hier ständig durch die Räume, wenn das Wetter gut ist, dürfen sie sogar raus.
Der Alltag einer solchen Heim-Eule unterscheidet sich natürlich stark von dem ihrer Artgenossen in der Wildnis. So sind die Café-Vögel tagsüber viel aktiver als ihre nachtaktiven Kollegen im Wald.
Mira ist die Jüngste im Eulenhaus und gerade einmal fünf Monate alt. Sie ist schon vom Menschen aufgezogen worden und kennt das wilde Leben gar nicht. Darum ist sie auch am zahmsten. Ist ihr langweilig, dann kommst sie einfach zu jemandem hingeflogen und schaut, was denn da vor sich gehe, erzählt Potapowa.
Der Bartkauz ist bekannt für sein tollpatschiges Verhalten, hat auch die Café-Fotografin Alisa Rustamowa bemerkt. „Sie fliegen oft sehr nah an die Menschen heran und können auch leicht einmal gegen eine Wand (oder einen Baum) fliegen“, so Rustamowa. Derweil schaut Mira die Besucher oft sehr geduldig an – als würde er uns wirklich zuhören!
Die zwei Waldkäuze Bulja und Forest sind ein Paar. Potapowa nennt sie eine „faule Art“; „Manchmal sind sie so faul, dass sie nicht einmal fliegen wollen und wir müssen sie anschubsen.“ Bulja würde darum auch niemals einen Menschen beißen – weil er zu faul sei. „Um sie dazu zu bringen, Sie zu beißen, müssten Sie ihr schon Ihren Finger in den Schnabel schieben.“ In der Eulenwelt könne man die Waldkäuze mit Jungbären vergleichen: „Sie sind süß und faul“, sagt die Eulen-Expertin. Wenn ihnen etwas nicht gefällt, dann zischten sie einfach.
Der langohrige Morty ist derweil ein echter Mann: “Er ist sehr frech und zwickt gern. Tut aber niemandem wirklich weh. Er weiß, dass er schwächer ist, überspielt das aber.“ Mortys Art benutzt ihre langen Ohren zur Tarnung: Sie gehen optisch in den Baumstann über und sind kaum zu erkennen.
Der fünfte Café-Bewohner ist der Schönling Maki.
Viele Café-Besuchen kommen mit ihren Familien und Kindern. „So sehen die Kinder einmal diese Vögel sehen und auch anfassen, die sie ja sonst nirgendwo finden“, erklärt Lobynzew. Die zweite große Besuchergruppe seien dann noch Harry-Potter-Fans.
Ansonsten funktioniert das Eulen-Café wie andere Tier-Cafés auch: neben den Tieren gibt es Brettspiele, Getränke und Souvenirs. In manchen Katzencafés können Besucher aber manchmal sogar eine Miez mit nach Hause nehmen, das geht im Eulenhaus nicht.
„Viele Gäste fragen uns danach, wie man eine Eule zuhause halten könne“, sagt Lobynzew. „Ich rate ihnen immer davon ab, denn die Pflege ist sehr aufwendig. Sie brauchen viel Erfahrung, Zeit und Geld dafür.“
Im Herbst nächsten Jahres möchte Lobynzew dann ein weiteres Eulen-Café in Sankt Petersburg eröffnen.
Weiter gastronomische Empfehlungen für Moskau und Sankt Petersburg:
>>> Jenseits von Wodka und Pelmeni: Die besten russischen Restaurants in Moskau und Sankt Petersburg
>>> Schlemmen, nicht schlingen: Was russische Küche von Fast Food á la McDonald's unterscheidet
...und im Rest der Welt:
>>> Russische Restaurants weltweit: Wo gibt es den herzhaftesten Borschtsch und den besten Wodka?
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!