Aussicht vom Großen Stadtwall auf den Solomennoje-See / Peggy Lohse
Der große Solomennoje-See teilt die Stadt in zwei Teile. Ihn zu Fuß zu umrunden dauert über eine halbe Stunde. Darum träumen die "Toroptschane" genannten Bewohner seit Jahrhunderten von einem Unter-See-Tunnel.
Im Mittelalter war Toropez Grenzstadt zwischen Russland, dem Königreich Polen und dem Großfürstentum Litauen. Eine städtische Legende besagt, dass damals auch tatsächlich so ein Tunnel unter dem See hindurch gebaut worden sei - von der "Roten Insel" zum Kloster. Im Falle eines Überfalls durch andere Staaten hätten sich Zivilisten und Mönche dann dort in Sicherheit bringen können. Nur Ein- und Ausgänge zu dem Tunnel sind bisher nicht geortet worden. Die Einwohner - und erst recht ihre Kinder - suchen bis heute nach den Zugängen zum Untergrund.
/ Peggy Lohse
Toropez ist eine hübsche Provinzstadt im Westen des Gebietes Twer, etwa 500 Kilometer nordwestlich von Moskau. Etwa 15 000 Einwohner leben hier, umgeben von über 300 Seen und Dutzenden Kirchen. Toropez ist genau einer derjenen Orte in Russland, wo die Zeit stillzustehen scheint. Die Toroptschane sind zumeist sehr religiös und ebenso aktiv als Bürger: Sie legen viel Wert auf saubere Straßen, auch wenn bei Weitem nicht alle asphaltiert sind.
Viele Ansässige suchen auch heute noch nach den angeblich irgendwo im Stadtgebiet versteckten Schätzen. Und nach einem Wassermonster im Udbische-See. Das 20 Meter tiefe Gewässer ist eine unversiegbare Quelle örtlicher Legenden. Beispielsweise im Falle des "Loch-Ness"-Monsters wollen Fischer ein riesiges, einem Dinosaurier ähnelndes Reptil gesichtet haben. Außerdem wurden im Udbische-See angeblich auch schon fliegende Fische gefangen. Und widerlegen konnte diese Legenden bislang niemand.
Erholungsgebiet und Sagenwelt: der Udbische-See. / Peggy Lohse
Ihre Entstehung lässt sich da doch leichter nachvollziehen: Der Udbische-See ist ein beliebter lokaler Ausflugsort. Und am Ende eines ausgiebigen Picknicks mit Bierchen, Kwass und Schaschlick ist wohl jeder eher geneigt, deren Existenz zu bestätigen.
Im 18. und 19. Jahrhundert gehörte Toropez, damals eine blühende Handelsstadt, zum Gouvernement Pskow. Hier trafen sich Händler aus dem Osten, Zentralasien, dem Baltikum und den westlichen Ländern. Das bezeugen bis heute der unverhältnismäßig weitläufige Marktplatz im Stadtzentrum sowie die Hautpstraße, die kleine Kaufmannshäuser aus Ziegelstein säumen.
Angeblich sollen selbst Napoleons Truppen einen Goldschatz in der Nähe versteckt haben. Bislang ist aber auch der nicht gefunden worden. Und einige Fakten sprechen durchaus für diese Geschichte: Als Napoleon 1812 die Truppen des russischen Heerführers Peter Wittgenstein vor sich her trieb, musste er in der Nähe von Toropez stoppen, dann zogen die Franzosen in Richtung des südlich gelegenen Smolensks weiter. Unweit der Stadt wurden später angeblich viele Versorgungsgüter gefunden, die Rede war immer auch von einem wertvollen Schatz. Warum Napoleon den gerade in Toropez versteckt haben sollte, ist zwar bis heute nicht geklärt. Aber für die örtlichen Schatzjäger reichen diese Fakten aber aus - und natürlich eine gesunde Portion wilder Naturromantik.
Als beispielsweise eine lokale Zeitung am 1. April 1990 vom "geborgenen Napoleon-Schatz" berichtete, war dann auch die gesamte Kleinstadt ganz aus dem Häuschen. Ihre Enttäuschung war riesig, als sie am nächsten Tag erfahren mussten, dass das nur der übliche Aprilscherz war.
/ Peggy Lohse
Die Schatz- und Abenteuerjäger haben noch ein weiteres Ziel in Toropez: Eine berühmte Legende besagt, dass die ansässigen Kaufleute einst eine riesige Goldmünze von Katherina der Großen erhalten hätten. Die Zarin habe mit dem Gewicht von knapp eineinhalb Kilogramm ihren Zorn auf die Händler ausdrücken wollen. Jene sollen zuvor ihre deutschen Kollegen über den Tisch gezogen haben und zu viel Geld genommen haben. Die Deutschen wandten sich daraufhin an die Zarin, die als einstige Prinzessin aus Anhalt-Zerbst ja selbst aus deutschen Landen stammte, und beschwerten sich bei Katharina II. Diese lies in dem Fall ermitteln, aber die Kaufleute täuschten die Ermittler und so gab es letztlich keinerlei Beweise für den Betrug.
Man sagt, die Zarin habe die Differenz letztlich aus ihren eigenen Finanzen ausgeglichen, und letztlich eine riesige Metallmünze als Anspielung nach Toropez geschickt. Seitdem heißt es dort: " Willst Du etwa eine Metallmünze kriegen?" Das heißt so viel wie: "Halt Dich nicht für zu schlau, sonst bist Du am Ende der Dumme!"
Was braucht es mehr für einen romantischen Abend? Kleiner Tipp: Anti-Mückenspray. / Peggy Lohse
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