Zwar tritt Pobeda zum wirtschaftlich schwierigsten Zeitpunkt in den Markt ein, doch werten Experten ihre Chancen positiv.
Getty ImagesIn diesem Jahr geriet der russische Luftverkehrsmarkt in die Krise. Die nahezu 50-prozentige Abwertung des Rubels gegenüber dem US-Dollar und dem Euro führte zum schlagartigen Rückgang der Nachfrage nach internationalen Flügen. Große Airlines wie die US-amerikanische Delta, die britische EasyJet und gut ein Dutzend europäischer Fluggesellschaften haben Russland bereits verlassen.
Vor diesem Hintergrund klingt die Ankündigung des russischen Billigfliegers Pobeda, internationale Verbindungen anbieten zu wollen, recht ambitioniert. Die Fluglinie ging aus der Billigairline Dobrolet hervor, die im Sommer 2014 ihren Betrieb einstellen musste. Wegen Flugverbindungen auf die Krim kam die Fluggesellschaft auf die Sanktionslisteder Europäischen Union. Pobeda ist eine 100- prozentige Aeroflot-Tochter (50 Prozent der Aeroflot-Aktien gehören dem Staat). Vor zwei Wochen teilte Pobeda mit, eine Zulassung für Verbindungen nach Dresden und Köln (je sieben Flüge die Woche), nach Bratislava (zehn Flüge pro Woche) sowie für Charterflüge nach Chambéry (17 Flüge in der Woche) erhalten zu haben. Damit Pobeda Auslandsrouten bedienen kann, nahm das russische Verkehrsministerium eigens Änderungen an den Föderalen Luftverkehrsvorschriften (FAP) vor. Laut den vorherigen FAP-Bestimmungen konnte eine Fluggesellschaft erst dann eine Zulassung für inter nationale Routen erhalten, wenn sie zuvor über zwei Jahre lang inner russische Strecken bedient hatte.
Zwar tritt Pobeda zum wirtschaftlich schwierigsten Zeitpunkt in den Markt ein, doch werten Experten ihre Chancen positiv. „In dieser Situation hat die Fluggesellschaft einen Wettbewerbsvor teil gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten. Denn ein Teil ihrer Betriebskosten wird in Rubel abgerechnet und fallen nun deutlich niedriger aus“, erklärt Oleg Panteleew, leitender Analyst des Branchenportals Aviaport. Zudem bestehe in Russland trotz der Rubelschwankungen weiterhin Interesse an internationalen Billigflügen, wenn auch nicht auf Vorkrisenniveau, ergänzt Panteleew.
„Auf den meisten Strecken, die Pobeda in den Flugplan aufnehmen will, werden keine Direktflüge aus Russland angeboten. Daher kann der russische Billigflieger eine für ihn günstige Nische einnehmen“, meint auch Philipp Brinkmann, Generaldirektor des Online-Reiseveranstalters Tripsta. So werde Pobeda auf einigen Strecken – etwa Moskau-Dresden, auf der momentan nur Aeroflot Direktflüge anbietet – mit günstigeren Tarifen Fluggäste für sich gewinnen können.
Es sollen auch weitere Verbindungen hinzukommen. Das Unternehmen verhandele gerade über Bergamo, Salzburg und Verona, wie die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti vermeldete. „Als ein traditionell kostspieliges, aber attraktives Ziel ist Salzburg besonders vielsprechend. Bislang müssen Reisende in die österreichische Stadt in München umsteigen“, sagt Brinkmann. Salzburg, Verona, Bergamo und Chambéry seien wichti ge Reiseziele im Winter. Je näher die Skisaison rücke, desto eindeutiger würde die Nachfrage nach Pobeda beurteilt werden können, meint Brinkmann.
Air Berlin geht, Lufthansa bleibt
Unterdessen setzen internationale Fluggesellschaften ihren Rückzug aus Russland fort. Im September kündigte Air Berlin an, alle Flüge nach Russland zu streichen. Wegen des Nachfrageeinbruchs habe das Unternehmen im Verlauf des Jahres mehrmals seinen Flugplan geändert, sich auf die stetig sinkenden Passagierzahlen aber nicht einstellen können, heißt es in der offiziellen Mitteilung des Unternehmens. Am 18. Januar 2016 ist es mit der Strecke Berlin-Moskau vorbei. Düsseldorf-Moskau und Berlin-Kaliningrad werden bereits am 9. November dieses Jahres vom Flugplan genommen. Setze die Nachfrage aber wieder ein, könne Air Berlin nach Russland zurückkehren, sagte das Unternehmen auf Nachfrage von RBTH.
Auch die größte europäische Fluggesellschaft Lufthansa erklärte im August dieses Jahres, ihre Verbindungen nach Russland auszudünnen, größtenteils durch die Streichung von Regionalrouten. Flüge nach Samara und Nischnij Nowgorod hat das Unternehmen bereits eingestellt und fliegt nur noch Moskau und Sankt Petersburg an. Zudem verzichtet die deutsche Airline auf den Moskauer Flughafen Wnukowo: Lufthansa-Flüge gibt es inzwischen nur noch von und nach Domodedowo. Die Lufthansa-Billigtochter Germanwings soll jedoch in Russland bleiben, versicherte die Airline.
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