Russische Butterwoche: Wie aus Tradition Kommerz wurde

Aus dem heidnischen Fest wurde Russlands größtes Volksfest.

Aus dem heidnischen Fest wurde Russlands größtes Volksfest.

Iliya Pitalev/RIA Novosti
Aus dem alten heidnischen Fest Masleniza, das die Russen seit dem Mittelalter feiern, ist das größte Volksfest des modernen Russlands geworden. Der kommerzielle Erfolg des Festes lässt sich mit dem Oktoberfest in Deutschland oder dem Thanksgiving Day in den USA vergleichen. Davon profitieren nicht nur Restaurants und Bistros, sondern auch Reisebüros.

Die Masleniza wird jedes Jahr Ende Februar, Anfang März gefeiert. Eine Woche lang werden wie am Fließband russische Eierpfannkuchen – Bliny – gebacken, bis die Verbrennung einer Strohpuppe das ganze Spektakel wieder beendet. Dieses Fest lässt traditionsgemäß die Einnahmen von Bliny-Verkaufsständen und -Restaurants steigen. Seit Kurzem machen auch Reisebüros zur Masleniza Profite – sie bieten kurze Ausflüge in alte russische Städte mit mittelalterlicher Architektur.

Sonderaktionen kurbeln den Umsatz an

Es ist bemerkenswert, dass die Füllungen für Pfannkuchen besser verkauft werden als die Zutaten für die Bliny selbst, wie Anton Panteleew, Sprecher der großen Supermarktkette Dixy, RBTH verriet. So steige die Nachfrage nach Mehl um fast 100 Prozent und nach Milch um zehn Prozent. Doch das sei wenig im Vergleich mit den populärsten Füllungen Kondensmilch, roter Kaviar und Honig. „Das Absatzwachstum für Kondensmilch kann bis zu 200 Prozent betragen, für Honig durchschnittlich 20 bis 30 Prozent. Roter Kaviar erlebt während der Masleniza seine zweite Hochsaison nach Silvester: Die Nachfrage nimmt bis zu 50 Prozent zu“, erzählt Panteleew.     

Laut Michail Gontscharow, dem Gründer der in Russland populären Schnellrestaurantkette Teremok, die vor allem Eierpfannkuchen anbietet, steigt der Umsatz während der Masleniza-Woche um bis zu 40 Prozent. Weil die Nachfrage nach Bliny wachse, nehme auch der Wettbewerb zwischen der Konkurrenz zu. Deshalb lässt sich die Kette Teremok jedes Jahr etwas Neues einfallen: Sie erweitert ihr Füllungssortiment oder wagt Experimente mit Zutaten. In diesem Jahr gibt es Eierpfannkuchen mit Caesar-Füllung, verrät Gontscharow.   

Auch internationale, in Russland tätige Markennamen nutzen die Masleniza für Sonderaktionen, um ihren Absatz zu steigern. Zum Beispiel „Domik v derevne“ („Dorfhaus“), eine Marke für Milchprodukte aus dem Pepsi-Konzern, die dieses Jahr Zutatenboxen für Bliny auf den russischen Markt gebracht hat. Jede Box enthält zudem ein Rezept für dünne Eierpfannkuchen mit Quarkcreme – die Kreation eines berühmten Chefkochs. 

Das Masleniza-Fieber hat längst auch die Städte selbst erfasst. 2017 will die Moskauer Stadtregierung ein besonders großes Masleniza-Fest ausrichten. Alexej Nemerjuk, Leiter der Abteilung für Handel und Dienstleistungen der Stadt, ist verantwortlich für die Festorganisation. Noch nie habe man die Masleniza so groß gefeiert wie in diesem Jahr, sagt er. Auf dem Festmarkt „Moskauer Masleniza“ werden verschiedene Bliny-Sorten an über 30 Ständen angeboten. Darüber hinaus kann man die Pfannkuchen nicht nur kaufen, sondern auch selbst backen.

Ausflug mit Pfannkuchen-Verkostung

Wassili Maximow / AFP PHOTO / East NewsWassili Maximow / AFP PHOTO / East News

Manche begeben sich auf ihrer Suche nach neuen Erlebnissen während der Masleniza sogar in eine andere Stadt. Davon profitieren Reisebüros, die natürlich spezielle Themenreisen im Portfolio haben. Laut dem Reisebüro Rus würden während der Masleniza fast doppelt so viele Touren verkauft als an gewöhnlichen Tagen. Dabei sind es vor allem die Russen selbst, die diese Touren buchen, Ausländer buchten nur etwa zwei Prozent aller Reiseangebote.  

Maja Kotljar, Gründerin der Reiseagentur Mayel Travel, berichtet, dass alle großen Urlaubszentren in den Vororten Moskaus Masleniza-Feste organisieren. Besonders populär sei jedoch das Verwaltungsgebiet Twer. Für kürzere Reisen seien Ausflüge nach Susdal, Uglitsch oder Kolomna besonders gut geeignet, sagt die Expertin. Nach Susdal würden vor allem Alleinreisende gern fahren.  

Artjom Sorokin, Geschäftsführer des Reisebüros Rus, ist auf solche Reisen durch Russland spezialisiert. Er meint, dass dieses Jahr die Städte Murom und Uglitsch besonders gefragt seien. „Die Masleniza-Touren werden gebucht, weil der Besuch von Volksfesten sowie traditionelle Masleniza-Aktivitäten wie Kreisspiele, Tee mit Bliny-Verkostung und das Verbrennen der Strohpuppe bereits im Paket enthalten sind“, erklärt Sorokin. Die Städte des sogenannten Goldenen Rings seien deshalb so gefragt, weil man sie mit Geschichte verbinden würde, genauso wie das Masleniza-Fest. Außerdem seien diese Städte wegen ihrer Nähe zu Moskau attraktiv – alle wichtigen Verkehrsknotenpunkte seien in unmittelbarer Nähe. 

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