Wie Russlands Millionäre das große Geld machten

Money. Ориг. подпись Фермер Владимир Дорохов во время получения в банке ссуды на приобретение трактора

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V.Tarabashchuk/TASS
Sie haben Bügeleisen und Computer repariert, Puppen hergestellt oder Menschen verheiratet – die russischen Oligarchen haben ihr erstes Geld in Branchen verdient, mit denen man sie normalerweise nicht in Verbindung bringen würde.

Einige von ihnen haben niemals von Millionen geträumt, andere stets danach gestrebt. Zur Überraschung vieler wurde die Ära der „russischen Oligarchen“ von Menschen geprägt, die ihr erstes Geld nicht mit dem Verkauf von Erdöl oder Bodenschätzen gemacht haben.

Der erste sowjetische Millionär, der sein Geld auf legale Art und Weise verdient hat, war Artem Tarasow, der vor einigen Tagen im Alter von 67 Jahre verstorben ist. Tarasow hatte laut eigener Aussage nie von Millionen geträumt und als ganz normaler Wissenschaftler gearbeitet. Jedoch eröffnete ihm die Ära Gorbatschow eine Reihe neuer Möglichkeiten, die nicht zu nutzen fahrlässig gewesen wäre. Zu dieser Zeit wurden Menschen aus allen Bereichen der sowjetischen Gesellschaft von der Welle der Perestroika erfasst und in die Wirtschaft getrieben. Von nun an beschäftigten sie sich unter anderem mit der Reparatur von Bügeleisen oder der Herstellung von Puppen.

Artem Tarasow: Dollar, Huren und Computer

/ Kommersant/ Kommersant

Alles hat Ende der 1980er Jahre angefangen, als normale Bürger erstmals ein Bankkonto und ein eigenes Geschäft eröffnen durften. Tarasow erkannte schnell die Zeichen der Zeit. Für ihn bestand damals die einzige Schwierigkeit darin, zu entscheiden, womit er sein Geld verdienen wollte.

Er entschied sich dazu eine Heiratsagentur zu eröffnen. „Hier muss man zuerst erklären, dass es zu der damaligen Zeit unmöglich war eine Arbeit in Moskau zu finden, ohne offiziell in der Stadt gemeldet zu sein. Eine offizielle Anmeldung konnte man aber oft nur durch Heirat bekommen“, erinnerte sich der Unternehmer. „Jetzt verstehen sie vielleicht, warum wir bereits an den ersten fünf Tagen über 4 000 Besucher hatten. Jeder Heiratswillige musste 25 Rubel bezahlen (nach dem damaligen Wechselkurs etwa 43 US-Dollar). Bei einem Durchschnittslohn von etwa 130 Rubel keine kleine Summe“, ergänzte Tarasow.

Allerdings musste seine Agentur nach sechs Tagen wieder schließen. Die sowjetischen Behörden waren der Ansicht, dass eine Heiratsagentur zu unmoralisch sei.

 / Nikolai Moshkov/TASS / Nikolai Moshkov/TASS

Bei seinem nächsten Versuch ging es um die Reparatur von Haushaltsgeräten aus dem Westen. In der gesamten UdSSR gab es so gut wie keine Reparaturwerkstätten für solche Geräte, auch wurden keine Ersatzteile importiert. Aus diesem Notstand heraus ist die Firma „Technika“ entstanden, die sich im Laufe der Zeit auf die Übersetzung von westlicher Software ins Russische und deren Weiterverkauf an staatliche Institutionen spezialisiert hat.

„Nach nur einem Monat haben wir eine Million Rubel verdient, alles ganz offiziell“, erinnerte sich Tarasow. „Nach der ersten Million bekamen wir einen regelrechten Schock. Alle hatten die Befürchtung, dass man uns jederzeit verhaften und erschießen könnte“, scherzte er.

Ein weiteres lukratives Geschäftsfeld war der Import von Computern. Tarasow erinnert sich an die Anfänge: „Wir gingen zu Prostituierten und kauften ihnen US-Dollar zu einem erhöhten Wechselkurs ab. Das Geld wurde mit einem Kurier ins Ausland gebracht. Dort wurden Computer für umgerechnet 1 500 Rubel erworben und in der Sowjetunion für 50 000 Rubel weiterverkauft“.

German Sterligow: Bahnhof-Konzerte und Börsen-Spekulationen

/ Mitya Aleshkovsky/TASS/ Mitya Aleshkovsky/TASS

Der Unternehmer German Sterligow verdiente sein ersten Geld – noch bevor er sich dem Verkauf von luxuriösen Särgen und dem wohl teuersten Brot Russlands (umgerechnet 28 US-Dollar für ein Laib Brot) widmete – in der Unterhaltungsbranche. Seinerzeit überzeugte er die Leiter der Moskauer Bahnhöfe davon, dass sich die großen Wartehallen in ihren Einrichtungen ideal als Konzertflächen eignen würden.

Es wurden Künstler direkt auf der Straße angeworben, die anschließend für etwa 15 Minuten in einem Bahnhof auftraten, von den Wartenden das Geld einsammelten und zum nächsten Bahnhof weiterzogen. Ihren Platz nahmen dann andere Künstler ein. „Das Geld mussten wir in Koffern wegtragen. Nach ein paar Monaten konnte sich jeder von uns ein neues Auto leisten. Das einzige Problem bestand darin, das Münzgeld anschließend in Scheine umzutauschen“, erinnert sich Sterligow. „Vorteilhaft war auch, dass wir keinerlei Miete bezahlen mussten. Auch die Bahnhofspolizei bekam keine Kopeke ab, worüber die Polizisten natürlich nicht sehr erfreut waren. So war das aber im Jahr 1988“, erinnert sich Sterligow.

/ Boris Kavashkin, Lyudmila Pakhomova/TASS/ Boris Kavashkin, Lyudmila Pakhomova/TASS

Noch im selben Jahr wurden die Konzerte in den Bahnhöfen verboten und Sterligow widmete sich einer anderen Tätigkeit: Nachdem er in einem Hollywoodfilm den lukrativen Handel an der Wall Street beobachtet hatte, entschloss er sich eine eigene Börse in Moskau zu eröffnen. Er mietete einen Raum, hängte Monitore auf, installierte Computer und startet unter dem Namen „Alisa“ die erste russische Börse. Schon am ersten Tag hat Sterligow mit seiner Idee sechs Millionen Rubel verdient.

Der Augustputsch in Moskau im Jahr 1991 spielte ihm zusätzlich in die Karten. „Ich war zu dem Zeitpunkt gerade in unserer New Yorker Filiale und beobachtete wie der Wert der russischen Staatsschulden fast gegen null fiel. Wir reagierten schnell und kauften große Mengen dieser Schulden auf und verkauften sie drei Tage später wieder zurück, als sich die Lage in Moskau wieder beruhigt hatte. Die Rentabilität dieser Aktion lag bei etwa 1 000 Prozent.

Roman Abramowitsch: Geschäft mit Gummipuppen

/ Sergey Guneev/RIA Novosti/ Sergey Guneev/RIA Novosti

Roman Abramowitsch hat bereits in der Schule Zigaretten, Schokolade, Jeans und Parfüm zu einem günstigen Preis eingekauft und zu einem teuren Preis weiterverkauft. Auf die Universität wollte er gar nicht erst gehen, davon überzeugt, dass er die Welt auch ohne einen Hochschulabschluss erobern könne.

Mit 22 Jahren kam ihm die Idee das Unternehmen „Ujut“ zu gründen. Dieses beschäftige sich mit dem Verkauf von Kinderspielzeug aus Kunststoff und Gummi. Kurzerhand funktionierte Abramowitsch seine Wohnung in eine Fabrik um und stellt die Puppen gemeinsam mit seiner ersten Ehefrau und seiner Tochter her.

 / Alexandr Graschenkov/RIA Novosti / Alexandr Graschenkov/RIA Novosti

Vertrieben wurde das Spielzeug in Hotels, später auch in den Metro-Stationen und schließlich in normalen Läden. Nach einiger Zeit spielte halb Russland mit Spielzeugen der Firma „Ujut“. Während der Durchschnittslohn in der Sowjetunion Ende der 1980er Jahre zwischen 100 und 200 Rubeln lag, verdiente Abramowitsch mit der Puppenherstellung bereits 3 000 bis 4 000 Rubel.

Erst nach vielen erfolgreichen Jahren gab Abramowitsch die Puppen zugunsten des Rohstoffgeschäfts auf. „Mich haben die Puppen eigentlich nie interessiert. Es war einfach eine Möglichkeit ans Ziel zu kommen. Das Ziel bestand darin, ein Unternehmen zu gründen, das zukunftsfähig ist“, erzählte der Besitzer des englischen Fußballvereins Chelsea London und laut Angaben der Zeitschrift Forbes etwa 9,1 Milliarden US-Dollar schwere Oligarch.

Michail Chodorkowski: Umwandlung von Buch- in Bargeld

/ Reuters/ Reuters

Der fleißige Chemiker Michail Chodorkowski, in Folge Gründer und Oberhaupt des Erdölkonzerns Yukos und Oligarch in Ungnade, begann seine Geschäftstätigkeit zur selben Zeit wie Artem Tarasow – beide meldeten ihre Unternehmen am gleichen Tag an.

Seinerzeit hatte Chodorkowski zusammen mit Freunden das sogenannte „Zentrum für das wissenschaftlich-technische Schaffen junger Menschen“ gegründet, eine neue Geschäftsform die durch Gesetzesänderungen während der Perestroika entstanden war. 1987 gab es davon im ganzen Land nur 33 Stück. Ähnlich wie normale Unternehmen hatten solche Zentren das Recht, die Umwandlung des sogenannten Buchgeldes in Bargeld durchzuführen, was bis dahin nicht möglich war. „In Wirklichkeit hatte diese Möglichkeit ab einem gewissen Zeitpunkt jeder Bürger der Sowjetunion. Man musste nur aktiv werden und nicht einfach die Dinge auf sich zukommen lassen“, erinnert sich Chodorkowski.

/  V.Tarabashchuk/TASS/ V.Tarabashchuk/TASS

Chodorkowskis Zentrum war eines der ersten im Land, das sich mit der kommerziellen Umwandlung von Buch- in Bargeld beschäftigte. Staatsbetriebe, Wissenschaftszentren und Konstruktionsbüros bevorzugten es ihre Geschäfte über solche Zentren abzuwickeln. Das etablierte System für Staatsbetrieb war ihnen zu bürokratisch.  

Im Jahr 1988 verzeichnete Chodorkowskis Zentrum einen Gewinn von 80 Millionen Rubel und bekam die Erlaubnis eine Privatbank zu gründen.

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