Es handelte sich um einen normalen Passagierflug, auf dem sich die zur Alrosa Airline gehörende TU-154 befand. Fast alle der 72 Passagiere befanden sich auf dem Weg von Jakutien nach Moskau, um dort Urlaub zu machen. Dreieinhalb Stunden nach dem Start gingen am 7. September 2010 um 6:57 Uhr in der Kabine plötzlich alle Lichter aus. Zu dem Zeitpunkt befand sich das Flugzeug 10 600 Meter über der Taiga.
„Ich war noch wach und habe gemerkt, dass sich das Flugzeug auf dem Weg nach unten befindet, obwohl es noch zu früh war, um die Flughöhe zu verringern. Ich schaute aus dem Fenster, sah nur Wald und begriff, dass wir uns auch nicht auf dem Rückweg befinden konnten“, erinnert sich der Passagier Andrej Kondratjew. „Das bedeutete, dass etwas schief lief. Dann kam der Flugbegleiter. Er sagte, dass es eine Notlandung gäbe und dass alle die Embryoposition einnehmen müssten. Mein dreijähriges Kind schlief auf meinen Knien. Meine Frau saß neben mir. Sie und ich beugten uns vor.“
Laut dem Mannschaftskapitän Jewgeni Nowosselow war das Erste, das nicht mehr funktionierte, der Autopilot. Fast unmittelbar danach hörten auch alle anderen Geräte auf zu funktionieren. „Ich hatte immer geglaubt, dass es einen künstlichen Reservehorizont geben sollte, aber alle drei hatten aufgehört zu arbeiten. In so einer Situation musste ich natürlich eine Notlandung vornehmen. Wir konnten nicht einmal mehr per Funk kommunizieren. Doch wir wussten nicht, wo der nächste Flughafen lag“, sagt Nowosselow.
Aufgrund des wolkenreichen Himmels konnten die Piloten darüber hinaus den Boden nicht sehen. „Es gab keinen Strom, die Pumpen funktionierten nicht mehr. Uns blieben für die Landung nur noch 30 Minuten, dann drohte der Totalausfall der Motoren. Also taten wir das einzige, was wir konnten: ‚blind‘ landen“, erinnert er sich.
Die Piloten hatten jedoch Glück. Die Wolken lichteten sich und gaben ihnen schließlich die Sicht auf einen Fluss und einen Wald frei. Für gewöhnlich kann der Pilot mit einer TU-154 nur auf dem Wasser eine Notlandung vornehmen; das hätte allerdings die Überlebenschancen der 72 Passagiere und neun Besatzungsmitglieder an Bord erheblich verringert. Doch plötzlich lag vor ihnen eine Landebahn. „Ich dachte, dass ich halluziniere“, gibt Nowosselow zu.
Wir haben drei Landeversuche unternommen. Für die TU-154 stellte sich die Piste als zu kurz heraus, zudem die Geschwindigkeit des Flugzeugs aufgrund der gebrochenen Bremsklappen deutlich über dem Durchschnitt lag. Das Flugzeug glitt von der Landebahn und rutschte 164 Meter über den Boden. „Ich sah, wie die Flügel die Bäume fällten, die wie Sägespäne wegflogen. In der Kabine herrschte Panik. Die Taiga war feucht, überall dampfte es und alle nahmen an, dass das Flugzeug brennen würde“, erklärt Kondratjew.
Besatzungsmitglieder
Mikhail Melnichuk/SputnikEine Flugbegleiterin reichte der Passagierin Nadeschda Filimonowa währenddessen Limonade und Beruhigungsmittel. „Alle haben geweint. Das Erste, was wir uns gefragt haben, war, warum ausgerechnet uns das passiert?“
Glücklicherweise wurde von den 81 Personen an Bord niemand verletzt. Bald eilten ihnen auch Feuerwehrmänner und Krankenwagen zur Hilfe, während die Passagiere nicht glauben konnten, überlebt zu haben.
Die „Rettungslandebahn“ gehörte ursprünglich zu einem Flughafen, der sich in der Siedlung Ischma befand und zunächst von den regionalen Fluggesellschaften angeflogen wurde, um anschließend in den 1990er Jahren als Helikopterlandeplatz genutzt zu werden. Von allen 126 Mitarbeitern, die dort arbeiteten, blieb am Ende nur Sergej Sotnikow übrig. Zwölf Jahre lang lief er täglich fünf Kilometer zum Flughafen und führte an der verlassenen Landebahn die nötigen Wartungsarbeiten durch. Als er gefragt wurde, aus welchen Grund er das tat, da ihm schließlich niemand die Anordnung gegeben hatte, antwortete er:
„Ich? Ich habe einfach niemandem erlaubt, die Landebahn zu benutzen, mehr nicht. Viele Leute ritten hier zuvor mit ihren Pferden, die alles mit Kot verschmutzten. Der trocknete dann und flog anschließend, da der Hubschrauber bei der Landung einen starken Wind erzeugt, allen in die Augen. Das war nicht so toll... Manchmal fiel auch der eine oder andere Baumstamm um, oder Leute entsorgten ihre Flaschen auf dem Gelände. Ich habe das alles weggeräumt und sauber gemacht, damit das Gelände stets gut aussah.“
Aus diesem Grund fällte Sotnikow auch die Bäume, die neben der Landebahn wuchsen und erlaubte es nicht, dort Autos und andere Gegenstände abzustellen. Hätte Sotnikow das nicht getan, hätte das Flugzeug in 2010 dort keine Landung vornehmen können.
Eine Kommission stellte fest, dass die Ursache für den Unfall die thermische Beschleunigung des Motors war, die zu einem Kurzschluss und zum Ausfall der Bordelektronik geführt hatte.
Dmitri Medwedew und Jewgeni Nowosselow
Vladimir Rodionov/TASSNach dem Vorfall plante die Fluggesellschaft, das Flugzeug zu entsorgen, da es ernsthaft beschädigt worden war und ein Traktor verwendet werden musste, um es zurück auf die Start- und Landebahn zu ziehen. Am Ende war das Flugzeug jedoch in der Lage, eigenständig von Ischma abzuheben.
Anschließend wurde es repariert und im Jahr 2011 zurück in die Flotte der jakutischen Fluggesellschaft aufgenommen. Daher fliegt die sowjetische TU-154 bis heute von Jakutien nach Moskau.
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