In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre wurde der internationale Kunstmarkt mit Schätzen aus den russischen Museen überschwemmt. Ein Verkauf in so großem Maßstab war in der Kunstgeschichte vorher noch nie vorgekommen.
Die Sowjetunion litt damals stark unter den Folgen des Ersten Weltkriegs und des verheerenden Bürgerkriegs nach der Revolution und brauchte dringend finanzielle Mittel, um die angestrebte neue kommunistische Gesellschaft aufzubauen. Aus Geldnot ließ die Regierung darum unschätzbare Meisterwerke aus dem Diamantenfonds, dem Kreml, der Eremitage und der Tretjakow-Galerie versteigern oder verkaufte sie gar direkt an Millionäre aus den USA und Europa.
Zarenkronen und Diamanten, Ikonen und andere Devotionalien, seltene Gemälde und Skulpturen wurden beispielsweise an den damaligen US-Finanzminister Andrew Mellon, den Ölmagnaten Calouste Gulbenkian oder den US-Botschafter in der Sowjetunion Joseph Davies und seine Frau Marjorie Post verkauft.
Viele Kunstwerke wurden später zum Stolz von ausländischen Museen auf der ganzen Welt – vom Metropolitan in New York, über das Hillwood in Washington DC bis hin zum Calouste Gulbenkian-Museum in Lissabon.
Dies ist eine der bescheideneren Kronen, die von den Bolschewiki verkauft wurden. Alexandra Fjodorowna, die letzte russische Zarin, trug sie anlässlich ihrer Hochzeit mit Nikolai II. im Jahr 1894. 1926 wurde die Krone von Gochran (der Staatlichen Schatzkammer des Finanzministeriums) an den Antiquitätenhändler Norman Weis verkauft.
40 Jahre später erwarb sie bei Sotheby's die US-amerikanische Geschäftsfrau Marjorie Post. Heute befindet sich die Krone im Hillwood Museum in Washington, dem ehemaligen Anwesen mit Privatsammlung der Kunstsammlerin Post, das nach ihrem Tod zum öffentlichen Museum wurde.
Dieses Juwel-Ei aus Platin mit Diamanten, Rubinen und Emaille schenkte Nikolai II. seiner Frau Alexandra Fjodorowna zur Krönung an Ostern im Jahr 1897. Im Inneren befand sich eine Miniaturkutsche. Von der Rüstkammer des Moskauer Kremls kam es 1927 in die Galerie Wartski in London.
Ende der 1970er Jahre geriet das Juwel-Osterei schließlich in die Sammlung von Malcolm Forbes. Nachdem der russische Millionär Wiktor Wekselberg es 2004 erwerben konnte, befindet sich der Schatz nun wieder in Russland und ist im Fabergé-Museum in Sankt Petersburg zu sehen.
Das Porträt der Elena Fourment hatte einst Katharina die Große für die Eremitage erworben. Im Winter 1929 wurde es dann von den Bolschewiki an den Geschäftsmann und Kunstsammler Calouste Gulbenkian verkauft. Das Kunstwerk ist heute im Besitz des Gulbenkian-Museums in Lissabon.
Raffaels “Madonna Alba” (deutsch: Weiße Madonna) erwarb 1836 der russische Zar Nikolai I. Seitdem war das Gemälde das Highlight der Eremitage. Im Jahr 1931 wurde es dann jedoch an US-Finanzminister Andrew Mellon für den damaligen Rekordpreis von fast 1,2 Millionen US-Dollar verkauft. Heute gehört das Meisterwerk zur Sammlung der National Gallery of Art in Washington.
Dieses Tizian-Meisterwerk gehörte seit 1850 ebenfalls zur Eremitage-Sammlung, erworben hatte es ebenfalls Nikolai I. Wie die „Madonna Alba“ wurde auch die „Venus vor dem Spiegel“ 1931 an Mellon verkauft. Nach dessen Tod im Jahr 1937 wurde seine Sammlung dem Staat übergeben und ist nun in der National Gallery of Art in Washington zu bewundern.
Der russische Diplomat Dmitrij Tatischtschew erwarb diese Tafeln zwischen 1814 und 1821 und überließ sie 1845 dem Zar Nikolai I. Bis 1917 waren sie dann im Besitz der Eremitage. Die Tafeln gehörten zu dem sowjetischen Verkauf von Eremitage-Gemälden, der auch ein weiteres wichtiges Werk von van Eyck, “die Verkündigung” (1434-1436) enthielt. Mit dem Verkauf an das Metropolitan Museum of Art im Jahr 1933 verlor die Eremitage ihre letzten Van Eyck-Werke.
Poussin malte „Die Geburt der Venus“ im Auftrag des berüchtigten französischen Kardinals Richelieu. Wie viele andere Meisterwerke wurde es von Katharina der Großen gekauft, im Jahr 1932 jedoch an die amerikanische George Elkins Stiftung verkauft. Heute kann es im Philadelphia Museum of Art bewundert werden. Der obere Teil des Bilderrahmens ist immer noch mit dem Namensschild des Künstlers auf Russisch verziert.
Das Bild „Die Verweigerung des Heiligen Petrus“ wurde von der Zarin Katharina der Großen für ihre Sammlung in Eremitage erworben. Der Verkauf des Werks 1933 an das Rijksmuseum in Amsterdam war für die Eremitage-Mitarbeiter eine echte Tragödie. Der damalige Direktor des Museums, Boris Legran, schrieb dazu: "... das ist unsere einzige Rembrandt-Arbeit, in der der Künstler den Effekt einer künstlichen Beleuchtung erzeugt."
Im Frühjahr 1908 kaufte der berühmte russische Geschäftsmann und Sammler Iwan Morosow Van Goghs berühmtes „Nachtcafé“, das jedoch schon zehn Jahre später von den sowjetischen Behörden verstaatlicht wurde. Es ist eines der wenigen impressionistischen Werke, die Russland in den 1920er Jahren verloren hat – weil sie damals noch nahezu wertlos erschienen.
1933 verkaufte das Museum für Neue westliche Kunst in Moskau (heute Staatliches Puschkin-Museum) Van Goghs Meisterwerk an dem US-Amerikanischen Geschäftsmann und Kunstsammler Stephen Clark, der es der Kunstgalerie der Universität Yale vermachte. Dort ist es bis heute auch zu bestaunen.
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